Andromeda
wurde für den Bruchteil einer Sekunde, kürzer als einen Augenblick, purpurn. Dann nahm er wieder seine grüne Farbe an. »Haben Sie das gesehen?«
»Ja. Haben Sie an der Beleuchtung etwas verändert?«
»Nein. Ich habe nichts angerührt.«
Einen Augenblick später geschah es noch einmal: Grün, ein kurzes purpurrotes Aufblitzen, dann wieder Grün. »Erstaunlich.«
»Das könnte vielleicht …«
In diesem Augenblick wurde der Fleck vor ihren Augen purpurrot und blieb es. Die Zahnung verschwand: Der Fleck hatte sich geringfügig vergrößert und die Zwischenräume der Zähne ausgefüllt. Er bildete nun ganz präzise einen Kreis. Dann wurde er wieder grün.
»Er wächst«, sagte Stone.
Sie arbeiteten rasch. Die Filmkameras wurden heruntergesenkt. Sie nahmen die Stelle aus fünf verschiedenen Blickwinkeln mit sechsundneunzig Bildern in der Sekunde auf. Eine Zeitrafferkamera machte Aufnahmen im Abstand von jeweils einer halben Sekunde. Leavitt setzte außerdem noch zwei weitere Fernkameras ein und ordnete sie in verschiedenen Winkeln zur Hauptkamera an. Im Hauptkontrollraum zeigten die drei Bildschirme nun drei verschiedene Ansichten des grünen Flecks. »Können wir denn nicht stärker vergrößern?« fragte Stone. »Nein. Sie erinnern sich doch, daß wir uns auf die obere Grenze von vierhundertvierzigfach geeinigt haben.« Stone fluchte. Wenn sie eine stärkere Vergrößerung haben wollten, mußten sie alles in ein anderes Labor schaffen oder das Elektronenmikroskop einsetzen. Beides kostete Zeit.
Leavitt fragte: »Sollen wir nicht mit den Kulturen und dem Isolieren beginnen?«
»Ja, warum nicht?«
Leavitt ging auf zwanzigfache Vergrößerung zurück. Jetzt ließ sich erkennen, daß es sich um vier interessante Zonen handelte: drei abgegrenzte grüne Flecken und das Steinchen mit der von ihm eingedrückten Delle.
Er drückte auf seinem Kontrollpult den Knopf mit der Aufschrift kultur ein. Von der Seite des Innenraums glitt ein Tablett mit Stapeln von kreisrunden, mit Plastik bedeckten Petrischalen herein. Jede der flachen Schalen enthielt eine dünne Schicht Nährboden.
Im Wildfire-Projekt wurde nahezu jede bekannte Art von Nährboden verwendet. Bei solchen Nährböden handelt es sich um geleeartige Mischungen verschiedener Nährstoffe, auf denen Bakterien und andere Mikroben sich ernähren und vermehren können. Neben den üblichen, in jedem Labor verwendeten Standardlösungen – Nährböden aus Pferde- und Schafblut-Agar, Schokolade-Agar, Simplex, Sabourand-Pilz-Agar – gab es noch dreißig für das Bestimmen von Mikroorganismen wichtige Nährlösungen aus verschiedenen Zuckern und Mineralstoffen. Außerdem waren dreiundvierzig Nährböden für Spezialkulturen vorhanden, unter anderem auch solche für Tuberkelbazillen und seltene Pilze, aber auch sehr ausgefallene Lösungen für Experimente, die mit Kombinationen aus Buchstaben und Ziffern bezeichnet wurden: ME-997, ME-423, ME-A12 und so weiter. Das Tablett enthielt außerdem einen Stapel steriler Abstrichtupfer. Stone nahm die Tupfer mit Hilfe der mechanischen Hände einzeln auf und berührte damit erst die Kapsel, dann die Nährlösung. Leavitt fütterte inzwischen den Computer mit Daten, damit sie später feststellen konnten, von welcher Stelle jeder Abstrich entnommen worden war. Auf diese Weise bearbeiteten sie die ganze Außenhaut der Kapsel und gingen dann zum Innern über.
Stone stellte jetzt eine stärkere Vergrößerung ein, kratzte äußerst vorsichtig Proben von den grünen Flecken ab und übertrug sie auf die verschiedenen Nährböden. Am Schluß nahm er mit einer feinen Pinzette das Steinchen auf und legte es unversehrt in eine saubere Glasschale. Diese ganze Prozedur dauerte über zwei Stunden. Als sie fertig waren, schaltete Leavitt das MAXCULT-Programm ein. Dieses Programm steuerte automatisch die weitere Behandlung der Hunderte von Proben, die sie entnommen hatten. Einige der Petrischalen kamen nun unter normalem Druck bei Zimmertemperatur in normale Luft. Andere wurden Hitze und Kälte ausgesetzt, hohem Druck und Vakuum, niedrigem und überhöhtem Sauerstoffgehalt, Licht und Dunkelheit. Ein Mensch hätte Tage gebraucht, die Schalen in die verschiedenen Brutkammern aufzuteilen. Der Computer schaffte das innerhalb von Sekunden. Als das Programm angelaufen war, stapelte Stone die Petrischalen auf das Transportband. Sie sahen zu, wie sie in den verschiedenen Kammern verschwanden. Nun blieb ihnen nichts weiter übrig, als
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