Anansi Boys
hkeit. Fat Charlie versuchte sich zu erinnern, ob es das war, was auch der Hipster in seinem Tra u m g e tragen hatte. Es war etwas Überlebensgroßes an ih m : die bloße Tatsache, dass er diesem Mann am selben Tisch gegenübersaß, bewirkte, dass Fat Charlie sich linkisch, unzulänglich und ein b i sschen lächerlich fühlte. Spiders Kleidung an sich war nicht das En t scheidende, son d e r n d a s Wis s e n daru m , d a s s e r , F a t C h ar lie , d e rgle i c h e n n i e anziehe n könnte , ohn e das s e s wi e ein e p e inlich e Travestie wir k e n w ü rde . E s wa r a u c h n i ch t di e A r t , w i e Spi d e r läc h elt e – lässig , vergnüg t – , sonder n di e kalte , unabweisbar e Gewiss h ei t , d a s s er , F a t C h a r l i e , b i s i n all e Ewig k e i t vo r dem Spiege l übe n konnt e un d dennoc h nich t ei n ein z ige s Lächeln hinbeko m men würde, das auch nur halb so charmant, weitläufig oder augenzwinke r nd an m u tig daherkäme.
»Du warst bei Mamas Einäsch e rung«, sagte Fat Charlie.
»Ich hab erwogen, nach dem Gottesdienst zu dir zu kommen und zu reden«, sagte Spider. »Ich war m ir nur nicht sicher, ob das so angebracht gewesen wäre.«
»Ich wünschte, du hättest es gemacht.« Fat Charlie fiel etwas ein. »Ich hät t e gedac h t, du würdest auch zu Dads Beerdigung kommen.«
Spider sagte: »Was?«
»Seine Beerdigung. Sie war in Florida. Vor ein paar Tagen.«
Spider schüttelte den Kopf. » E r ist nicht tot«, sagte er.
»Wenn er tot wäre, wüsst ich d a s, da bin ich zie m lich sicher.«
»Er ist tot. Ich habe i hn begraben. Ja ja, also, ich hab das Grab vollgeschaufelt. Frag Mrs. Higgler.« Spider sagte: »Wie ist er gestorben?«
»Herzversagen.«
»Das heißt gar nich t s. Das h e ißt nur, dass er ges t orben ist.«
»Ah. ja. Ist er ja auch.«
Spider hatte aufgehört zu lächeln. Jetzt starrte er in seinen Kaffee, als hege er d i e Ver m utung, dort sei die Antwort auf so manche Frage zu finden. »Ich sollte das nachprüfen«, sagte Spider. »Es i s t nicht so, dass ich dir nicht glauben würde. Aber wenn es um deinen alten Herrn geht, ist auf ni c h ts Verlass. Selbst wenn dein alter Herr mein alter Herr ist.« Und er verzog d a s Gesicht. Fat Charlie wusste, was diese Grimasse bedeute t e. Er hatte sie, jedenfalls innerlich, oft genug selbst geschnitten, wenn die Rede auf seinen Vater kam. »Wohnt sie immer noch im selben Haus? Nebenan von de m , wo wir aufgewachsen sind?«
»Mrs. Higgler? Ja, die ist noch da.«
»Du hättest nicht unter U m ständen irgendetwas von dort? Ein Bild? Ein Foto vielleicht?«
»Ich habe einen ganzen K a r t on von dort mitgebracht.« Fat Charlie hatte den großen Pappkarton bisher nicht geöffnet. Er stand noch im Flur. Jetzt trug er ihn in die Küche und stellte ihn auf den Tisch. Er nahm ein Küchenmesser und zerschnitt das um den Kar t on gewickelte Paketklebeband. Spider langte m it seinen dünnen Fingern hinein und durchblätterte die F o tos wie e i n Deck Spielkarten, bis er eins von i h rer Mutter und Mrs. Higgler herauszog, das sie auf Mrs. Higglers Veranda sitzend zeigte, vor fünfundzwanzig Jahren.
»Gibt es diese Veranda noch?«
Fat Charlie versuchte sich zu besinnen. »Ich glaube schon«, sagte er.
Später konnte er s i ch nicht erinnern, ob das Fo t o ganz groß oder Spider ganz klein g e worden war. Er hätte schwören m ögen, dass weder das eine noch das and e re tatsächlich geschehen war; ander e rseits ließ sich nic h t bestreiten, dass Spider in das Foto hineing e gangen war und d i eses geschimmert und sich gekräus e lt und ihn schließlich verschluckt hatte.
Fat Charlie rieb sich die Aug e n. Es war sechs Uhr m o rgens, und er saß allein in der Küche. Auf dem Tisch stand ein Karton voller Fo t o s und P a piere, zusammen mit ein e m leeren Becher, den er in die Spüle stellte. Er ging durch den Flur zu seinem Schlafzimmer, legte sich ins Bett und schlief, bis um 7:15 Uhr der Wecker klingelte.
KAPIT E L
VIER
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DAS IN EINEM ABEND
MIT WEIN, WEIB
U N D
GESANG
ENDET
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FAT CHARLIE erwachte.
Trau me rinnerungen von einer Begegnung m it einem Bruder, der irgendw i e Fil m star war, vermengten sich m it Resten eines Tra u m s , in dem Präsident Taft auf Besuch gekommen war und die ges a m t e Besetzung der Zeichentrickserie Tom und Jerry m itgebracht hatte.
Er duschte, dann fuhr er m it d e r U-Bahn zur Arbeit. Während des ganzen Arbeit sta ges spuk t e ihm
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