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Anarchy in the UKR

Anarchy in the UKR

Titel: Anarchy in the UKR Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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wollte los. Schura, rief seine Mutter aus der Küche, nimm Stjopa mit. Stjopa war ihr Hund, ein Boxer. Der einzige Boxer in der ganzen Stadt. Er hatte eine Stange Geld gekostet, wurde verwöhnt und war total verzogen. Stjopa war doof wie alle Boxer, aber außerdem noch aggressiv wie im Grunde auch alle Boxer. Einmal, als Schura ihn im nahegelegenen Park ausführte, fing sich Stjopa einen Dackel und erwürgte ihn. Schura zog Stjopa eins drüber, den Dackel steckte er in einen Spaghetti-Karton und stellte ihn neben den Hauseingang. Als Schura seine Mutter rufen hörte, schnappte er sich widerwillig den Hund und zog los. Unterwegs machte er in der Grillbude halt und trank einen. Kurz vor der Post ging er in einen Laden und trank noch einen. Er band Stjopa vor der Eingangstür der Poststelle fest und holte die Überweisung ab. Nachdem er die Knete in Empfang genommen hatte, lief er schnell zurück zur Grillbude und trank noch einen, dann ging er nach Hause und fiel ins Bett. Gegen sechs Uhr abends wollten die Postangestellten das Gebäude verlassen. Vor der Tür tobte der festgebundene Stjopa und hatte Schaum vorm Maul. Keiner traute sich vorbei, und Stjopa hatte nicht die geringste Absicht, jemanden durchzulassen. Eine Angestellte rief ihren Mann an, einen Hobbyjäger, der kam mit seiner Flinte gerannt, sah den außer sich geratenen Hund und legte an. Er war ein erbärmlicher Schütze, die ersten Schüsse gingen daneben, zerschmetterten allerdings die Eingangstür. Der Hund setzte vor Schreck einen Haufen, direkt vor den Eingang zur Post. Er jaulte herzzerreißend, die Frauen in der Post desgleichen. Ein Nachbar, der die Schüsse gehört und den Kerl mit der Doppelflinte gesehen hatte, rief die Polizei. Die Polizei kam, und ihr bot sich etwa folgendes Bild: steht ein Kerl in Trainingshosen und hält mit seiner Flinte auf die Poststelle, aus deren Fenster ein paar Frauen blicken und vor Angst ein Jaulkonzert geben. Die Polizei überwältigt den Kerl, stopft ihn in ihren Sowjetjeep und bringt ihn aufs Revier. Die Ehefrau des Jägers sieht alles und fällt in Ohnmacht. Stjopa knirscht mit den Zähnen, stürzt sich von der Treppe und erdrosselt sich an seiner Leine. Am nächsten Morgen kommt Schura zu sich, sieht, daß der Hund nicht da ist, und langsam dämmert ihm was, er geht zur Post und findet dort den erstarrten Körper. Schura macht die Leine los, wickelt den Hund in seine Jacke und bringt ihn nach Hause, er wartet, bis seine Eltern zur Arbeit gegangen sind, dann steckt er den Hund in einen Spaghetti-Karton und stellt ihn neben den Hauseingang.
1988 Bierbrauerei.
    Mein Freund Dschochar sitzt auf dem Busbahnhof und hält eine Plastiktüte mit Bier in der Hand. In die Tüte paßt ein Liter. Den ersten Liter hat er schon ausgetrunken, gleich hier, auf dem Bahnhof, und den zweiten nimmt er sich für unterwegs mit. Er muß in eine Kleinstadt, zwanzig Kilometer nach Osten, endlose Kolchosfelder, fast schon Rußland. Dschochar ist von unserer Schule geflogen und überlegt, wo er den Kurs des Lernens und der Selbsterkenntnis fortsetzen könnte. Hier will er nicht bleiben, hier ist er auf alle sauer, besonders auf uns, seine Freunde und Klassenkameraden, jemand hat ihm das mit Rußland empfohlen und behauptet, daß es dort eine normale Mittelschule gebe, wo er sogar Neger in der Latrine aufhängen könnte, ohne daß einer was sagt. Dschochar war einverstanden. Für heute hatte man ihn zu einem Gespräch bestellt, in einigen Tagen sollte das neue Schuljahr beginnen.
    Ich sehe ihn von weitem, was sitzt denn da für ein Idiot mit einer Biertüte, denke ich, doch nicht etwa Dschochar, frage ich mich beim Näherkommen, wir haben uns seit April nicht gesehen, eben seit er von der Schule geflogen ist, er bemerkt mich auch und grüßt zögernd. Was machst du? frage ich, nichts, sagt er, Bier trinken. Wo geht’s denn hin? bohre ich weiter, nirgendshin, sagt er, ich trink einfach Bier. Willst du? fragt er und hält mir die Tüte hin. Ich brauch paar Schuhe für die Schule, sage ich. Kaufst du dir dann, sagt Dschochar, erst trinken und dann die Schuhe – vorsichtig beißt er von unten ein Loch in die Tüte, hält sie mit beiden Händen fest und reicht sie mir. Ich trinke, mache kurz Pause, hole Luft und weiter. Wir haben seinen Liter schnell ausgetrunken, los, noch was, sagt er, und der Bus? frage ich, was denn für ein Bus? fragt er mit gespieltem Ernst, na gut, sag ich, los. Wir gehen zum Bierstand, stellen uns in die kurze

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