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Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe

Titel: Anastasija 04 - Tod und ein bisschen Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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sagen?«
    »Du hast nicht an die Blumen gedacht.«
    »Was für Blumen? Was redest du da?«
    »Die Blumen, die auf dem Balkon gegenüber vom Standesamt wachsen.«
    »Was meinst du? Welche Blumen?«
    »Sie waren auf dem Foto, das du von Swetlana Petrowna Alleko gemacht hast. Diese Blumen öffnen sich nur nach Sonnenuntergang oder bei trübem Wetter. An dem Tag, an dem ich geheiratet habe, war es warm und sonnig, aber die Blumen auf dem Foto sind geöffnet. Hast du diese Aufnahme am Abend gemacht? Oder war an diesem Tag schlechtes Wetter?«
    * * *
    Seit Beginn des Gesprächs war eine Stunde vergangen. Gordejew hatte aus dem Fernschreibbüro ein junges Mädchen kommen lassen und verließ für kurze Zeit Nastjas Büro. Das Mädchen war mit einem feuchten Handtuch erschienen, es öffnete wortlos Nastjas Bluse, rieb ihren schweißnassen Oberkörper ab und knöpfte die Bluse wieder zu. Nastja drückte dankbar ihre Hand und machte ein Zeichen, daß sie wieder gehen sollte. Knüppelchen kam ins Büro zurück, stellte völlig lautlos eine große Tasse mit starkem, heißem Kaffee vor Nastja auf den Schreibtisch und schrieb wieder einen Zettel.
    Wo ist bei ihm das Telefon?
    An der Wand. Über dem Sofa.
    Schnurlos?
    Nein.
    Gordejew verließ auf Zehenspitzen das Büro, kehrte gleich darauf wieder zurück und erstarrte erneut in bewegungsloser Haltung neben dem Schreibtisch, ohne den Blick von Nastja abzuwenden. Sie sprach jetzt fast gar nicht mehr, sondern hörte nur zu. Hin und wieder, wenn sie etwas nicht verstand, stellte sie eine Zwischenfrage.
    * * *
    Er würde sowieso sterben, er war ein Mann und nahm getroffene Entscheidungen nicht zurück. Deshalb erzählte er ihr alles. Erst jetzt wurde ihm klar, wie stark sein Bedürfnis war, es jemandem zu erzählen. Das Geheimnis würgte ihn, fraß an ihm, vergiftete ihn.
    Er berichtete, wie er eines Tages auf dem Standesamt einer seltsamen, schwarz gekleideten Frau mit abwesendem Gesichtsausdruck und erloschenen Augen begegnet war. Beim ersten Mal hatte er keine besondere Notiz von ihr genommen. Aber eine Woche später traf er sie erneut, diesmal auf einem anderen Standesamt. Er schloß Bekanntschaft mit ihr, schlich sich in ihr Vertrauen ein, erfuhr von ihrer Geschichte. Sie ging jede Woche zum Standesamt, sah sich die jungen Bräute an und nährte ihr Unglück und ihren Haß. Zu mehr war sie nicht mehr fähig.
    Anton und die Alleko kamen sich näher, und er begann seinen Plan zu schmieden, in dem alles auf ihrer Geschichte basierte. Mit List und Tücke brachte er sie dazu, dreißig Briefe mit gleichem Wortlaut zu schreiben, er bewahrte die Briefe bei sich auf und warf sie nach und nach in die Briefkästen der ausgesuchten Frauen ein. Immer am Tag darauf fuhr er zu den entsprechenden Standesämtern und suchte nach seinem Opfer. Lange Zeit hatte er kein Glück. Ganze sechs Monate mußte er auf seinen Tag warten. Aber dann war ihm das Schicksal hold, es belohnte ihn für seine Geduld und Ausdauer, es schenkte ihm die Möglichkeit, zwei Morde an einem Tag zu begehen.
    Er zähmte Swetlana Petrowna, wie man ein wildes Tier zähmt. Er sah sie mit warmen Blicken an, streichelte zärtlich ihre Hand und sagte ihr all die Dinge, nach denen eine Frau sich verzehrt. Als es soweit war, gab er ihr zu verstehen, daß er sie nicht einfach so in ihrer Wohnung besuchen würde. Er gestand ihr seine Liebe. Es war ihm gelungen, sie ihr Alter vergessen zu lassen und die Tatsache, daß er so viel jünger war.
    Sie glaubte ihm. Das wurde ihm sofort klar, als er die Schwelle ihrer Wohnung überschritt. Sie empfing ihn geschminkt, sorgfältig frisiert, in einem neuen Kleid, das zwar schwarz war, weil sie nichts anderes trug, aber sehr elegant. Er setzte sich neben sie auf das Sofa und brachte sie dazu, die Augen zu schließen. Als sie anstelle der Lippen ihres jungen Liebhabers den metallischen Geschmack eines Revolverlaufs auf ihrer Zunge verspürte, kam sie nicht einmal mehr dazu, sich zu wundern, denn er drückte sofort auf den Abzugshahn. Danach legte er die weißen Kuverts in eine Schreibmappe und schob den in ein Stück Stoff eingewickelten Schalldämpfer unter einen Stapel Wäsche.
    Seine weitere Vorgehensweise hatte er sich genau überlegt. Vor seiner Bewerbung bei der Miliz hatte er sich eine Vielzahl von Büchern über Kriminalistik zugelegt und sie gründlich studiert. Er war sich ganz sicher, daß er bei der Beseitigung von Spuren nichts übersehen hatte.
    »Welche Fehler sind mir unterlaufen?«

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