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Anarchy in the UKR

Anarchy in the UKR

Titel: Anarchy in the UKR Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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überhaupt keinen Eingangszaun geben) und kippt die Wachleute am Denkmal für den Gründer der Universität, den Ehrenbürger der Stadt Charkiw Wassyl Nasarowytsch Karasin, ab. Ehrenbürger Karasin springt angewidert zur Seite und klopft sich die Hosenbeine ab. Die Studenten blockieren den Haupteingang und führen im Foyer eine spontane Kundgebung durch. Der Unterricht in den ersten drei Etagen wird unterbrochen, auf das Geschrei hin kommt der Dekan der Fakultät für Physik und Mathematik angerannt, wird aber sofort in einen Kübel mit Nudeln gesetzt. Denunzianten schaffen es, den Rektor zu informieren, der sich an den Kopf und dann zum Telefon greift, irgendwo anruft und Unterstützung anfordert. Danach ruft er die Dekane, die noch am Leben sind, zu sich und befiehlt, mit Hilfe von Aktivisten, Einser-Studenten und des Kanzlers die Treppen und Fahrstühle vom dritten Stock aufwärts abzuriegeln. Vor dem Haupteingang fährt der Sicherheitsdienst vor, findet die zusammengeschlagenen Wachleute und versucht, das Foyer zu stürmen. Das Streikkomitee bringt vom Wehrkunde-Lehrstuhl das Modell eines Degtjarow-Maschinengewehrs und stellt es im Foyer, direkt gegenüber dem Haupteingang, auf. Der Sicherheitsdienst geht in Deckung. Der Rektor willigt in Verhandlungen ein. Das Streikkomitee wartet unten, aber sobald der Rektor sich von der dritten in die zweite Etage begeben hat, stürmen die aufständischen Massen den dritten Stock und dringen schnell weiter nach oben vor. Der Rektor steht im leeren Foyer und kapiert nichts. Die Scharfschützen behalten ihn für alle Fälle im Visier. Die Leute vom Sicherheitsdienst tasten sich vorsichtig nach oben vor und stoßen auf zerfetzte und nudelverschmierte Präsidentenporträts. Im dritten Stock ist die Treppe abgeriegelt. Der Typ vom Sicherheitsdienst versucht, Tränengas einzusetzen, aber in den Unifluren ist kein guter Zug, der Rektor hat nicht nur bei den Nudeln gespart, und so erleiden die Sicherheitsdienstler selbst eine Vergiftung. Das verschafft dem Streikkomitee einen kleinen Zeitvorsprung. Die Studenten besetzen die letzten, unangetasteten Bistros in den oberen Etagen und verschaffen sich Zutritt zum großen Physikhörsaal, wo sie die Fenster öffnen und Lobatschewskij-Porträts und, um Eindruck zu machen, alte, schon ewig kaputte Fernseher hinauswerfen. Beim Aufprall explodieren die Fernseher wie Unterwasserminen. In der Zwischenzeit machen sich in der Stadt Gerüchte über eine hinsichtlich ihrer Grausamkeit und zivilen Tapferkeit beispiellose Studentenrevolte breit, gegen sechs Uhr abends, gleich nach einem schweren zehnstündigen Arbeitstag, finden sich an der Universität linke Aktivisten aus dem Kiewer und Moskauer Bezirk Charkiws ein, sehen vor der Universität die verprügelten Wachleute und die vergifteten Sicherheitsdienstler und beginnen sich zu verbrüdern. Den geschlagenen Wachleuten bleibt schließlich nichts anderes übrig, als mitzumachen. Der demoralisierte und seiner letzten Unterstützung beraubte Rektor lenkt ein und unterschreibt eine ganze Reihe von Erlassen und Verordnungen, darunter auch seine eigene Entlassung. Die Studenten werden aufgefordert, nach unten zu kommen, aber sie haben es nicht eilig, sie machen im großen Physikhörsaal eine 24-Stunden-Trance-Party zu Ehren ihres Gesamtsieges.
     
    Im Pförtnerhäuschen sitzt immer einer vom Wachdienst. Zur Universität habe ich in der Regel keinen Zutritt, da man mich offenbar für pervers hält. Ich weiß nicht einmal, was ich sagen soll.
     
5. Schewas Fuck off an den Kapitalismus.
    Worin unterscheidet sich das Schewtschenko-Denkmal in Charkiw von all den anderen Schewtschenkos, die beinahe flächendeckend über die Städte und Dörfer der Ukraine verteilt sind? Der Schewa von Charkiw hebt sich durch seinen passend gewählten sozialen Kontext wohltuend ab. Im Unterschied zu dem trostlosen Kiewer Schewa zum Beispiel, vor dessen Augen die rote Wand der Universität prangt, oder zum säuerlichen Lemberger Schewa mit seinem Fischschwanz, hat man unseren so natürlich mit den verschiedensten deklassierten Elementen umgeben, daß man das Konzept sofort versteht, das die Bildhauer in den kräftigen Torso von Taras Grigorjewitsch hineingelegt haben – wenn man schon von Schewtschenko als Dichter der Demokratie und der Revolution spricht, muß auch der Hintergrund stimmen. Also revolutionär sein. Wie soll denn ein Fischschwanz einen revolutionären Hintergrund ausdrücken? Überhaupt nicht, es sei denn, es

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