Andere tun es doch auch (German Edition)
später! … Also, zum Wohl, Butzi. Wow, wir haben uns wirklich eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, was? Gehts dir gut?«
»Wem? Mir? Oh ja, mir geht es gut.«
»Wunderbar. Neuen Job an der Angel?«
»Nicht wirklich.«
»Ich will ja nicht wieder anfangen, aber, wie gesagt, ich könnte dir einen Grundkurs verpassen, und dann kannst du bei mir …«
»Nein, ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.«
»Muss ja auch nicht. Wow! Dieses Lied, Butzi …«
»Adrian, ich muss dir was sagen.«
K AI »Wenn der Tamnavulin leer ist, musst du dir auch mal eine Flasche Glenkinchie kaufen, Kai. Der schmeckt noch einen Tick dunkler.«
»Und ist wahrscheinlich so teuer, dass ich mir vier Wochen kein Mittagessen mehr leisten kann. Übrigens, der Tamnavulin ist leer.«
»Nein!«
»Macht nichts, wir mixen uns noch einen Schumann-Cocktail als Absacker, und dann ist gut.«
»Okay.«
Wir fischen uns noch einmal die kleine Bar-Bibel. Wenn man dermaßen betrunken ist wie wir gerade, schafft man es sogar, zusammen in einem Buch zu blättern, ohne sich in die Quere zu kommen. Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns für einen Gimlet. Der braucht nur wenige Zutaten, und das kommt mir in meinem augenblicklichen Zustand sehr entgegen. Meine Hände schweben fahrig vor meinem Körper herum, wie bei einem dieser Gewalt-Computerspiele, nur dass sie im Moment absolut nicht in der Lage wären, etwas wirklich Böses zu tun, selbst, wenn ich es wollte.
Konzentration. Das ist die Feuerprobe. Wenn ich dermaßen angetütert einen guten Cocktail hinbekomme, werde ich es nüchtern selbst dann schaffen, wenn mir Lara dabei auf die Finger schaut.
»Langsam, Kai.«
»Keine Sorge … Hups!«
»Ach, von dem Gordon’s Gin kann man ruhig mal was verschütten.«
So, nun aber. Gin und Rose’s Lime Juice sind im Mixglas. Noch Eis dazu. Und schütteln. Und aufpassen, dass mir dabei nicht schwindelig wird. Wenig später ist es mir tatsächlich gelungen, zwei Gläser zu füllen. Wir stoßen an und trinken.
Ja, nicht übel. Und Angelina scheint der gleichen Meinung zu sein. Na also.
»Ich glaube, ich hab es jetzt verstanden. Diese Schumann-Cocktails macht man, wenn man gerade kein Geld für die ganz teuren Whiskeys hat.«
»Genau.«
L ARA »Ich muss dir wirklich was sagen, Adrian.«
»Schieß los. Wow, schau dir die Lichter da draußen an!«
»Genau, Lichter ist ein gutes Stichwort.«
Das ist inzwischen schon mein fünfter Anlauf. Wenn ich es jetzt nicht schaffe, kann ich es vergessen. Ich bin todmüde, und mir ist ein bisschen schlecht.
»Also, Lichter: Stell dir vor, du hast ein Zimmer, Adrian. Und in dem Zimmer hängt ein Licht.«
»Wow!«
»Und du warst immer glücklich und zufrieden mit dem Licht, weil, schon klar, sonst wäre alles dunkel und so weiter, egal, jedenfalls …«
Was rede ich da?
»… jedenfalls, eines Tages ist auf einmal ein zweites Licht da, und das … leuchtet auch. Ziemlich doll. Also, verstehst du, was ich meine?«
»Ganz klar, zweites Licht, leuchtet. Ist viel ausgewogeneres Raumlicht so. Je mehr Lichtquellen, umso besser. Ich habe früher mal eine Werbekampagne für einen Leuchtenhersteller aus der Schweiz gemacht, weißt du? Da haben wir die ganze Produktbroschüre neu texten lassen.«
» Neuer Text, genau, das ist auch ein gutes Stichwort.«
»Das haben die damals dringend gebraucht. Premium-Marke, aber die Texte waren noch die von einem längst in Rente gegangenen leitenden Ingenieur. Da fehlte die Sinnlichkeit.«
» Sinnlichkeit, genau, noch besseres Stichwort. Also, was ich sagen will: zweites Licht, neuer Text, Sinnlichkeit, weißt du, was ich meine?«
»Absolut. Ausgewogeneres Raumlicht, mehr Sinnlichkeit, und Texte lesen kannst du natürlich auch besser, weil alles besser ausgeleuchtet ist. Optimal wäre natürlich, wenn du eine Leselampe auf den Sofatisch …«
»Hm, verstehe ich dich richtig, du meinst, es ist okay, wenn ich mich auch mal gleichzeitig von zwei Lichtern … anstrahlen lasse?«
»Mindestens zwei. Aber die sollen dich nicht anstrahlen. Direktes Licht ist Mist. Es ist viel angenehmer, wenn sich das Licht vorher an etwas gebrochen hat, bevor es dich trifft.«
»Ah ja.«
Plimplam! Plimplam!
»Gibs mir, Butzi, ich erledige das für dich.«
»Aber …«
»Pssst … Hotel Royal, schönen guten Abend, was kann ich für Sie tun? … Von kommendem Mittwoch bis Samstag? Wow! Ich schaue mal nach …«
Er pflückt mir das Rezeptionsbuch aus der Handtasche.
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