Andere tun es doch auch (German Edition)
bin schon süchtig nach dem Zeug.«
»Sag ich doch. Und wofür entschuldigen?«
»Weiß ich nicht mehr. Wenn ich betrunken bin, entschuldige ich mich dauernd. Macht irgendwie Spaß.«
»Was hast du eigentlich für die Flasche bezahlt?«
»Weiß nicht mehr, hab nicht auf die Preise geschaut.«
»Ist das hier der Kassenzettel?«
»Lass sehen. Ja, ist er. Mal gucken. Tamnavulin, Single Malt Whisky … Ah, hier … Waaas? Das habe ich für eine Flasche Whiskey bezahlt?«
»Guter Preis, finde ich.«
»Aber … Ach, egal. Noch ein Glas?«
»Her damit. Und was ist das hier? Schumanns Barbuch ? Kenn ich gar nicht.«
»Hatte ich mir besorgt.«
Angelina hat sich an meinen Küchentisch gesetzt und angefangen zu blättern, während ich den nächsten Schluck Tamnavulin durch meine Kehle rinnen lasse. So in etwa muss flüssiges Gold schmecken.
»Interessant.«
»Das Buch? Ich dachte, du magst keine Cocktails.«
»Dieser Schumann geht wenigstens respektvoll mit dem Alkohol um.«
»Wie meinst du das?«
»Das normale Kneipen-Cocktail-Konzept ist, irgendeinen tiefgekühlten billigen Drecksfusel ins Glas zu kippen, und dann so viel buntes süßes Schlickerwasser dazu, dass man nicht mehr schmeckt, dass es Drecksfusel ist. Und anschließend noch so viel exotische Obstschnipsel, Grünzeug und Schirmchen drum herum, dass einem sowieso alles egal ist. Aber was er hier aufschreibt, das könnte wirklich schmecken, wenn man nicht gerade das Billigste vom Billigen nimmt. Mal sehen, du hast halbwegs vernünftigen Gin, Campari, roten Martini, Zitrone. Okay, dann lass mich mal das hier ausprobieren.«
»Nur zu.«
Angelina werkelt erstaunlich geschickt mit meinem nicht weggeräumten Barhandwerkszeug herum, während ich den nächsten großen Schluck in meinem Schlund versenke. Mannomann, ich sollte mich besser auch hinsetzen. Die Eiswürfel klackern im Shaker. Kurz darauf gießt Angelina etwas rote Flüssigkeit durch das Barsieb in zwei Cocktailschalen und wirft zwei dünne Zitronenscheiben hinterher.
»Probier mal.«
»Hm, nicht schlecht.«
»Finde ich auch.«
»Wie heißt der?«
»Negroni.«
Wir machen die Gläser leer und schauen versonnen auf die zurückbleibenden rötlichen Schlieren.
L ARA Nach dem schwarzen Cocktail habe ich mich schön langsam durch die Farben getrunken. Blau, Grün, Rot und jetzt sind wir bei Orange. Das Gute dabei: Meine Laune hat sich parallel dazu entwickelt. Zwischendrin hat sich das Hotelhandy drei Mal gemeldet, aber mit jedem Drink war das noch ein wenig schneller erledigt.
Kalim müsste eigentlich genauso betrunken sein wie ich, aber er mixt immer noch souverän einen Cocktail nach dem anderen, ohne auch nur einen Tropfen zu vergießen oder langsamer zu werden. Kann doch nicht sein. Vertrage ich so wenig? Wahrscheinlich hat er immer nur genippt.
»Jetzt sag mal ehrlich, Lara, welcher von den beiden hier ist hübscher?«
»Ganz schwer zu entscheiden. Der im linken Glas leuchtet mehr. Aber bei dem anderen gefällt mir diese kesse Erdbeere auf dem Rand mit dem hellblauen Schirmchen drin. Orange, hellblau, rot. Perfekte Farbharmonie. Einfach wunderhübsch.«
»Hach! Danke, danke!«
»Mal gucken, welcher besser schmeckt.«
»Darauf kommt es doch nicht wirklich an, Lara.«
»Ich probier trotzdem mal den hier. Wie heißt der?«
»Happy Utrimutzi.«
»Mein Stichwort, haha! Hallo Butzi!«
»Oh, hallo Adrian.«
Noch bevor ich mich richtig umdrehen kann, hat er mich schon in den Arm genommen und geküsst.
»Ging leider nicht früher. Wie gesagt, gerade ist wirklich super very special …«
»Schon okay. Darf ich vorstellen, das ist Kalim, ein echter Künstler.«
»Hi, Kalim. Machst du uns zwei Island Queens? Super, die Wohnung von Jenny, oder? Dieser Blick in die Stadt hinaus, wow, das kann einen schon umhauen! Ist zwar keine Natur, aber trotzdem mächtig genug, um dich kleinlaut zu machen, was meinst du? Bitte nicht zu viel Zitronensaft in den Island Queen, Kalim. Sind die Zitronen überhaupt aus biologischem Anbau? Gerade bei Zitrusfrüchten muss man echt aufpassen. Wow, ist das alles smooth hier! Ich bin schon fast wieder runter auf Chilltemperatur. Du kannst dir nicht vorstellen, was für einen Hassel wir heute … Danke, Kalim. Gehen wir auf den Balkon, Butzi? … Dauernd nur am Telefon gehangen und Termine geschoben, bis der Kalender geglüht hat. Wow, diese Luft! Will man gar nicht glauben, dass man hier mitten in der Stadt … Hey, Annie! Du auch hier? Bis
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