Anansi Boys
glanzvollen Abschluss zusteuernden Feuerwerks, fügte sie hinzu: Und au f pass e n, dass m ein Kleines nur die richtige Sorte Mann kennenlernt.
»Wo fahren wir hin?«, fragte Rosie.
»Wir gehen«, sagte ihre Mutt e r, »auf eine Kreuz f ahrt.«
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FAT CHARLIE trug keine H a ndschellen, das war gut.
Alles an d e re war s c hlecht, aber wenigstens trug er keine Handschellen. Das Leben bot i h m nur mehr ein v e rworrenes, verschwimmendes Bild, aus dem einige Details unnötig scharf hervorstachen: der sich an der Nase kratzen d e Bea m te vom Dienst, der ihn eintrug »Zelle sechs i st fre i « und durch eine grüne Tür w i es, und dann der Geruch der Zellen, ein Gestank von niedrig e r Int e nsität, aber sofort und erschreckend vertraut, eine durchdringende Erinnerung an die Kotze und die Desinfektions m ittel von gestern, an Rauch und m u ffige Decken, an Verzweiflung und nicht betätigte Toilettenspülungen. Es war der Geruch von ganz weit unten, und genau dort sch i en Fat Charlie jetzt gelandet zu sein.
»Wennde aufm Klo warst und spülen m u sst«, sagte der Polizist, der ihn durch den F l ur führte, »drückste auf d e n Knopf i n deiner Zelle. Irge n deiner von uns kommt dann vorbei, früher oder später, und zieht für dich an der Kette. So komm s te gar nich’ erst auf die Idee, Beweise we g spülen zu wollen.«
»Beweise wofür?«
»Lass mal gut sein, mein Lieber.«
Fat Charlie seufzte. Seit er alt genug war, einen gewissen Wert auf diese Tätigkeit zu legen, hatte er seine körperlichen Ausscheidungsproduk t e eigenhändig weggespült, und der Verlust dieses Privileg s , me hr noch als der Verlust seiner Freiheit, m a chte ihm d e u tlich, dass nichts m e hr war wie vorher.
»Bist z u m ersten Mal hier«, sagte der Polizist.
»Tut m ir leid.«
»Drogen?«, sagte der Polizist.
»Nein, danke«, sagte Fat Charlie.
»Biste deswegen hier?«
»Ich weiß nicht, warum ich hier bin«, sagte Fat Charlie.
»Ich bin unschuld i g.«
»Wirtschaftsverbrechen, wie? « , sagte der Polizist, und er schüttelte den Kopf. »Dann w i ll ich dir mal was erzähle n , was die anderen Knackis wis s en, auch ohne dass man es ihnen sagt. Je weniger du uns Schwierigkeiten m a chst, desto weniger m a chen wir dir S c hwierigkeiten. Ihr Typen m it den weißen Kragen. Pocht i mmerzu auf eure Rechte und was weiß ich. Macht euch das Leben nur unnöt i g schwer.«
Er öffnete die Tür zu Zelle sechs. »Trau t es Heim, Glück allein«, sagte er.
Verstärkter Zellengeruch s c hlug ihnen aus dem Raum entgegen, der m it jener ges p renkelten Farbe gestrichen war, die Graffiti abweist, und der weiter nichts enthielt als ein ganz niedriges, regalarti g es Bett und in der Ecke eine Toilette ohne Deckel.
Fat Charlie legte die Decke, die man ihm ausgehändigt hatte, auf das Bett.
»Na gut«, sagte der Polizist. »Tja. Mac h ’s dir gemütlich.
Und wenn dir langweilig wird, komm bitte nicht auf die Idee, die Toilette m it deiner Decke zu vers t opfen.«
»Warum sollte ich das tun?«
»Das frag ich m i ch auch oft«, sagte der Polizist. »Warum tun d i e das? Vielleicht hilft es gegen die Eintönigkeit. Ich kann es nicht beurteilen. Da ich ein gesetzestreuer Bürger bin, auf den eine Bea m t e npension wartet, hab ich eigentlich noch nie l ä ngere Z e it in einer Zelle verbringen m ü ssen.«
»Wissen Sie, ich habe es n i cht getan«, sagte Fat Charlie.
»Was i mmer es war.«
»Das ist gut«, sagte der Polizist.
»Entschu l digung«, sagte Fat Charlie. »Bekomme ich irgendwas zu lesen?«
»Sieht das hier wie ‘ne Leihbücherei aus?«
»Nein.«
»Als ich noch’n junger Polizi s t war, hat m i ch so’n Typ mal um ein Buch gebeten. Hab ihm dann das Buch gebracht, was ich grad am Lesen war. J. T. Edson war’s, oder vielleicht auch Louis L’A m our. Und was hat er d a m it gemacht? Die Toilette verstopft hat er d a mi t , nich’ wahr.
Braucht keiner zu glauben, dass ich das so schnell noch mal wieder mache.«
Dann ging er hin a us und v e rriegelte die Tür, und Fat Charlie musste drinnen bleiben.
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DAS ME RK W ÜRDIGSTE überhaupt, dachte Graha m e Coats, der sonst nicht zur S e lbstprüfung neigte, war, wie nor ma l und aufgekratzt und rundweg gut er sich fühlte.
Der Flugkapitän forderte dazu auf, die Sitzgurte anzulegen, und teilte m it, dass ma n bald auf Saint Andrews landen werde. Saint Andrews war e i ne kleine Insel in der Karibik, die es anlässlich ihrer
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