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Anarchy in the UKR

Anarchy in the UKR

Titel: Anarchy in the UKR Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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schwierig, als in diesem erbärmlichen Zustand mit dem Taxifahrer über den Preis zu verhandeln, ganz zu schweigen davon, wie wir ihm erklären sollten, wo wir hinwollten. Die Einzelheiten sind in den Tiefen unseres Gedächtnisses verschollen, das Ergebnis hingegen blieb gegenwärtig – wir kamen an, gerade mal zehn Minuten zu spät, es lief also alles bestens. Aber glaub besser nicht, daß auch nur das kleinste Anzeichen für Bestechlichkeit unbemerkt bliebe und dir von den Schiedsrichtern des Spiels nicht angerechnet wird! In diesem Leben keine Chance. Denn in diesem Leben mußt du für alles bezahlen, und für den Konformismus ganz besonders. Denn bei Ballett und Swoboda mußt du dich immer für Swoboda entscheiden, selbst wenn es der tschechoslowakische General ist.
    Man ließ uns nicht in den Zuschauerraum, und daran war vor allem unser Freund Igor schuld. Wir sahen alle nicht besonders aus, aber sie hätten sich damit abgefunden, sie hätten, wenn auch vielleicht nur wegen des Monats der ästhetischen Erziehung, über unsere verlotterten Jeans und biergetränkten Turnschuhe hinweggesehen. Aber unser Freund Igor, derjenige, den wir im Kofferraum des Taxis befördert und zunächst dort vergessen hatten, Igor, der als erster reinging – in einem langen Ledermantel, unter dem er nur ein altes weißes T-Shirt trug, links herum –, scheiterte an dieser Hürde. Wenn das T-Shirt, sein gutes, altes weißes T-Shirt nicht links herum gewesen wäre oder er nicht diesen idiotischen Ledermantel angehabt hätte, den er partout nicht an der Garderobe abgeben wollte, aus Angst, er könnte geklaut werden, hätten sie eingelenkt und uns eingelassen und so die megahoffnungslose Situation mit unserer ästhetischen Erziehung gerettet, wenn es denn so schlimm war. Aber alles stellte sich gegen uns – das T-Shirt war links rum, Freund Igor wollte sich nicht von seinem Mantel trennen, und so flogen wir raus, noch bevor wir unsere Eintrittskarten gezeigt hatten. Na, Jungs, schon vorbei? riefen die Garderobenomis voller Verwunderung. Da steckte unser Freund sein T-Shirt in die Hose und machte den obersten Knopf seines Mantels zu und bemerkte beiläufig: »Nicht mein Stil.« Ich glaube, die Omis hätten sich danach am liebsten in der Sperrholzkulisse aufgehängt.
    Im vergangenen Jahr war ich irgendwie dazu gekommen, mir diese Gebäude aus einer ungewöhnlichen Perspektive anzusehen, dicht an sie heranzutreten, ins Innere vorzudringen, die Farbe an den Wänden aus der Nähe zu betrachten; nie zuvor hatte ich dort soviel Zeit zugebracht, nie zuvor waren sie so dunkel und leer, sogar die Oper war dunkel und leer, Stones-Kassetten gab es hier nicht mehr zu kaufen, überhaupt keine einzige Platte, all das war irgendwo dort ’92, ’93 zurückgeblieben, hier lief jetzt ein ganz anderes Leben ab, nicht weniger interessant übrigens als das frühere, aber trotzdem ganz anders. Der Winter in diesem Leben jedenfalls war kalt und die Luft dünn.
    Wir liefen durch diese Luft, nachts, etwa dreißig, vierzig Leute, und beklebten den Platz vor der Oper mit Plakaten, wir klebten sie überall hin, uns in der Dunkelheit durch Zurufe verständigend. Plötzlich tauchte Polizei auf. Wir versuchten, zusammenzubleiben, und traten den Rückzug an, sie kamen uns hinterher, immer mit Abstand, und rissen alles ab, was wir angeklebt hatten, eigentlich war das kein Abstand, sondern ein Vorsprung, die fünfzig Meter, die du immer als Reserve haben solltest. Zu uns kamen sie, zu den anderen nicht. Was für die, glaube ich, schlimmer war.
7. Der feuchte Körper der Macht.
    Du kommst aus einer Nebenstraße, umgehst den Kontrollpunkt, dem Bullen am Eingang sagst du vielleicht, du seist ein Kurier, nicht gerade ein Drogenkurier, sondern einer, der die Post bringt, oder der Pizzaservice, oder du denkst dir etwas Riskanteres aus, zum Beispiel, daß du dem Komitee für den Dialog mit den Religionsgemeinschaften angehörst, es ist ihnen eigentlich egal, sie fragen nur um der lieben Ordnung willen, was für eine Ordnung allerdings, dann rufst du den Fahrstuhl, ruhig, Hauptsache, ruhig bleiben und ohne Panik warten, bis sich die Türen hinter dir schließen, und das war’s, du hast nicht viel Zeit, um dich für eine Etage zu entscheiden, nur ein paar Minuten, um dich in diesen dunklen Korridoren und der Zimmernumerierung zurechtzufinden. Zumindest in der nächsten halben Stunde wird dich niemand suchen, wenn du dich nicht verrätst, dein Versteck nicht eher als nötig

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