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Anarchy in the UKR

Anarchy in the UKR

Titel: Anarchy in the UKR Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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immer und bekam drei Einliterflaschen Sprit Royal zu einem lächerlichen Preis, Dumping fand ich schon immer gut, in meinen Augen rechtfertigte Dumping die Existenz des kapitalistischen Modells, und genau das war hier der Fall.
    Die Reise war sommerlich heiter, die drei Stunden im leeren Waggon, während draußen die Sonne und das Grün immer intensiver wurden, kreischten wir und gingen uns gegenseitig auf die Nerven, betrachteten die hitzeträgen Bahnhöfe und gingen von Tambur zu Tambur auf der Suche nach Tabak und Tiefe. Romans Freundin war auch mit, sie schwieg die Fahrt über, lachte etwas nervös, ihr gingen wir am meisten auf die Nerven. Sie hatte die Nase voll, nahm den Walkman aus dem Rucksack und klinkte sich aus. Was hörst du denn? wollte ich wissen, als die anderen Zigaretten suchen gegangen waren. Was? sie hatte nicht verstanden. Was du hörst? wiederholte ich laut. Sie nahm die Kopfhörer ab und setzte sie mir auf. CCR? fragte ich, wo hast du die denn her? Bei euch gefunden, in irgendwelchen Jeans. Du kramst in unseren Jeans rum? ich wollte es nicht glauben. Na, ihr klaut doch auch dauernd meine Unterwäsche. Mmh, sei nicht sauer, sagte ich. Hast du schon Sehnsucht nach Roman? Ja, hab ich, antwortete sie. Er vermißt dich auch, versicherte ich ihr, und legte vorsichtig das Päckchen mit dem Alkohol obenauf.
    Die Expedition hatte sich oberhalb eines Flußufers niedergelassen, das Ufer fiel steil ab, der Fluß lag im Tal, das Panorama, das sich vom Ufer aus öffnete, war echt stark – bis zum Horizont zogen sich Wiesen und Buchten, und direkt am Horizont stand irgendein Kraftwerk. Die Sonne schien, und wenn man auf etwas keinen Bock hatte, dann auf Buddeln. Die Expedition wohnte in ein paar Holzhäusern, in der Mitte war die Küche, in einer Kiefer hing ein Lautsprecher. Wir fanden Roman. Er entdeckte seine Freundin, ging zu ihr und redete lange auf sie ein. Er sah müde aus.
    Der Leiter der Expedition behandelte uns zurückhaltend. Wer sind die? fragte er Roman. Meine Freunde, antwortete er. Historiker? fragte der Leiter. Ja, Historiker, versicherten wir. Münzforscher, fügte ich aus irgendeinem Grund hinzu. Okay, der Chef verlor sofort das Interesse an uns, er wandte sich an seinen Stellvertreter, ist schon halb eins, ich muß in die Stadt, organisier das Mittagessen und dann die zweite Runde. Er stieg in den Dienstbus und fuhr weg. Die Historiker deckten den Tisch. Und luden uns ein. Wir holten eine Flasche Sprit Royal raus und kippten sie in den Kessel mit dem Trinkkompott.
    Die Expedition machte keine zweite Runde. Die Historiker brachten statt dessen noch einen Kessel Trinkkompott. Wir holten noch eine Flasche Sprit Royal raus. Gegen sechs Uhr – das Mittagessen war in vollem Gange – setzten sich die Historiker aufs Fahrrad und fuhren in die umliegenden Dörfer, um Samogon zu holen. Sie waren vierzig Minuten weg, alle warteten gespannt, stellten sogar die Musik ab, die die ganze Zeit in den Bäumen gedudelt hatte, und schalteten warum auch immer das Radio ein, als könnte dort jemand was über unsere Freunde vermelden. Genau nach vierzig Minuten war fröhliches Fahrradklingeln zu hören – der stellvertretende Expeditionsleiter lenkte und trat die Pedale, auf dem Gepäckträger saß der Wirtschaftsleiter und hielt in jeder Hand ein Einmachglas Samogon. Unter den Historikern brach Euphorie aus, das Radio wurde ausgeschaltet. Gegen neun kam der Förster. Sie luden ihn ein, er bedankte sich und nahm Platz. Traurige Neuigkeiten, sagte er und unterbrach die betrunkenen Stimmen der Historiker. Im Lager nebenan geben sich Jäger die Kante, teilte er mit, das klang so, als hätte im Lager nebenan der Zweite Weltkrieg begonnen. Die sind noch nicht in dem Zustand wie ihr, fuhr er fort und trank, aber die machen ihr Ding. Irgend jemand hat ihnen gesagt, daß ihr hier seid, also stellt euch auf Besuch ein. Was ist denn mit denen, fragte ich, haben die Waffen? Nein, antwortete der Förster, Waffen haben sie nicht, aber ihr Wodka geht zu Ende. Was sind denn das für Jäger, sagte jemand. Betrunkene Jäger, antwortete der Förster, ich denke, eine Zeitlang wird sie der Sumpf aufhalten, da drüben ist nämlich Sumpf, aber dann müßt ihr sehen, ich hab euch jedenfalls gewarnt. Wir gossen ihm Kompott ein.
    Eine Stunde später, es war schon dunkel, beschloß der Stellvertreter, noch einmal loszufahren. Wir versuchten lange, ihn davon abzubringen, aber er hörte nicht, setzte sich aufs Fahrrad, drehte eine

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