Anansi Boys
vor.
»Es gibt drei Dinge, und drei Dinge allein, die den Schmerz der Sterbl i chkeit und die Verwüstungen des Lebens lind e rn können«, sagte Spider. »Diese Dinge heißen Wein, Weib und Gesang.«
»Curry ist auch nicht schlec h t«, gab Fat Charlie zu bedenken, aber niemand hörte ihm zu.
»Irgendeine bestimmte Rei h enfolge?«, fragte der Taxifahrer.
»Wein zuerst«, verkündete Spider. »Flüsse und Seen und große Meere voller Wein.«
»Dann weiß ich Bescheid«, sagte der Taxler und fädelte in den Verkehr ein.
»Ich habe ein ganz schlecht e s Gefühl bei dieser Sache«, sagte Fat Charlie hilfreich.
Spider ni c k te. »Ein schlechtes Gefühl«, sagte er. »Ja. Wir haben beide ein schlecht e s Gefühl. Heute Abe n d werden wir unsere schlechten Gefühle herauslassen und sie m iteinander teilen, und wir wer d en ihnen ins Auge blicken. Wi r wer d e n tra u er n . Wi r wer d e n de n bit t ere n Bo d e n sa t z d e r Sterblich k ei t trin k e n . Geteilte s Lei d , mei n Bru d er , is t nicht doppeltes, sondern h a lbes Lei d . Niemand ist eine Insel.«
»Verlange nie zu wissen, wem die Glocke schlägt«, intonierte der Taxifahrer. »Sie schlägt dir selbst.«
»Wow«, sagte Spider. »Das i s t aber ein zieml i ch heftiges Koan, was Sie da haben.«
»Danke«, sagte der Taxifahrer.
»So geht es zu Ende, das stimmt. Sie sind ein echter Philosoph. Ich bin Sp id er. Das ist mein Bru d er Fat Charlie.«
»Charles«, sagte Fat Charlie.
»Steve«, sagte der Taxifahrer. »Steve Burridge.«
»Mister Burridge«, sagte Spider, »wie würde es Ihnen gefallen, wenn Sie heute Ab e nd unser persönlicher Fahrer wäre n ? «
Steve Burridge erklärte, dass er f a st a m E n d e s e i n e r he u tigen Schicht sei und sein Auto deshalb gleich nach Hause fahren würde, denn dort warteten Mrs. Burridge und all die kleinen Burridges m it dem Abendessen auf ihn.
»Hast du gehört?«, sagte Spider. »Ein Fa m ilie n v ater. Tja, mein Bruder und ich, wir sind alles an Fa m ilie, was bei uns noch übrig ist. Und w i r sehen uns heute zum ersten Mal.«
»Klingt ja nach ‘ner tollen Geschichte«, sagte der Taxifahrer. »Gab’s da irgendeine Fa m ilienfehde?«
»Überhaupt nicht. Er wusste schlicht und einfach nicht, dass er einen Bruder h a tte«, sa g te Spider.
» Du denn?«, fragte Fat Charlie. »Wusstest du von m i r?«
»Kann schon sein«, sagte Spi d er. »Aber solche Sachen können einem ja leicht ma l wieder entfallen.«
Die Taxe hielt am Straßenrand. »Wo sind wir?«, fragte Fat Charlie. Sie waren nicht s e hr weit gefahren. Seiner A n sicht nach konnten sie nicht weit von der Fleet Street entfernt sein.
»Da, wo er hinwollte«, s a gte der Taxifahrer. »Beim Wein.«
Spider stieg aus dem Taxi und starrte auf die Fassade der uralten Weinschenke, das sch m uddelige Eichenholz, die sch m ierigen Glasfenster. »Perf e kt«, sagte er. »Bruder, bezahl den Mann.«
Fat Charlie zahlte den Taxifahrer aus. Sie gingen hinein:
eine Holztreppe hinunter zu ei n e m Keller, wo rotgesichtige Anwälte Seite an Seite m it blassen Geldmarktfondsmanagern tranken. Sägespäne lag e n auf dem Boden, und auf einer Tafel hinter der Bar st a nd, unleserlich m it Kreide geschrieben, eine Liste der angebotenen Weine.
»Was trinkst du?«, fragte Spider.
»Einfach nur ein Glas vom roten Hauswein«, sagte Fat Charlie.
Spider sah ihn ernst an. »Wir sind die letzten Abkömmlinge der Fa m ilie Anansi. Wir betrauern den Tod unseres Vaters nicht m it irgendeinem Hauswein.«
»Ah. Gut. Also, dann neh m e ich das, was du nim m st.« Spider ging zur Bar, glitt durch die dichte Menge der Gäste, als sei sie gar nicht d a . Nach einigen Minuten kehrte er m it zwei Weingläsern, einem Korkenzieher und einer extrem staubigen Weinflasche zurück. Er öffnete die Flasche m it einer selbstverständ l ichen Leichtigkeit, die Fat Charlie, b e i dem es immer d a rauf hinauslief, dass er etlic h e Korkstücke aus seinem Wein angeln m u sste, zutiefst beeindruckte. Alsdann schenkte Spider einen Wein ein, der so nachgedunkelt war, dass ma n ihn fast als schwarz bezeichnen konnte. Er füllte beide Gläser, stellte dann eins vor Fat Charlie h i n.
»Trinken wir«, sagte er, »unserem Vater zum Gedenken.«
»Auf Dad«, sagte Fat Charlie, und er sti e ß m it Spider an wobei es ihm wundersamerweise gelang, nichts zu verschütten – und probierte den W e in. Er war sonderbar bitter und herb, ein bisschen salzig sogar. »Was ist das?«
»Trauerwein,
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