Andere tun es doch auch (German Edition)
dass sie jetzt gehen muss. Sie hat mir direkt in die Augen gestarrt. Und in ihrem Blick war was von … von … Auf jeden Fall nichts Gutes. Ganz und gar nichts Gutes. Habe ich was Falsches gesagt? Kann nicht sein. Ich habe doch fast gar nichts gesagt. Nur ein bisschen geplaudert und sie angestrahlt. Und ihre Gegenwart mit jeder Faser meines Körpers genossen. Es gibt einfach nichts, was ein Grund gewesen wäre, so plötzlich aufzustehen und sich so knapp zu verabschieden.
Das kann doch eigentlich nur heißen … Okay, ich muss vorsichtig sein, so was redet man sich viel zu schnell ein, weil Wunschdenken und so … Aber es könnte doch immerhin sein, dass sie einfach nur verlegen war? Dass das Zusammensein mit mir solche Wallungen in ihr ausgelöst hat, dass sie es einfach nicht mehr aushalten konnte? Ja, stimmt, so was kann man sich ganz leicht einreden. Und ich mache das jetzt einfach mal. Ich weiß nicht, wie ich den Tag sonst überstehen soll.
L ARA » ER HAT DICH LARI GENANNT? «
»Ja.«
»Spinnt der?«
»Ich fürchte nein. Er ist einfach nur ein Arsch. Du hättest mal sehen sollen, wie der mich die ganze Zeit angefeixt hat. Ich denke mir noch: Red dir nichts ein, der lacht dich nicht aus, der strahlt dich einfach an, weil er dich mag, und so. Und dann, auf einmal, genau in dem Moment, als es am fiesesten ist: LARI ! Diese Ratte von Rockerer hat ihm natürlich alles über mich erzählt. Der konnte sich wahrscheinlich die ganze Zeit kaum noch zurückhalten, nicht gleich laut loszuprusten.«
»Wie? Hat er losgeprustet, nachdem er Lari gesagt hat? Gib mir seine Adresse! Ich töte ihn!«
»Nein, hat er nicht. Und du brauchst ihn nicht zu töten. Er stirbt gerade an dem Blick, den ich ihm zugeworfen habe, als ich aufgestanden und weggegangen bin.«
»Gut gemacht, Lara.«
»Ich wollte sowieso nie was von ihm.«
K AI Nach so einer Pleite fallen mir nur wenige Möglichkeiten ein, den Abend erträglich zu gestalten. Und alle haben mit Alkohol zu tun. Die angenehmste Version wäre, dass Angelina spontan vorbeikommt, Schumanns Barbuch wiederfindet und wir damit anfangen, uns von der ersten bis zur letzten Seite durchzutrinken. Und Frank könnte sich gerne auch noch dazugesellen.
Das Schöne: Genau das passiert gerade. Der einzige Unterschied zu meiner Wunschvorstellung ist, dass Angelina das Barbuch nicht wiedergefunden, sondern mitgebracht hat. Sie hatte es nämlich vorgestern im Suff heimlich mitgenommen und kam vorbei, um es zurückzugeben.
Ihr Leben sei nun ein anderes, verkündete sie. Hatte sie vorher dem Kneipiersleben felsenfest abgeschworen, um sich künftig der Stille, dem gelegentlichen Lärm eines Staubsaugers und ab und zu einem guten Whiskey zu widmen, so scheint dieser Fels nun zu bröckeln. »Dieses Buch«, sagte sie und hielt es dabei hoch, »könnte sogar mir Lust machen, eines Tages wieder Gäste zu bedienen.« Und der dankbare erste Gast war gleich ich. Nach einem Abbey Cocktail und einem Acapulco rief ich noch Frank an, der ebenfalls Lust hatte, spontan vorbeizukommen. Und auch wenn Frank nun immer noch einen Abbey Cocktail und einen Acapulco im Rückstand ist, sind wir doch alle drei einigermaßen gleich betrunken.
»Als Nächstes einen Angel Face?«
»Angelina geht alphabetisch vor, Frank.«
»Ja, Angel Face hört sich großartig an.«
»Pah! Schau gefälligst nicht so romantisch, Frank. Nur weil der Cocktail Angel Face heißt.«
»Ich werde doch wohl noch romantisch schauen dürfen.«
»Weißt du, Frank ist in einer festen Beziehung, Angelina.«
»Aha, wie heißt sie denn?«
»Irena.«
»Eine Frage, Frank: Wie oft hast du dich in den letzten zwölf Monaten mit Irena gestritten? Und gleich noch eine zweite Frage: War es das wirklich wert? Und meine Erwiderung auf deine zweite Antwort: Na also.«
»Lass den Frank, Angelina.«
»Ich habe doch noch gar nicht geantwortet.«
»Brauchst du auch nicht, Frank. Es würde mich eh nur deprimieren. Hier, Männer, der Angel Face. Oder lasst ihn uns lieber Hells Angels Face nennen.«
»Ganz schön hart, Angelina.«
»Ich muss es wissen, ich habe schon sechs sogenannte ewige Lieben hinter mir. Wollt ihr meine Tattoos dazu sehen?«
»Ich hatte neun.«
»Neun? Wo?«
»Ohne Tattoos.«
»Kai weiß jedenfalls, wovon ich rede.«
»Beinahe wären es zehn geworden, aber ich habe es im letzten Moment geschafft, mich nicht zu verlieben. Ihr habt mir sehr dabei geholfen. Danke und zum Wohl.«
»Heißt das, Lara und
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