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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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attraktiv, keineswegs abstoßend. Diesen bulligen Typ aus der Akademie, Bogdanow, den fand ich zehnmal schlimmer. Na ja, dem Herzen kann man nichts befehlen, wo die Liebe hinfällt, ist eben Geschmackssache.«
    »Vielleicht auch eine Frage des Prinzips? Wenn man nur wüsste, welches Prinzip dahinter steckt.« Korotkow schob seine leere Kaffeetasse beiseite und langte nach dem Aschenbecher.
    Sie saßen in einem Straßencafe vor einem großen Hotel und genossen den nahenden Abend, der Abkühlung versprach.
    »Ljudmila, Sie haben es doch nicht eilig? Erzählen Sie mir noch mehr von Ihrer Freundin«, bat Korotkow.
    »Ich habe es nicht eilig. Mein Mann ist mit den Kindern nach Mariupol gefahren, zu Verwandten. Am zehnten Juli gehe ich in Urlaub und löse ihn dort ab.«
    Korotkow musste diese Information erst einmal verdauen und überlegte angestrengt, wie er sie nutzen könnte. Da erklärte seine Gesprächspartnerin überraschend:
    »Jura, quälen Sie sich nicht. Ihnen steht alles im Gesicht geschrieben. Wir beide führen durchaus intakte Ehen. Ich bin mindestens fünf Jahre älter als Sie. Sie sind erschöpft und kaputt von Ihrer Arbeit, und ich habe die ewigen Konflikte zu Hause satt. Wenn Sie auch finden, dass es im Leben ab und zu einen Lichtblick geben sollte, dann können Sie mit der Zeit bis zum zehnten Juli rechnen.«
    »Und danach?«, fragte Korotkow dümmlich, außer Stande, den Blick von ihren Augen zu wenden.
    »An das Danach wollen wir vorerst nicht denken. Das Leben ist lang und unberechenbar. Übrigens ein Lieblingsspruch von Irina.«

Viertes Kapitel
    Am Freitag, dem neunzehnten Juni, rief Gordejew Igor Lesnikow zu sich.
    »Was macht der Fall Kowaljowa?«
    »Nach unseren Erkenntnissen wurden der Richter und der zweite Schöffe bislang nicht behelligt. Im Urteil werden drei Zeugen erwähnt, die vor Gericht gegen Schumilin ausgesagt haben. Am vierundzwanzigsten Mai neunzehnhundertneunundachtzig wurde der Sohn des Zeugen Kalinnikow zusammengeschlagen, der Fall wurde nicht aufgeklärt, liegt beim Milizrevier einhundert. Am vierundzwanzigsten Mai neunzig wurde ein vierzehnjähriges Mädchen ausgeraubt, die Tochter der Zeugin Todorowa. Ihr wurden ein Goldkettchen, Ohrringe und ihr Taschengeld gestohlen, außerdem eine amerikanische Jacke, die sie trug, und ihre Turnschuhe. Der Fall ist im Revier vierundsiebzig anhängig. Am vierundzwanzigsten Mai einundneunzig wurde der Enkel des Zeugen Poshidajew überfallen und ausgeraubt, Revier hundertsiebzig, ebenfalls nicht aufgeklärt. In diesem Jahr Natascha Kowaljowa. Ich habe keine Zweifel, Viktor Alexejewitsch. So viele Zufälle gibt es nicht.«
    »Ganz meine Meinung. Dieser Schumilin ist beileibe kein Dummkopf, wenn auch ein ausgemachtes Schwein. Die Zeugen selbst fasst er nicht an, aus Angst, sie könnten ihn identifizieren, sie haben ihn ja vor Gericht gesehen und auch bei dem Unfall. Er hätte seine Wut auch an den Ehepartnern auslassen können, aber nein, er nimmt sich die Kinder vor. Und weißt du, warum? Weil Kinder aussagen, das war ein großer erwachsener Onkel; für sie ist jeder über fünfzehn uralt und jeder, der größer ist als sie, ein Riese. Hast du diesen Schumilin mal gesehen?«
    »Von weitem.« Lesnikow lachte verächtlich. »Sie haben völlig Recht. Er ist dreiundzwanzig, nicht groß und dünn – sieht aus wie ein Schuljunge. Saß übrigens am Steuer, obwohl das Gericht ihm den Führerschein entzogen hatte. Aber sein lieber Onkel hat das bestimmt für ihn geregelt.«
    »Also, Igor, Folgendes: Wir beide sitzen zwischen zwei Stühlen. Vitali Kowaljow, Berater von Vizepremier Awerin, träumt davon, dass das Parlament den Rücktritt des Premierministers fordert. In diesem Fall hätte sein Chef Awerin gute Chancen, Premierminister zu werden, und mit ihm zusammen würde natürlich auch Kowaljow aufsteigen. Darauf arbeitet Kowaljow, ob mit oder ohne Awerins Wissen, weiß ich nicht, im Parlament ganz aktiv hin, gestützt vor allem auf die Fraktion, die für die Abschaffung aller Hindernisse für ausländisches Kapital in unserem Land plädiert. Für diese Agitation, das muss ich dir nicht erklären, braucht man Geld, und das Geld bekommt Kowaljow vom Präsidenten des Fonds zur Unternehmensförderung, einem gewissen Winogradow. Die beiden sind sozusagen dicke Freunde und Gefährten im politischen Kampf. Wenn wir Kowaljow sagen, der Vergewaltiger seiner Tochter sei Winogradows Neffe . . . Was meinst du, was wird uns Kowaljow darauf antworten?«
    »Dass man

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