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ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)

ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)

Titel: ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Christian Andersen , H.C. Andersen
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fehlt mir eigentlich," sagte sie, "mir fehlt, daß ich nicht recht meine Gedanken sammeln kann, daß es mir nicht recht stimmen will, was Du sagst, daß es soviele Gottlose gäbe, die ewig brennen müßten, ewig - ach, wie lange. Ich bin nur ein sündiger Mensch, aber ich könnte es nicht über mein Herz bringen, selbst den schlimmsten Sünder ewig brennen zu lassen; wie wollte es da der liebe Gott können, er, der so unendlich gut ist, er, der weiß, wie das Böse von außen und innen an uns herantritt. Nein, ich kann es mir nicht denken, obwohl Du es sagst."
     
    Es war Herbst. Das Laub fiel von den Bäumen; der ernste, strenge Pfarrer saß am Bette einer Sterbenden. Eine fromme Gläubige schloß ihre Augen; es war die Pfarrerin.
     
    "Findet jemand Frieden im Grabe und Gnade bei Gott, so bist Du es!" sagte der Pfarrer, und er faltete ihre Hände und sprach ein Gebet über die Tote.
     
    Sie wurde zu Grabe getragen; zwei schwere Tränen rollten über die Wangen des ernsten Mannes nieder. Im Pfarrhofe war es stille und leer; der Sonnenschein darin war erloschen, sie war ja fortgegangen.
     
    Es war Nacht. Ein kalter Wind blies über das Haupt des Pfarrers; er schlug die Augen auf und es war, als ob der Mond in seine Stube hereinscheine, aber der Mond schien nicht. Eine Gestalt war es, die vor seinem Bette stand; er sah den Geist seiner gestorbenen Frau. Sie blickte ihn so tief betrübt an, es war, als wolle sie etwas sagen.
     
    Und der Mann richtete sich halb empor und streckte die Arme nach ihr aus. "Auch Dir ist nicht die ewige Ruhe vergönnt? Du leidest? Du, die Beste, die Frömmeste?"
     
    Und die Tote neigte ihr Haupt zu einem ja und legte die Hand auf die Brust.
     
    "Kann ich Dir die Ruhe im Grabe geben?"
     
    "Ja" tönte es.
     
    "Und wie?"
     
    "Gib mir ein Haar, nur ein einziges Haar vom Haupte eines Sünders, für den das Feuer nie erlöschen soll, des Sünders, den Gott in die Hölle zu ewiger Pein hinabstoßen will."
     
    "Ja, so leicht konntest nur Du erlöst werden, Du Reine, Du Fromme" sagte er.
     
    "So folge mir!" sagte die Tote. "So ist es uns vergönnt. An meiner Seite schwebst Du, wohin Deine Gedanken es wollen. Unsichibar für die Menschen stehen wir vor den heimlichsten Kammern ihres Herzens, aber mit sicherer Hand mußt Du auf den zu ewiger Qual Verdammten zeigen, und vor dem Hahnenschrei muß er gefunden sein."
     
    Und hurtig, mit Gedankenschnelle, waren sie in der grollen Stadt. Von den Wänden der Häuser leuchteten mit feurigen Buchstaben die Namen der Todsünden: Hochmut, Geiz, Trunksucht, Wollust, kurz, der ganze siebenfarbige Bogen der Sünde.
     
    "Ja, dort drinnen, wie ich es glaube, wie ich es wußte," sagte der Pfarrer, "hausen die dem ewigen Feuer Geweihten." Und sie standen vor einem prächtig erleuchteten Portal, wo breite Treppen mit Teppichen und Blumen geschmückt waren und durch die festlichen Säle Ballmusik erklang. Der Schweizer stand davor in Sammet und Seide mit einem großen silberbeschlagenen Stock.
     
    "Unser Ball kann sich mit dem des Königs wohl messen!" sagte er und wandte sich dem Straßendpöbel zu; von Kopf zu Fuß leuchtete ein Gedanke aus ihm: "Elendes Pack, das hier zur Pforte hereingafft! Gegen mich seid Ihr alle Kanaillen."
     
    "Hochmut" sagte die Tote, "siehst Du ihn?"
     
    "Ihn," wiederholte der Pfarrer, "ja aber er ist ein Tropf, ein Narr nur, er wird nicht zu ewigem Feuer und ewiger Pein verdammt werden."
     
    "Ein Narr nur" erklang es durch das ganze Haus des Hochmuts, das waren sie alle darin.
     
    Und sie flogen in die nackten vier Wände des Geizigen hinein, wo dürr und klappernd vor Kälte, hungrig und durstig, sich ein Greis mit allen seinen Gedanken an sein Gold klammerte. Sie sahen, wie er im Fieber von dem elenden Lager sprang und einen losen Stein aus der Mauer nahm. Da lagen Goldstücke in einem Strumpfe. Er tastete sein lumpiges Hemd ab, in das Goldstücke genäht waren, und die feuchten Finger zitterten.
     
    "Er ist krank. Das ist Wahnwitz, ein freudloser Wahnwitz, umringt von Angst und bösen Träumen."
     
    Und sie entfernten sich hastig und standen vor der Pritsche der Verbrecher, auf der sie in langer Reihe, Seite an Seite, schliefen. Wie ein wildes Tier fuhr einer aus dem Schlafe empor, einen häßlichen Schrei ausstoßend; er schlug mit seinen spitzen Ellenbogen nach seinem Kameraden; der wandte sich schläfrig um:
     
    "Halts Maul, Du Vieh, und schlaf - das ist jede Nacht -!"
     
    "Jede Nacht" wiederholte der andere, "`ja

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