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Andere tun es doch auch (German Edition)

Andere tun es doch auch (German Edition)

Titel: Andere tun es doch auch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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du …?«
    »Frag nicht, Frank.«
    »Trink lieber. Du bist im Rückstand.«
    »Schade. Ich hab erfahren, Lara geht es gerade nicht so gut.«
    »Wieso das denn?«
    »Sie hat wegen einer bestimmten Sache Riesenärger bekommen. Seitdem kriegt sie keine Jobs als Cutterin mehr und muss für irgendeinen bayerischen Hoteltypen als Mädchen für alles arbeiten, um sich über Wasser zu halten.«
    »Moment, sagtest du bayerischer Hoteltyp?«
    »Genau das. Wieso?«
    »Ich habe ihn heute kennengelernt.«
    »Schlimm?«
    »Man soll ja nicht schlecht über Leute reden, die dir demnächst einen riesigen Bauauftrag geben wollen, aber, unter uns, wenn es je einen Menschen gegeben hat, auf den die Bezeichnung distanzloser Trampel zutrifft, dann ist er es. Weswegen hat Lara denn Ärger gekriegt? Kann man das nicht wieder geradebiegen?«
    »Hm, lass es dir lieber von ihr selber erzählen.«
    L ARA    Ach, irgendwie hab ich dem Kerl unrecht getan. Irgendwie habe ich uns ja keine Chance mehr gegeben. Nicht nach allem, was war. Aber dieser Mann hat ein Talent: Er schafft es, immer genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Und für mich gibt es gerade bestimmt auf der ganzen Welt keinen schöneren Ort als in seinen Armen, und kein schöneres Gefühl, als dass er meinen Kopf streichelt. Meine doofe Wohnung sehe ich gar nicht mehr. Nur sein Gesicht. Und ab und zu die Rosen auf dem Tisch. Ich fühle sein Herz leise durch sein Hemd schlagen und höre ihn reden. Es ist gar nicht wichtig, was er sagt, sondern nur, dass er spricht. Dass er einfach so gekommen ist, ausgerechnet heute, das werde ich ihm nie vergessen.
    »Weißt du, Butzi, heute waren wir zum ersten Mal auf der Hürzelspitze. Endgeil, sag ich dir. Ein Orgasmus in Berggipfelform. Wobei, du musst wissen, die Hürzelspitze besteht aus zwei Gipfeln. Aber der niedrigere von den beiden ist lustigerweise noch tausendmal schöner. Nur ist der halt viel schwieriger zu erklettern, das ist der Gag. Unter Kletterern nennt man die beiden Spitzen Niederhürzel und Oberhürzel. Aber nur wer den Niederhürzel geschafft hat, der gehört wirklich dazu. Und ich habe es geschafft! Also, beinahe. Die letzten fünf Meter waren mir für diesmal noch zu tough. Aber nachher haben die mich einfach vom Oberhürzel auf den Niederhürzel abgeseilt. Die Stimmung, wenn man nur so zu dritt oder zu viert da rumsitzt und die Nachmittagssonne langsam runterkommen sieht, das muss man irgendwann mal erlebt haben, das sag ich dir, Butzi.«
    »Adrian?«
    »Ja?«
    »Ich weiß wirklich nicht, ob ich jemals in der Lage sein werde, mit dir Bergspitzen zu erklimmen, aber eins kann ich dir sagen: Genau in diesem Moment ist dieses Sofa mein ganz persönlicher Niederhürzel.«
    »Hä? … … … Ach sooo!«
    Mein kleines Riesenbaby. Ich habe mich viel zu wenig um ihn gekümmert.

S ONNTAG
    K AI    Was ich am Ersten-Spatenstich-Feiern so schätze, ist, dass man nicht lange über das passende Schuhwerk nachzudenken braucht. Ich muss etwas kichern, als ich an der matschigen Wiese, auf der die feudale Löwenstein-Residenz entstehen wird, ankomme und sehe, wie schwer es sich die anderen gemacht haben. Die durchweg zu dick geratenen Männer von den Baufirmen kombinieren schwarze Anzüge mit Bauhelmen und balancieren in ihren schwarzen Brogue Derbys, die sie selbst wahrscheinlich für todschick halten, zwischen den Schlammpfützen herum. Einer von ihnen verteilt Spaten an die wichtigsten Leute. Dazu gehören die Bauherren Herr und Frau Löwenstein, die sich mit ihrem kostbaren Wildlederschuhwerk (Ludwig Reiter, München, jede Wette) auf dem einzigen halbwegs befestigten Weg halten. Das Gleiche tun ihr auf Tokio Hotel gestylter Sohn und ihre blonde Backfisch-Tochter, aber sie müssen trotzdem immer wieder mit Tempotaschentüchern an ihren bunten Sneakern herumreiben. Am schlimmsten erwischt hat es meine Auftraggeberin, die Stararchitektin Amélie Bleudkinon, die höchstpersönlich aus Paris eingeflogen ist, um hier süß-säuerlich lächelnd mit Highheels durch den Matsch zu staksen. Auch Frau Klapphorst trägt ein Paar Schuhe der edleren Art, aber wenigstens mit flachen Absätzen. Herr Rockerer, der über seine Eltern im letzten Moment noch den Cateringjob für diese Veranstaltung an sich gerissen hat, schießt in puncto Hässlichkeit eindeutig den Vogel ab: Er hat blaue Schutzhüllen aus Plastik über seine Schuhe gezogen. Auch meine Büromitstreiter, die inzwischen alle eingetroffen sind, waren weder schlau noch

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