Andromeda
funktioniert genau wie ein Lichtmikroskop, nur bündelt es anstatt eines Lichtstrahls eben einen Elektronenstrahl. Licht wird durch Linsen aus gewölbtem Glas gebündelt; Elektronen werden durch Magnetfelder gebündelt.
In mancher Hinsicht unterscheidet sich das Elektronenmikroskop kaum von einem Fernsehgerät; das Bild wird ebenfalls auf einen Leuchtschirm geworfen, eine beschichtete Fläche, die unter Elektronenbeschuß aufleuchtet. Der große Vorteil des Elektronenmikroskops besteht darin, daß es eine weitaus stärkere Vergrößerung zuläßt als jedes Lichtmikroskop. Die Erklärung dafür ist im Bereich der Quantenmechanik und der »Wellikel-Theorie« zu suchen. Die beste und zugleich einfachste Erklärung stammt von Sidney Polton, einem Experten für Elektronenmikroskope und begeisterten Rennfahrer.
Polton sagte: »Stellen Sie sich eine Straße mit einer scharfen Kurve vor. Stellen Sie sich weiter vor, Sie hätten zwei Fahrzeuge, einen Sportwagen und einen schweren Lastwagen. Wenn der Lastwagen versucht, die Kurve zu nehmen, rutscht er von der Straße. Der Sportwagen hingegen schafft sie mit Leichtigkeit. Warum? Der Sportwagen ist leichter, kleiner und schneller; er eignet sich besser für enge, scharfe Kurven. Bei sanften, langgezogenen Kurven sind beide Fahrzeuge gleich brauchbar, aber in scharfen Kurven bewährt sich der Sportwagen besser.
Genauso hat ein Elektronenmikroskop eine ›bessere Straßenlage‹ als ein Lichtmikroskop. Jeder Gegenstand besteht aus Ecken und Kanten. Ein Elektron hat eine kürzere Wellenlänge als ein Lichtquant. Es nimmt die Kurven enger, liegt besser auf der Straße und folgt ihr viel genauer. Mit einem Lichtmikroskop – wie mit einem Lastwagen – kann man nur eine breite Hauptstraße befahren. Auf ein Mikroskop übertragen heißt das, nur große Objekte mit großen Ecken und sanften Kurven: Zellen und Zellkerne. Aber ein Elektronenmikroskop kann auch den kleinen Nebenstraßen folgen und kleinste Strukturen innerhalb der Zelle wiedergeben – Mitochondrien, Ribosomen, Membranen und das Endoplasmatische Reticulum.«
In der Praxis weist das Elektronenmikroskop mehrere Nachteile auf, die der stärkeren Vergrößerung entgegenstehen. Erstens muß, da statt des Lichts Elektronen verwendet werden, im Mikroskop ein Vakuum herrschen. Das bedeutet, daß es nicht möglich ist, damit Lebewesen zu beobachten. Der schwerste Nachteil liegt jedoch in den Schnittpräparaten. Die Schnitte müssen extrem dünn sein; so ist es schwierig, von dem beobachteten Objekt eine richtige dreidimensionale Vorstellung zu bekommen.
Auch hier verwendet Polton einen einfachen Vergleich: »Nehmen wir einmal an, wir schneiden ein Automobil in der Mitte auseinander. In diesem Falle kann man Rückschlüsse auf die Einheit, die ›ganze‹ Struktur ziehen. Schneidet man jedoch aus einem Automobil eine sehr dünne Scheibe heraus, noch dazu in einem ausgefallenen Winkel, kann das schon sehr viel schwieriger werden. Dieser Schnitt könnte beispielsweise nur ein Stückchen Stoßstange, Gummireifen und Glas enthalten. Es dürfte ziemlich schwierig sein, aus einem solchen Schnitt Rückschlüsse auf Form und Funktion der Gesamtstruktur zu ziehen.«
Stone war sich all dieser Nachteile bewußt, als er den Metallknopf in das Elektronenmikroskop einsetzte, es luftdicht verschloß und die Vakuumpumpe in Gang setzte. Aber obgleich er die Nachteile kannte, ignorierte er sie – weil ihm nichts anderes übrigblieb. Trotz aller Einschränkungen war das Elektronenmikroskop das einzige Hochleistungsgerät, das hier zur Verfügung stand.
Er dämpfte die Raumbeleuchtung und schaltete den Elektronenstrahl ein. Dann stellte er den Strahl an mehreren Kontrollen scharf ein. Einen Augenblick später erschien das Bild – grün und schwarz – deutlich auf dem Bildschirm. Es war nicht zu fassen!
Jeremy Stone hatte die kleinste Einheit des Andromeda-Organismus vor Augen. Es handelte sich um ein genau gleichseitiges Sechseck, das nach jeder Seite hin mit anderen Sechsecken verbunden war. Das Innere des Sechsecks war in keilförmige Abschnitte unterteilt, die sich im genauen Mittelpunkt der Struktur trafen. Der Gesamteindruck war der einer mathematischen Präzision, wie sie bei irdischen Lebensformen nie auftritt. Das Ding sah wie ein Kristall aus!
Er lächelte; das würde Leavitt gefallen. Leavitt hatte Spaß an ausgefallenen Denkaufgaben. Außerdem hatte Leavitt schon häufig von der Möglichkeit gesprochen, daß Leben auf
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