Ancient BladesDie Metropole der Diebe
wiedersehen. Sie und ihre Mutter würden für alle Ewigkeit Hazohs Sklaven bleiben. Ergab er sich, bestand neue Hoffnung. Eines Tages. Eine neue Möglichkeit, sie zu retten.
Croy traf eine Entscheidung. Er hob den Arm, der sich wie ein Stück Blei anfühlte, und legte die Finger um Ghostcutters Griff. Zoll für Zoll zog er die Klinge aus der Scheide.
Kapitel 89
Der Dämon heulte vor Schmerzen, und Malden musste sich am Türrahmen feshalten, um nicht umgeworfen zu werden. Das Geschöpf war schrecklich anzusehen, aber er konnte den Schmerz nur erahnen. Es musste – Malden konnte sich nicht dazu durchringen, das Geschöpf als ein Er zu betrachten – jeden Augenblick seines neuen Lebens als eine Ewigkeit der Qual erfahren.
Genau wie Hazoh erwähnt hatte, war es noch nicht zur Geburt bereit. Die sehnigen Muskeln wiesen keine Haut auf, und bei jeder Bewegung sonderten sie Eiter ab. Von seinem Rücken stiegen große Dampfschwaden auf, und wo die Füße den Marmorboden berührten, hinterließen sie eine schmierige Blutschicht auf dem Stein. Von der Gestalt her ähnelte es gewissermaßen einem schrecklich deformierten Hund, allerdings wies es sieben Beine auf – und keines davon war hinsichlich Länge oder Form gleich. Aus den Schultern spross eine Reihe langer, dicker Hälse, auf denen Totenschädel mit grässlichen Reißzähnen saßen. In den Augenhöhlen spannten sich pulsierende, feuchte rote Membranen, die die Luft einzusaugen schienen. Malden vermutete, dass das Ungeheuer auf diese Weise witterte und dass die Membranen seine einzigen Sinnesorgane waren.
Als es schrie, drang der Laut nicht aus den knirschenden Kiefern der Schädel hervor, sondern aus einem klaffenden Rachen in der Mitte der Brust, der mit halb ausgebildeten runden Zähnen gefüllt war.
Es scharrte über den Boden, stolperte wie ein neugeborenes Füllen. Jeder Schritt ließ das ganze Haus erbeben. Die Totenschädel schwankten am Ende der unbeholfenen Hälse durch die Luft, und die Nasenlöcher schlossen und öffneten sich ruckartig. Ein Schädel nach dem anderen wandte sich Malden zu. Wie er bei dem überwältigenden Gestank nach Schwefel überhaupt etwas riechen konnte, war die Frage, aber Malden hatte keinen Zweifel, dass er ihn genau wahrnahm.
Malden wich so weit zurück, wie es ging, aber es war noch immer so, als sei er gelähmt, so entsetzt über das Aussehen dieses Ungeheuers, dass er sich nicht bewegen konnte.
Der Dämon tat einen stolpernden Schritt nach vorn; zahllose Krallen schabten über den Boden.
Zeit zu fliehen.
Die Lähmung durch den Schrecken verschwand, als Kraft in seine Beine zurückkehrte. Malden schlug die Tür hinter sich zu, nur um sie splittern zu hören, als sich das Ungeheuer einen Weg durch das Holz hindurch bahnte. Da hatte er schon die Hälfte des Korridors hinter sich und die Tür zur Bibliohek fast erreicht. Der Dämon quetschte sich in den Gang und stürmte auf ihn zu; von der anfänglichen Unbeholfenheit war nichts mehr zu bemerken. Er war schnell – schneller als Malden –, und wenn dieser sich nicht beeilte, würde er im nächsten Augenblick überwältigt werden. Der Dieb warf sich gegen die Bibliohekstür, und, dem Blutgott sei Dank, sie flog auf.
In der Bibliohek sprang der Dieb über einen Diwan, als der Dämon gegen den Eingang krachte und den Türrahmen mit seinen vielfältigen Schultern zerbrach. Er bäumte sich auf und trat mit zwei seiner Beine zu, einen Lidschlag davon entfernt, Malden mit Pranken zu zermalmen, von denen eine wie ein Huf und die andere wie die Tatze eines skelettierten Wolfs aussah.
Malden riss die Arme vors Gesicht. Träfe ihn das Ungeheuer auch nur ein Mal, wäre das sein Ende. Das wusste er genau. Er wich weiter vor der heranstolpernden Bestie zurück …
… und sie verharrte mitten in der Bewegung.
Kemper, ich hoffe, du hast es bis hierher geschafft, dachte Malden. Er hatte dem Falschspieler eingeschärft, der Bibliohek auf seinem Weg durch das Haus einen Besuch abzustatten. Aber er wusste auch, dass Kemper möglicherweise eine Abkürzung genommen hatte, falls die Gefahr bestanden hatte, erwischt zu werden.
Aber der Dämon witterte und sog die Luft ein, und die Totenschädel drehten sich in alle Richtungen und suchten etwas. Malden wich langsam zur Seite, kroch auf den Händen rückwärts, nur um keinen Laut zu verursachen, falls die Kreatur irgendwo am Körper Ohren verbarg.
Einer der Totenschädel konzentrierte sich auf einen Bücherschrank mit einer Glastür.
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