Anansi Boys
ansteckend sei. In der bl i nden Dunkelheit unter dem Haus auf den Klippen hatte sie etwas an sich vorbeis t r eifen gefühlt. Etwas Weiches, Geschmeidiges. Etwas Großes. Etwas, das leise knurrte, während es sie u m kreiste.
»Hast du das auch gehört?«, sagte sie.
»Natürlich hab ich ’ s gehört, du dummes Ding«, sagte ihre Mutter. Dann sagte sie: »Ist noch Orangensaft übrig?«
Rosie tastete nach dem Saft, reichte ihn ihrer Mutter. Sie hörte das Trinkgeräusch, dann sagte ihre Mutter: »Es wird nicht das Tier sein, das uns tö te t. Sondern er.«
»Grahame Coats, ja.«
»Er ist ein schlechter Mensch. Da ist etwas, das ihn reitet, w i e e i n Pferd, aber er w ü rde ein s c hlechtes Pferd abgeben, und er ist ein schlechter Mensch.«
Rosie griff nach der knochig e n Hand ihrer Mutter und hielt sie fest. Sie sagte nichts. Es gab auch nicht viel zu sagen.
»Weißt du«, sagte ihre Mutt e r nach einer Weile, »ich b i n sehr stolz auf dich. Du warst eine gute Tochter.«
»Oh«, sagte Rosie. Die Vorstellung, keine Enttäuschung für ihre Mutter gewesen zu sein, war ungewohnt, und sie war sich keineswegs sicher, was sie davon hielt.
»Vielleic h t hättest du Fat Cha r lie heiraten sollen«, sagte ihre Mutter. »Dann wären wir jetzt nicht hier.«
»Nein«, sagte Rosie. »Ich hätte Fat Charlie auf keinen Fall heiraten sollen. Ich liebe Fat Charlie nicht. Du hattest also nicht völl i g unr e c ht.«
Sie hörten oben eine Tür zuschlagen.
»Er ist weggegangen«, sagte Rosie. »Schnell. Solange er weg ist, lass uns einen Tunnel graben.« Zuerst kicherte sie ein bisschen, dann b e gann sie zu weinen.
—————
FAT CHARLIE v e rsuchte nac h zuvollziehen, was Daisy auf der Insel machte. Daisy v e rsuchte, ebenso angestrengt, zu begreifen, was Fat Charlie auf der Insel machte. Keiner von beid e n verzeichnete nennen s werte Fortschri t te bei seinen Be m ü hungen. E ine Sänger i n i n einem langen roten, verführer i schen Kleid, die viel zu gut war für die Freitagabendunterhaltung i n einem kleinen Hotelrestaurant, stand auf dem kleinen Podium am Ende des Saals und sang »I’ve Got You Under My Skin«.
Daisy sagte: »Sie suchen nach der Dame, die im Haus nebenan gewohnt hat, als Sie ein kleiner Junge waren, weil sie Ihnen vielleicht helfen kann, Ihren Bruder zu finden.«
»Ich hatte eine Feder bekomm e n. Falls sie sie noch hat, kann ich sie vielleicht gegen meinen Bruder eintauschen.
Es ist einen Versuch wert.«
Sie blinzelte, langsam, nachdenklich, g a nz und gar unbeeindruckt, und stocherte in ihrem Salat.
Fat Charlie sagte: »Nun, Sie sind hier, weil Sie glauben, dass Gra h ame Coa t s hierher gekommen ist, nachdem er Maeve Livingstone er m o rdet hat. Aber Sie sind nicht als Polizistin hier. Sie sind a u f eigene Rechnung hergeko m men, auf die bloße Möglichkeit hin, dass er hier sein könnte. Und falls er tatsächlich hier ist, gibt e s absolut nichts, was Sie tun können . «
Daisy lec k te sich ein Fitzelchen Tomate n samen aus dem Mundwinkel und b l ickte verlegen drein. »Ich bin nicht als Polizeibea m tin hier«, sagte s i e. »Sondern als Touristin.«
»Aber Sie haben einfach Ihren Dienst Dienst sein lassen und sind i h m nachgereist. W a hrscheinlich können Sie dafür ins Gefängnis kommen oder was.«
»Dann«, sagte sie trocken, » i st es ja gut, dass Saint Andrews keine Auslieferungsverträge abgeschlossen hat, nicht wahr?«
Fat Charlie m u rmelte: »O Gott.«
Der Grund, warum Fat Charl i e »O Gott« gesagt hatte, war der, dass die Sängerin die Bühne verlassen hatte und nun, m it einem Funk m ikrofon bewaffnet, durch das Restaurant zu wandern begann. Gegenwä r tig fragte sie zwei deutsche Touristen, wo sie denn herkä m en.
»Warum sollte er hierher kommen?«, fragte Fat Charlie.
»Diskretes Bankwesen. Billige Im m obilien. Kein Auslieferungsabkommen. Vielleicht hat er eine Vorliebe für Zitrusfrüchte.«
»Ich habe zwei Jahre in Furcht vor diesem Mann verbracht«, sagte Fat Charlie. »Ich hole m ir noch ein b i sschen von diesem Fisch-Zeug m it grünen Bananen. Kommen Sie m i t ? «
»Ich hab erst ma l genug«, sagte Daisy. »Ich m ö chte noch Platz für Nachtisch lassen.«
Fat Charlie ging zum Büffet, wählte dabei den langen Weg außen heru m , um m ö g lichst jeden Blickkon t akt m it der Sängerin zu vermeiden. S i e war sehr schön, i h r rotes, paillettenbesetztes Kleid fing das Licht auf und glitzerte b e i jede r Bewegung . Si e wa r
Weitere Kostenlose Bücher