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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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lächelte.
    »Nicht verheiratet?«
    »Bring mich nicht zum Lachen. Danke nochmal, dass du mich hergefahren hast.«
    Als die Frage zur Debatte stand, ob Nastjas Eltern ihre große Wohnung gegen zwei kleinere tauschen sollten, hatte das wichtigste Argument von Nastjas Stiefvater gelautet: »Drei Schreibtischtäter in einer Küche, das gibt Mord und Totschlag.« Solange Nastja noch zur Schule ging und dann studierte und Leonid Petrowitsch noch im operativen Dienst oder, wie man so sagte, »vor Ort« arbeitete, war die halbe Wohnung mit den Papieren und Manuskripten von Nastjas Mutter übersät, einer renommierten Sprachwissenschaftlerin. Dann belegte Nastja ein paar Winkel mit ihren zahllosen Blättern und schlauen Berechnungen. Doch als dann auch Leonid Petrowitsch vom Chef einer Kreisverwaltung der Kriminalpolizei zum Dozenten an der Juristischen Hochschule wurde und Fernstudenten in operativer und kriminalistischer Arbeit unterwies, wurde die Wohnung auf einmal zu eng.
    Nun lebte Nastja allein, am anderen Ende der Stadt, besuchte ihre Eltern jedoch häufig, besonders, seit ihre Mutter eine zweijährige Gastprofessur in Schweden hatte. Im Unterschied zu Nastja war Leonid Petrowitsch sehr häuslich, nicht zu faul zum Kochen, aber das Angenehmste für sie war, dass es von der Wohnung der Eltern zur Petrowka sehr viel näher war als von ihrer eigenen. Wenn sie dort übernachtete, konnte sie morgens vierzig Minuten länger schlafen.
    Gemütlich in einen Sessel gekuschelt, sah Nastja zu, wie ihr Stiefvater eine kleine Plastiktüte auspackte – ein Päckchen von ihrer Mutter. Leonid Petrowitsch nahm eine kleine flache Schachtel aus der Tüte und gab sie Nastja.
    »Hier, Spielzeug für dich. Du hast bestimmt schon eine ganze Sammlung?«
    »Vollkommenheit hat keine Grenzen«, scherzte Nastja. Dann fragte sie unvermittelt: »Papa, wer ist Bogdanow?«
    »Bogdanow? Der frühere Chef der Moskauer Kriminalpolizei. Bist du noch bei Trost, meine Gute?«
    Vor Verblüffung ließ Leonid Petrowitsch sogar die Zeitschrift für Kriminaltechnik fallen, die seine Frau ihm geschickt hatte.
    »Nicht der. Bogdanow aus der Akademie, vom Lehrstuhl Organisation der Verbrechensaufklärung.«
    »Ach so.« Ihr Stiefvater seufzte erleichtert. »Natürlich kenne ich den. Unsere Lehrstühle sind ja verwandt, wir kennen uns alle. Was willst du von ihm?«
    »Nur so für alle Fälle. Kennst du auch Idzikowski von Interpol?«
    »Nur dem Namen nach, nicht persönlich. Sonst noch Fragen?«
    »Bist du Irina Sergejewna Filatowa aus dem Forschungsinstitut des Innenministeriums mal begegnet?«
    »Hin und wieder. Willst du meine Moral überprüfen? Nastja, hör auf mit der Geheimniskrämerei. Sag, was Sache ist.«
    »Die Filatowa ist tot«, platzte Nastja heraus.
    »Was sagst du da?« Leonid Petrowitsch setzte sich überrascht auf das Sofa. »Vielleicht eine andere Filatowa? Die, die ich meine, war noch ganz jung und hübsch.«
    »Genau die, Papa. Ermordet.«
    Nastja stand vom Sessel auf und setzte sich neben ihrem Stiefvater auf den Fußboden, den Kopf auf seinen Knien.
    »Die einzige Hypothese, die wir bis heute haben, ist Mord aus Eifersucht. Und alle Liebhaber der Filatowa sind Offiziere des Innenministeriums. Ich werde hier zu deinen Füßen sitzen wie ein treuer Hund, bis du mir alles über das Leben der Wissenschaftler und Dozenten erzählt hast. Worüber sie sich streiten, worüber sie anonyme Briefe schreiben, was sie unternehmen, um einen anderen reinzulegen, wie sie ihre persönlichen Rechnungen begleichen und so weiter. Einverstanden?«
    Leonid Petrowitsch lachte bitter.
    »Jetzt ist auch dir passiert, wovor ich immer Angst hatte, als ich noch vor Ort arbeitete. Ermittlungen gegen Kollegen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schwer das ist. Besonders, wenn man noch jung ist. Die Miliz ist ein enger Kreis. Nicht nur klein, sondern wirklich eng, man trifft auf Schritt und Tritt Bekannte, Verwandte von Bekannten, Kollegen von Verwandten, ehemalige Schüler, Nachbarn des Chefs und so weiter. In diesem engen Kreis kann man niemanden befragen, geschweige denn vernehmen – eine ernsthafte Unterhaltung ist nicht drin, wenn man unter sich ist. Du redest mit jemandem, den du als Täter verdächtigst, und er antwortet auf alle deine Argumente nur: Na komm schon, hör auf, wir sind doch alle nur Menschen, du verstehst mich doch. Und klopft dir auf die Schulter. Und bietet dir was zu trinken an. Und sobald etwas schief läuft, da kannst du sicher sein, ruft

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