Andular II (Die Erneuerung des Kreises) (German Edition)
dann doch zu bezweifeln“, erwiderte Jesta und blickte unbehaglich auf den verschneiten Gipfel. „Hier gibt es ja nichts außer kaltem Schnee! Weder Bäume noch grüne Wiesen, die hier wachsen. Das es sehr kalt auf Brahn ist wusste ich ja, aber das wirklich alles mit Schnee bedeckt ist, ist mir dann doch etwas zu viel des Guten.“
„Bäume?“, fragte Tasken. „Nun, wenn du Bäume sehen willst, solltest du mal zu den eisigen Wäldern reisen. Sie liegen weit im Südosten des Landes, aber von hieraus braucht man mindestens zwei Tage um sie zu erreichen, je nachdem wie das Wetter ist. Zudem muss man vorher das Frosthauch Tal passieren und gerade dort peitscht einem der Wind so stechend kalt und unbarmherzig entgegen, dass sich selbst die Nebelräuber aus dieser Gegend fernhalten.“
„Was sind Nebelräuber?“, fragte Leeni.
„Nebelräuber sind hinterlistige und gemeine Geschöpfe, die in den trostlosen Gegenden Brahns hausen und all jenen auflauern, die sich leichtsinnig in ihre Reviere verirren. Früher waren sie eine regelrechte Plage, die sich nicht einmal davor scheute, bis an die Stadtmauern heranzuschleichen. Doch mittlerweile haben wir sie gut im Griff und schon seit Langem hat es keiner mehr von ihnen gewagt, näher als eine Meile an die Stadt und den Hafen heran zukommen.“
„Üble Gesellen gibt es eben überall, Tasken. Doch keiner von ihnen kann uns von unserem Vorhaben abhalten!“, sagte Jesta und sah selbstsicher zu Crydeol, der daraufhin die Augen verdrehte.
„Dann wollt ihr euch also tatsächlich zu den eisigen Wäldern aufmachen?“, fragte Tasken überrascht.
Der General nickte. „Ja. Zumindest was Jesta, Candol und Leeni betrifft. Renyan und ich werden uns erst einmal in die Schneestadt begeben. Es wird Zeit, dass ich meinen kleinen Bruder mal wieder zu Gesicht bekomme.“
„Dann werde ich euch zu ihm bringen. Er müsste sich eigentlich in den Offiziersquartieren aufhalten. Ich möchte nur zu gern sein Gesicht sehen, wenn er seinen Bruder sieht. Doch zuerst muss ich mich noch mit Pelrin unterhalten. Würdet ihr hier solange auf mich warten? Es wird nicht lange dauern.“
Crydeol nickte, worauf sich Tasken wieder an Bord der Eiswind begab.
„Dann werden sich unsere Wege nun bis auf Weiteres trennen, meine Freunde“, sagte Candol.
Leeni sah den Zauberer überrascht an. „Jetzt schon?“
„Ja. Wir sollten keine Zeit verlieren und uns sogleich auf den Weg machen. Lago werden wir allerdings nicht mitnehmen, General. Jestas Esel dürfte ebenfalls mit dem Gewicht des Wagens zurechtkommen, und da wir nur zu dritt sind, werden wir auf euer Pferd verzichten können.“
„Wann können wir mit eurer Rückkehr rechnen?“, fragte Renyan.
„Da Tasken sagte, das sich die eisigen Wälder weit im Südosten des Landes befinden, rechne ich mit vier bis fünf Tagen.“
„Dann schicke Avakas voraus, sobald ihr wieder in der Nähe der Schneestadt seid. Wir werden dann hier am Hafen auf euch warten.“
Candol nickte und sogleich banden er und Crydeol Lago von dem Wagen los und spannten im Austausch Jestas Esel davor. Gleich darauf verabschiedeten sie sich voneinander und Nevur setzte sich in Bewegung.
Von der Höhe der Bergstraße wirkte Brahn wie eine weiße Einöde, verlassen und unwirtlich, wenngleich auch friedlich und wunderschön. Bis auf Antis gab es nirgendwo sonst in diesem kleinen Land eine weitere Stadt, geschweige denn ein Dorf. Alle Menschen wohnten und lebten in der riesigen Schneestadt, die weit größer noch als Panjan und sogar Vaskania war, wenn auch nicht so imposant wie die Perlmuttstadt, dafür aber faszinierend von ihrer Bauweise. Von oben sah Antis jedoch gar nicht riesig aus, vielmehr winzig und unbeholfen in den weiten Schneemassen, die sie umgaben und das brachte Leeni auf eine Idee. Sie kniff sich ein Auge zu und hielt nun einen ihrer kleinen Daumen so vor ihr Gesicht, das dieser aus ihrer jetzigen Position die Stadt komplett verdeckte. Sie lachte, drehte den Daumen wieder zur Seite und schon war Antis wieder da. Immer wieder hob und senkte sie ihren Daumen, bis die Straße einige Meter weiter nach Süden verlief und die hohe Bergwand die Sicht zurück verhinderte.
Nach etlichen Stunden, in der die Straße stets weiter geradeaus verlief, erblickte Jesta in der Ferne ein weites Tal. Dort lag kein Schnee und so glich es einem breiten braunen Fluss, der sich bewegungslos dem Horizont entgegen streckte.
„Das muss das Frosthauch Tal sein von dem Tasken
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