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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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ich mir, mich zu verabschieden«, erwiderte Kowaljow kalt und stand auf.
    »Nein«, hielt Gordejew ihn scharf zurück. »Ich bin noch nicht fertig. Schumilin wurde vor vier Jahren verurteilt, am vierundzwanzigsten Mai neunundachtzig. Seitdem wurden jedes Jahr am vierundzwanzigsten Mai Kinder oder Enkel der Zeugen, die vor Gericht gegen ihn ausgesagt haben, Opfer von Verbrechen. In diesem Jahr die Tochter des Schöffen Vitali Jewgenjewitsch Kowaljow. Ich möchte bemerken, dass die Verbrechen von Jahr zu Jahr gefährlicher wurden, von Körperverletzung bis zu Vergewaltigung. Die Familien des Richters und des zweiten Schöffen stehen noch aus. Macht Ihnen das keine Angst, Vitali Jewgenje-witsch? Wenn Schumilin der Täter war, dann schützen Sie einen Mann, der im nächsten Jahr eine weitere Vergewaltigung, womöglich einen Mord begehen wird.«
    »Ich bin nicht gewillt, mir diesen Unsinn noch länger anzuhören!«
    Aschfahl im Gesicht, wandte sich Kowaljow zur Tür.
    »Warten Sie!«, rief der Oberst ihm nach. Kowaljow drehte sich langsam um, als bereite ihm jede Bewegung unerträgliche Schmerzen.
    »Ich sehe, es ist zwecklos, an Ihre staatsbürgerlichen Gefühle zu appellieren. Aber denken Sie wenigstens daran, dass Sie Vater sind.«
    Nur mühsam die Lippen bewegend, sagte Kowaljow:
    »Sergej kriegen Sie von mir nicht.«
    Die Arbeit an der Lebensgeschichte von Irina Filatowa ging gut voran. Dima Sacharow war in die Petrowka gekommen und saß zusammen mit Nastja über einer Kette aus mehreren Blättern, die zusammengeklebt und von einer dicken Längslinie mit Jahreszahlen durchzogen waren.
    »Wenn man nur wüsste, was genau unseren Klienten interessiert, ihr ganzes Leben oder lediglich ein bestimmter Abschnitt!«, seufzte Dima. »Wir machen uns so viel überflüssige Arbeit!«
    »Jetzt sei nicht so faul«, sagte Nastja streng.
    »Ach nee, das musst du gerade sagen!«, spottete Dima, richtete sich auf und streckte sich geräuschvoll. »Guck dich doch mal an, wie fleißig du bist. Wasserkocher, Safe, Schreibmaschine – alles in Reichweite, damit du bloß nicht aufstehen musst. Du bist sogar zu faul, deinen Aschenbecher auszuleeren.«
    Nastja lachte.
    »Das ist wahr. Aber meine Faulheit erstreckt sich nicht auf geistige Arbeit. Zur Sache, Sacharow. Mit den wahren Kapiteln sind wir fertig, nun müssen wir noch das Beiwerk erfinden. Und zwar hier«, Nastja zog einen roten Kreis um einen Punkt auf der Zeitleiste, »hier und hier.«
    »Warum gerade da?«
    »Sagen wir, weil ich das so will«, antwortete Nastja ausweichend. »Kann dir doch egal sein, oder?«
    Natürlich war Nastja bei weitem nicht so misstrauisch wie Gordejew. Aber dafür wesentlich berechnender. Da sie keine Möglichkeit hatte, Sacharows Worte über den geheimnisvollen Klienten zu überprüfen, kalkulierte sie für alle Fälle auch eine gehörige Portion Unaufrichtigkeit von Dima ein. Die Geschichten aus dem Leben der Filatowa, die sie als wahre Kapitel bezeichnet hatte, entsprachen keineswegs völlig der Wahrheit.
    Beim Erfinden des Beiwerks hielt sich Nastja an zwei Regeln. Erstens: Die erfundenen Details durften nicht sonderbar wirken und Irinas Charakter nicht widersprechen. Zweitens durften sie sich unter keinen Umständen zufällig als wahr erweisen.
    Als sie gerade mittendrin war, rief Dozenko an, der die Interpol-Linie verfolgte.
    »Anastasija Pawlowna, ich glaube, ich habe eine warme Spur. Idzikowski bearbeitet seit Februar eine interessante Gruppe, die einerseits mit Rebellen aus Berg-Karabach und andererseits mit der Türkei zu tun hat. Das sind Bürger unseres Landes, die im Nahen Osten gearbeitet und dort viele Kontakte haben. Aber Interpol befasst sich nur mit Informationen, nicht mit operativer Arbeit. Idzikowski jedenfalls versichert, auf ihn habe niemand Druck ausgeübt und schon gar nicht habe er Informationen an Irina weitergegeben.«
    »Na ja, versichern kann er viel«, sagte Nastja ruhig und achtete darauf, dass Sacharow der Inhalt des Gesprächs möglichst verborgen blieb. »Überprüfen Sie das. Man darf niemandem glauben, Mischa.«
    Als Nastja Dima verabschiedete, der die halb wahre, halb ausgedachte Biographie von Irina Filatowa mitnahm, glaubte Nastja fast sicher zu wissen, wer diese »Lebensgeschichte mit Beiwerk« benutzen würde und wann.
    Schwung, Drehung, noch eine Drehung, das Bein leicht anwinkeln, Kopf nach rechts, Schwung, Drehung . . . Schlecht. Noch einmal von vorn. Schwung, Drehung . . .
    Nastja sank erschöpft aufs Sofa und

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