Anansi Boys
fragte Ros i e, Fat Charlies Ve r lobte, eines Abends, als F a t Charlie, der nor ma lerweise nicht über seinen Vater sprach, stock e nd und u m ständlich versucht hatte zu e r läutern, warum es seiner Ansicht nach e i ne entsetzlich fehlgeleitete Idee sei, seinen Vater zu ihrer bevorstehenden Hochzeit überhaupt einzuladen. Sie saßen gerade in einer kleinen Weinstube in Südlondon. Fat Charlie fand es schon seit Langem gut und beruhigend zu wissen, dass etwa sechs bis siebentausend Kilo m e ter und der ganze Atlantik zwischen ihm und seinem V a ter lagen.
»Tja …« Fat Charlie rief sich eine ganze Palet t e von De m ü tigungen in Erinnerung, und bei jeder einzelnen von ihne n rollte n sic h i h m förmlic h di e Zehennäge l auf . S c h li e ß lich wählte er eine davon als Beispiel aus. »Tja, also, als ich einmal als Kind die Schule wechseln musste, h a t mein Dad m ir begeistert erzählt, wie sehr er sich als Junge i m mer auf den Präsidententag gefr e ut habe, denn es gebe ein Gesetz, das bestimme, dass alle Schulk i nder, die sich an diesem Tag als ihr L ieblingspräsident verkleiden, eine große Tüte Süßigkeiten bekommen.«
»Ach, das ist ja ein nettes Gesetz«, sagte Rosie. »Ich wünschte, so etwas h ä tten wir auch in England.« Rosie war noch nie im Ausland gewesen, jedenfalls, wenn man die eine Urla u b sreise m i t dem Club 18-30 nicht m itrechnete, die sie auf eine Insel im – da war sie sich einige r m a ß en sicher – Mittel m eer geführt h a tte. Sie hatte warme braune Augen und ein gut e s Herz, w e nn auch die Geografie nicht gerade zu ihren Stärken zählte.
»Es ist keineswegs ein nettes Gesetz«, sa g te Fat Charlie.
»Es gibt überhaupt kein solch e s Ge s e tz. Er hat es sich ausgedacht. In den meisten Bund e sstaaten ist am Präsidententag sogar schulfrei, und selbst d a , wo das nicht so ist, gibt es mitnichten eine Tradition, nach der man an diesem Tag als sein Lieblingspräsident v e rkleidet zur Schule geht. Es gibt keine großen Tüten m it Süßigkeit e n für Kinder, die als Präsidenten verkleidet sind, weil der Kongress es so verfügt hätte, und es ist auch nicht wahr, dass deine Beliebtheit in den ganzen nächsten J a hren, bis zum Ende der High School, entscheidend davon abh ä ngt, als welcher Präsident du dich verkleidet hast – die Durchschnittskinder wählen natürlich die nahe liegenden Präsidenten, die Lincolns, Washingtons und Jeffersons, a b er die, d i e dann h i nterher richtig populär werden, die kostümieren sich als John Quincy Adams oder Warren Gamaliel Harding oder jemand in der Richtung. Und es bringt Unglück, wenn man vor dem b e treffenden Tag d a rüber spricht. Bez i ehungsweise, tut es das natürlich nicht, aber er hat es behauptet.«
»Jungen un d Mädchen verkleiden sich als Präsiden t en?«
»O ja. Jungen und Mädchen. Also habe ich die ganze Woche vor dem Präsidententag da m it zugebracht, alles zu lesen, was es in der World Book Encyclopedia über Präsidenten zu lesen gibt, und habe m ir alle Mühe gegeben, m i ch für den richtigen Präsidenten zu ent s cheiden.«
»Ist d i r n i e der Verdacht gekommen, dass er dich zum Besten h ä lt?«
Fat Charlie schüttelte den K opf. »Daran denkt ma n einfach nicht, wenn mein Dad anf ä ngt, einen zu bearbeiten. Er ist der beste Lügner, der d i r je begegnen wird. Er wirkt sehr überzeugend.«
Rosie nahm einen Schluck von ihrem Chardonnay. »Und als welcher Präsident bist du nun gegangen?«
»Taft. Er war der sieb e nundzwanzigste Präsiden t . Ich trug einen braunen Anzug, den m e in Vater irgendwo aufgestöbert hatte, die Hosenbeine musste ich aufkrem p eln, und vorn hab ich mir ein dickes Kissen in die Hose gestopft. Einen aufgemalten S c hnauzbart hatte ich auch. Mein Dad hat m ich an dem T a g selbst zur Schule gebracht. Ich war so stolz, als ic h in d a s Gebäude marschiert bin. Die anderen Kinder haben nur ges c hrien und m it Fingern auf m i ch gezeigt, und ir gendwann h a be ich m i ch dann in einer Kabine im Jungensklo ein g eschlossen und geheult. Ich durfte ni c h t nach Hause und m i ch u m ziehen. Ich m u sste den ganzen Tag so ru m l a u fen. Es war die Hölle.«
»Du hättest etwas erfinden s o llen«, sagte Rosie. »Dass du hinterher noch zu einer Kos t ü m party willst oder so was.
Oder ihnen einfach die Wahrheit sagen.«
»Ja«, sagte Fat Charlie bedeutungssch w er und gab sich trübsinn i g der Erinnerung h i n.
»Was hat dein Vater gesag t , als du
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