Ancient BladesDie Metropole der Diebe
Schatz, den ich zumindest weitergeben kann, den größten, den du verstehen kannst.« Hazoh drückte Malden das Buch in die Hand.
Eingebunden in Kalbsleder, entsprach es dem Duodezformat. Der Rücken war mit goldenen Buchstaben versehen, aber das Alphabet war Malden unbekannt.
»Lies es in deiner Freizeit. Ich bin sicher, du wirst es ausgesprochen erquicklich finden.« Hazoh lächelte und enhüllte eine doppelte Reihe blendend weißer Zähne. »Du darfst mir danken.«
»Vielen Dank, Magus«, sagte Malden.
»Nicht dafür. Cyhera – vielleicht geleitest du unseren jungen Freund hinaus. Bring ihn zum Hintereingang, damit ihn keiner gehen sieht. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass Vry dieses Haus bereits beobachtet und ihn kommen sah. Oder« – Hazoh richtete den eiskalten Blick auf Malden – »hast du das nicht bedacht, als du kamst?«
Man hatte Malden keine Erlaubnis zum Sprechen erteilt, also hielt er den Mund.
»Komm«, sagte Cyhera und ging auf eine Tür am anderen Ende der Bibliohek zu. Auf dem Weg dorhin warf Malden einen Blick über die Schulter zurück und sah, dass Hazoh den Raum bereits verlassen hatte.
»Netter Trick«, sagte er, als sie ihn in einen Nebenkorridor führte. »Dieses Verschwinden und Erscheinen. Du beherrschst ihn ja auch«, fügte er hinzu und erinnerte sich an ihre erste Begegnung, als sie auf dem Universitätsdach aus dem Nichts erschienen war.
»Er ist einfach, sobald man ihn gemeistert hat. Hauptsächlich eine Sache der Irreführung. Sich zu bewegen, wenn niemand hinsieht.« Sie stieß eine Flügeltür auf und führte ihn ins Esszimmer des Herrenhauses. Die Wände aus Eichenholz waren mit Schnitzereien bedeckt, und der Tisch bot bequem Platz für sechzehn Personen. Die Stühle standen an der Wand – aus glänzendem Holz gefertigt, wiesen sie komplizierte Muster auf und sahen viel zu zerbrechlich aus, um das Gewicht eines Menschen tragen zu können. Der Tisch selbst war eine drei Zoll dicke Marmorplatte. Etwas daran erregte Maldens Aufmerksamkeit. Als er näher hinschaute, entdeckte er, dass der Tisch keine Beine hatte. Die Platte schwebte einfach völlig reglos in der Luft. Er konnte dem Drang nicht widerstehen, an einer Ecke dagegenzudrücken, aber der Tisch rührte sich nicht, ganz egal, wie sehr er sich auch bemühte. Cyhera seufzte und zeigte zur Tür. »Lass den Unsinn, Malden. Komm schnell, bevor er sich’s anders überlegt. Er ist für seine Launenhaftigkeit bekannt.«
»Ach? Glaubst du, er will das Buch zurückhaben?«
»Er hat entschieden, dich heute leben zu lassen. Ich befürchte, dass er diese Entscheidung überdenkt.«
Am hinteren Ende des Esszimmers befand sich ein kleiner Anrichteraum, in dem das aus der Küche kommende Essen auf Platten angerichtet wurde, bevor man es zum Tisch brachte. Der Raum hatte ein einzelnes hohes Fenster, das offen stand, um Luft hereinzulassen. Es sah nicht aus, als könnte man es verriegeln.
»Du sorgst dich um mich«, sagte Malden, als sie die Tür zum Garten öffnete und ihn auf einen Kiespfad hinausführte. Im plötzlichen Sonnenlicht musste er blinzeln. »Ich bin gerührt.«
Sie wandte sich ihm zu; ihr Gesicht war eine ausdruckslose Maske. »Ich sehe nicht gern zu, wenn Menschen verletzt werden. Es bereitet mir kein Vergnügen. In dieser Hinsicht unterscheide ich mich von ihm. Aber verlass dich nicht zu sehr auf dieses Gefühl.«
Er verbeugte sich schlicht, und sie eilten weiter. Dabei tat er so, als würde er stolpern, und sein Fuß schleuderte ein paar Kieselsteine durch die Luft, die mit lautem Prasseln gegen die Hauswand prallten. Sie passierten die Küche, die in einem gesonderten Gebäude untergebracht war. So würde das Hauphaus nicht niederbrennen, sollte dort einmal ein Feuer ausbrechen.
»Findest du mich anziehend?«, fragte er grinsend.
»Ich finde dich unverschämt. Wenn du glaubst, ich bekäme wegen deines Aussehens weiche Knie oder gäbe dir mein Taschentuch, damit du es an deine Lanze binden kannst, dann fischst du im falschen Teich.«
»Ah – aber du lächelst, wenn du mich siehst. Du bewunderst meinen Mut. Du magst mich, das sehe ich doch. Nun, da du für ihn arbeitest, kann ich verstehen, warum du deine Zuneigung dem Abschaum aus der Gosse zuwendest. Wir machen das Herz nicht so schwer.«
Sie blieb mitten auf dem Weg stehen und wandte sich zu ihm um.
»Ich werde dich nach dem heutigen Tag nie wiedersehen. Also ist es völlig ohne Belang, ob ich dich mag oder verabscheue, nicht wahr?«
Malden
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