Ancient BladesDie Metropole der Diebe
wollte nicht zusehen, wie sie von einem rasiermesserscharfen Eisenspeer durchbohrt wurde.
Schließlich kämpfte er sich wieder auf die Füße. Er hatte das Ende des Korridors erreicht.
Er musste sich ganz in der Nähe des gesuchten Turmzimmers befinden, tatsächlich unmittelbar hinter der vor ihm aufragenden Mauer. Und doch entdeckte er keine Tür. Stattdessen tat sich eine Nische auf, in der eine Bronzestatue von Sadu stand, dem Blutgott.
Er tastete die Mauer rings um die Nische ab, suchte nach einer verborgenen Stelle, an der sich ein Eingang zum Turm finden ließ. Nichts. Er klopfte mit dem Knauf seiner Ahle gegen die Wand und hoffte, eine hohl klingende Stelle zu entdecken, wo die Mauer dünn genug war, um sie durchbrechen zu können, aber die Wand schien aus nichts als Steinen zu bestehen, die überall gleich massiv waren.
Erst nach der gründlichen und sinnlosen Suche richtete Malden seine Aufmerksamkeit auf den Boden und entdeckte eine offensichliche Fuge zwischen den Holzbohlen. Sie bildete einen fünf Fuß durchmessenden Halbkreis. Tatsächlich stand er sogar darin. Er klopfte an mehreren Stellen auf den Boden, aber der war so unnachgiebig wie die Wand. Vielleicht – ja, vielleicht war das ja der Eingang. Wenn sich der Boden drehte und die ganze Wand mit ihm … aber es musste eine Vorrichtung geben, eine Möglichkeit, alles in Gang zu setzen.
Die Statue des Blutgotts – natürlich.
Malden hatte sie vom ersten Augenblick an als seltsam empfunden, denn der Burggraf war dafür bekannt, ein frommer Anhänger der Göttin des Wohlstands zu sein. Sadu war ein bedeutend älterer Gott, dessen Anbetung in der Freien Stadt zwar nicht verboten war, aber dennoch nicht gern gesehen wurde. Der Blutgott war der Schutzheilige der Armen und Unterdrückten, das Symbol größtmöglicher Gerechtigkeit, gar grausamer Vergeltung. Im Leben nach dem Tod bestrafte Sadu alle Menschen, und zwar jeden gemäß seiner Sünden. Wohl kaum eine Gotheit, der der Burggraf zu begegnen wünschte.
Allerdings besaß die Statue acht Arme. Sie stellte Sadu auf herkömmliche Weise dar. Sieben Arme auf der linken Körperseite, von denen jeder Arm eine andere Waffe hielt: ein Schwert, ein Falchion, einen Speer, einen Dreizack, ein Netz, einen Dreschflegel und einen Pfeil. Da Sadu der Meister aller Waffen war, gab es je nach Darstellung die unterschiedlichsten Waffenarten. Rechts hatte Sadu nur einen Arm und eine Hand, die eine verzierte Krone hielt. Sadus Gesicht glich dem eines fauchenden Dämons mit gewaltigen stoßzahnartigen Zähnen und weit geöffneten Augen. Malden hatte schon Furcht einflößendere Versionen gesehen, aber das Standbild vor ihm war eine häufig anzutreffende Darstellung. Als er es genauer untersuchte, fiel ihm zweierlei auf, und das war seiner Erfahrung nach einzigartig.
Zum einen waren die Augen nicht nur geöffnet – man hatte sie sogar ausgehöhlt. In ihren Tiefen funkelten metallene Spitzen. Malden musste an die Nadeln denken, die aus Cubills Vorhängeschloss hervorgeschossen waren. Vielleicht war es hier das Gleiche – oder schlimmer noch. Womöglich flögen winzige Pfeile durch die Luft und würden ihn vergiften, selbst wenn er zurückträte. Und natürlich wäre das Gift dieses Mal tödlich.
Als Zweites fiel ihm auf, dass alle acht Arme des Blutgotts mit Scharnieren am Körper befestigt waren. Sie ließen sich also unabhängig vom übrigen Körper der Statue bewegen.
Offensichlich musste er nur den richtigen Arm drücken, um den Weg ins Turmzimmer zu finden. Drückte er den falschen, hätte das den sofortigen Tod zur Folge.
Die Krone in Betracht zu ziehen, verwarf er auf der Stelle – ihre Funktion war viel zu offensichlich.
Von den Waffen gefiel ihm als Erstes das Netz. Es war die am wenigsten tödliche Waffe, während alle anderen einen Menschen mühelos töten konnten. Der Pfeil verwirrte ihn ein wenig – eigenlich hätte Sadu einen Bogen halten müssen, oder etwa nicht? Doch der Pfeil ähnelte den Geschossen, die in den Augen verborgen waren.
Aber entsprach dies nicht dem verqueren Sinn für Ironie eines Zwergenhandwerkers? Vielleicht drückte man den Pfeilarm, um der Welt zu verkünden, dass man die Geschosse nicht auslösen wollte.
Es war ein Wagnis, aber es bot sich am ehesten an. Malden trat von der Statue zurück, ohne jedoch den Halbkreis am Boden zu verlassen, und beugte sich vor, um den Arm mit dem Pfeil zu berühren. Nichts geschah. Er verstärkte den Druck, bog den Arm nach
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