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Anansi Boys

Anansi Boys

Titel: Anansi Boys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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CHARLIES Glück wendete sich, er konnte es fühlen. Das Flugzeug, m it dem er nach Hause zurückkehr te , war überbelegt, und so fand er sich unversehens in die erste Klasse versetzt. Das Essen war ausgezeichnet. Auf halber Strecke über dem Atlantik trat eine Stewardess an ihn heran, um ihm mitzuteilen, dass er eine Schachtel Pralinen gewonnen habe, die sie ihm sogleich überreichte. Er legte sie ins Gepäckfach und bestellte sich einen Drambuie on Ice.
    Sobald er zu Hause war, würde er alles mit Grahame Coats klären, denn wenn es etwas gab, dessen Fat Charlie sich vollkommen sicher war, dann war es die Korrektheit seiner eigenen Buchführung. Er würde die Dinge mit Rosie ins Reine bringen. Alles würde ganz großartig werden.
    Er fragte sich, ob Spider schon verschwunden sein würde, wenn er nach Hause kam, oder ob ihm die Genugtuung zuteil würde, ihn persönlich vor die Tür zu setzen. Er hoffte auf Letzteres. Fat Charlie wollte seinen Bruder um Verzeihung b i tten, vielleicht sogar zu Kreuze kriechen sehen. Er begann sich auszumalen, was er alles sagen würde.
    »Raus hier!«, sagte Fat Cha r lie. »Verschwinde m i tsa m t deinem Sonnenschein, deinem Whirlpool und deinem Schlafzimmer!«
    »Wie bitte?«, fragte die Stewardess.
    »Oh«, sagte Fat Charlie. »Ich, äh m , rede nur m it, äh, m ir selbst.«
    Doch selbst die Verlegenheit, in die ihn dieser kleine Patzer stürzte, war nicht weit e r schlimm. Er verspürte nicht ein m al den Wunsch, dass das Flugzeug abstürzen und seiner Scham ein Ende bereiten möge. Mit seinem Leben ging es definitiv aufwärts.
    Er öffnete die Schachtel m it nützlichen Anneh m lichkeiten, die man ihm ausgehändigt hatte, setzte seine Augenklappe auf und schob seinen Sitz so weit zurück, wie es ging, und das war ganz schön weit. Er dachte an Rosie; allerdings m u sste er feststellen, dass diese sich vor seinem geistigen Auge zu verwandeln begann, eine andere, kleinere Gestalt anna h m , die zie m lich wenig anhatte. Schuldbewusst stellte er sie sich angez o gen vor und war zutiefst be sc h ämt , al s e r sa h , das s si e o ffenba r ein e Polizeiuniform trug . E r sagt e sich , das s e r darübe r entsetz t un d todunglücklic h sei , doc h schie n dies e Versicherun g un e rwarte t wenig Eindruck zu machen. Er sollte sich schämen. Sollte er … Fat Charlie räkelte sich in seinem Sitz u nd entließ einen kleinen, befriedigten Schnarchlaut.
    Er war noch immer in bester Stim m ung, als er in Heathrow landete. Er nahm den Heathrow Express nach Paddington und stellte erfreut f e st, dass die Sonne während seiner kurzen Abwesenheit offenbar beschlossen h a tte, am englischen Himmel v o rstellig z u werden. Every little thing, vermerkte er mit Bob Marley, is going to be all right.
    Die einzi g e Merkw ü rdigkeit, die dem großartigen Vor m ittag eine unpassende Geschmacksnote bei m ischte, ereignete sich während der Bahnfahrt. Er starrte aus dem Fenster und ärgerte sich, dass er sich in Heathrow keine Zeitung gekauft hatte. Vor d e m Fenster zog gerade ein grünes Fe l d vorbei vielleicht der Spor t p la tz einer Schule, als der Himmel sich kurzzeitig zu verdunkeln s c hien und der Zug mit zischenden Brems e n vor einem Signal hielt.
    Das war es nicht, was Char l ie beunruhigte. Es war Herbst in England: Die Sonne war per definition e m etwas, das nur s t attfand, wenn es n i cht bewölkt war oder regnete. Aber da war eine Gestalt, die neben einer Bau m g ruppe am Rande des Rasenplatzes stand.
    Auf den ersten Blick hielt er sie für eine Vogelscheuche. Aber das war töricht. Es konnte gar keine Vogelscheuche sein. Vogelscheuchen ste h en auf Feldern, nicht auf Fußballplätzen. Vogelscheuchen werden ganz bestim m t nicht am Rand von Waldgeb i eten abgestellt. Und überhaupt, wenn es denn eine Vog e lscheuche war, d a nn eine, die ihre Funktion sehr schlecht erfüllte.
    Denn da waren überall Krähen, große schwarze Krähen.
    Und dann bewegte sie sich.
    Sie war zu weit entfernt, um mehr als einen U m riss darzustellen, eine unbestim m t e G e stalt in einem zerschlisse ne n braune n Regen m ant e l . D e nno c h e rkannt e Fa t Charlie sie . E r wusste , das s er , wär e e r nah e genu g gewesen , ei n aus Obsidia n gemeißelte s Gesicht , rabenschwarz e Haar e un d ein dem Wahnsinn ergebenes Augenpaar hätte sehen können.
    Dann fuhr der Zug ruckartig wieder an, und nach wenigen Augenblicken war von d e r Frau i m braunen Regenmantel nichts mehr zu sehen.
    Fa t Charli e

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