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Andromeda

Andromeda

Titel: Andromeda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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war mir, als hörte ich doch ein Flüstern: „Komm! Komm! Komm doch endlich!“ Und sachte erbebte wieder einmal der Boden, und dünne Fäden Staubes rieselten aus dem Gewölbe hernieder.
    Dieses Flüstern wollte mir gar nicht gefallen. Es erinnerte allzusehr an die von der GROSSEN AMÖBE draußen im Krater ausgehende Faszination, war jedoch diesmal in keine Traumgesichte gekleidet, sondern wollte mir seltsam real und gerade deshalb unausweichlich zwingend erscheinen. Einen Traum kann man notfalls achselzuckend abtun, die Wirklichkeit jedoch kaum. Mich fröstelte leicht.
    Dann trat ich in den Stollen ein. Er war gut zwei Meter hoch, so daß ich bequem aufgerichtet gehen konnte, und zunächst war alles wie draußen im Tonnengewölbe. Auch hier liefen geknickte und unterbrochene Versorgungsleitungen im Scheitelpunkt des Ganges entlang, und Gesteinsbrocken und zerschmetterte weiße Tantaliden-Steine lagen am Boden. So nahe der tektonischen Zone konnte ich kaum etwas anderes erwarten. Das wichtigste jedoch war, daß sich meine Lampe so ausgezeichnet bewährte. Ich hatte mir die Flasche vor dem Bauch in den Gürtel eingebunden, und nun kam ich mir vor wie ein Bergmann, der seine Strecke befährt. Sanft und stetig leuchtete mir die AMÖBE, und ihr Schein fiel nicht nur voraus, in Richtung meines Weges, sondern auch nach links und nach rechts, nach unten und oben.
    Ich kam rasch voran. Das Flüstern war längst verklungen, und vielleicht hatte ich es mir auch nur eingebildet.
    Mein Weg aber führte ohne Unterbrechung abwärts. Es war kein starkes Gefälle, jedoch deutlich wahrnehmbar. Nach einiger Zeit merkte ich auch noch, daß der Stollen nicht schnurgerade abwärts führte, sondern eine ständige leichte Rechtswendung einhielt. Er schraubte sich wie eine großzügig angelegte Spirale in die Tiefe hinunter. Wenn mich mein Gefühl nicht täuschte, betrug die Länge solch einer Windung etwa einen Kilometer, so daß ich jeden Kilometer eine Etage tiefer hinabgelangte.
    Erst spät fiel mir auf, daß nach und nach die Anzeichen der Unordnung und des Zusammenbruches aufhörten. Es mußte die fünfte oder sechste Windung sein, in der ich mich befand, als es sogar vollkommen vorbei war mit dem Schutt, den geborstenen Rohren und den Rissen im Mauerwerk. Glatt und fugenlos lag der Stollen vor mir, kein Staub mehr auf dem Boden, und die Rohre an der Decke hatten metallisch zu funkeln begonnen, streckten sich heil und unversehrt dahin, und es nahm sich so aus, als seien sie erst vor kurzem poliert worden. Ich drang in eine noch intakte Welt ein, und mir wollte das durchaus als gutes Vorzeichen erscheinen.
    Ich mochte etwa drei Stunden so unterwegs gewesen sein, als sich unvermittelt alles änderte. Die Rohre hörten auf, wandten sich mit einem scharfen Knick nach links hin in die Stollenwand hinein, verschwanden dort, und von vorn her nahm ich Licht wahr. Der Gang schien in einen größeren Raum einzumünden, und sein Ende zeichnete sich schon lange vorher als ein großes golden erhelltes umgekehrtes U ab.
    Ich trat hinaus auf eine Galerie, die verschwenderisch beleuchtet dalag, rund unter einer hoch sich wölbenden Kuppel entlanglief und etwa alle hundert Meter die dunklen Öffnungen anderer Stollenmündungen aufwies. Nicht das war es jedoch, was mich wie gebannt verhalten ließ. Es war der Blick in die Tiefe, der meinen Schritt stocken machte. Die Galerie wurde von einer niedrigen, marmorweißen Brüstung umgrenzt. Dahinter, etwa drei Meter unter mir, funkelte es stark und metallisch auf. Es war ein Quecksilbersee, genauso ein Bassin, angefüllt mit diesem Metall, wie ich es bereits einmal auf Parzival gesehen hatte, nur daß es mindestens dreimal größer war als dort. Und auch hier hob und senkte sich die Oberfläche wie die Brust eines schlafenden Riesen.
    Ich kam mir vor, als wäre ich daheim angelangt, zugleich jedoch wurde ein Gefühl gespannter Wachsamkeit in mir rege. Ich stand dicht vor einer Grenze – ich spürte das.
    Ich legte meinen Vorratssack am Stollenausgang nieder – allzu groß erschien mir die Gefahr, ihn bei der Gleichförmigkeit der Architektur ringsum sonst nicht wiederfinden zu können –, und dann machte ich mich an die erste, behutsame Umrundung des Metallsees da vor mir.
    Ich hatte gar nicht so schlecht geschätzt. Wenn das Quecksilberbassin auf Parzival etwa hundert Meter im Durchmesser gehabt hatte, so besaß dieses hier einen solchen von knapp einem halben Kilometer. Und auch die Falltür war da,

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