Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)
„Großvater, was ist denn?“
Jindo antwortete ihm nicht. Seine müden Augen suchten den Raben am Boden, dann, als sie ihn entdeckt hatten, deutete er Cale mit einer schwachen Handbewegung die Richtung.
„Warte, ich helfe dir!“, sagte Jesta und eilte zu ihnen. Zusammen stützten sie den Vanyanar und gingen zu der Stelle, wo der weiße Rabe regungslos am Boden lag. Jindo hob ihn vorsichtig auf und führte ihn ganz nah an seinen Körper heran. Dann senkte er seinen Kopf, murmelte etwas Unverständliches und strich dem Raben mehrere Male langsam über die Flügel.
„Da!“, sagte Jesta und deutet auf die Wunde in Avakas Brust. Der Pfeil, der in ihr steckte, begann nun leicht zu zittern, bis er schließlich wie von Geisterhand aus der Wunde gezogen wurde und zu Boden fiel. Darauf schloss sich die blutende Stelle langsam, bis sie so unversehrt war wie zuvor.
Und dann, so unerwartet, dass Jesta und Cale zurückschreckten, sprang Avakas auf und schlug hastig mit den Flügeln, als wäre er lediglich aus einem tiefen Schlaf gerissen worden. Dann krächzte er laut, stieß sich von Jindos Arm ab und flog nach Westen.
„Er war zum Glück nur bewusstlos, andernfalls hätte ich ihn nicht mehr helfen können“, sagte der Vanyanar noch schwach, dann sackten seine Schultern ein und er brach zusammen.
„Großvater!“ Cale kniete nieder und bette den Kopf des Vanyanars auf seinem Schoß, während Jesta hastig nach der Flasche Laresius kramte.
„Nein“, hauchte Jindo leise, als der Durandi sich zu ihm hinunter beugte und die Flasche öffnete. „Es wird nicht helfen.“
„Warum nicht?“, fragte Cale, bemüht nicht in Tränen auszubrechen.
„Nehmt die Splitter und bringt sie dem Wolkenwal“, sagte Jindo leise, als hätte er die Worte des Jungen nicht gehört. „Doch bevor ihr geht, gib mir bitte das, was du damals von der Insel gestohlen hast, Jesta.“
„Das was ich…was meinst du?“ Jesta starrte ihn verwirrt an, da er nicht wusste, was genau er meinte.
„Hast du geglaubt, ich hätte nicht mitbekommen, dass du es an dich genommen hast? Aber ich kann es dir nicht verübeln, es war der Geruch, der dich verführt hat, nicht wahr?“
Und jetzt wusste Jesta, was er meinte. „Das Moos“, murmelte er und der Vanyanar nickte schwach.
„So ist es. Nachdem wir die Küste erreicht hatten, habe ich mich von der Schlacht entfernt, um mir einen Eindruck von Namagants Zustand machen zu können. Salagors jahrzehntelange Schreckensherrschaft hat mehr angerichtet, als ich befürchtet habe, aber es gibt noch Hoffnung, jetzt da du hier bist, Jesta, denn du hast die ganze Zeit das mit dir geführt, was Namagant wieder zu seiner alten Blüte verhelfen kann.“
„Das Moos wird Namagant retten?“ Jesta sah auf seine Tasche herab, was ihn schmerzlich daran erinnerte, dass Taykoo immer noch verschwunden war.
„In dem Moos“, fuhr der Vanyanar fort, „ist auch etwas von der Kraft der Jaraaninsel, und diese Kraft wird hoffentlich ausreichen, um diesen Ort zu retten.“
„Wie das?“, fragte Jesta und holte das Moos aus seiner Tasche.
Mittlerweile war es etwas trocken, aber der Geruch war immer noch so intensiv wie auf der Insel, würzig und schwer, wie feuchte Erde.
„Ihr werdet es erfahren, aber vorerst nehmt die Splitter an euch“, antwortete Jindo und nahm das Moos an sich.
„Ich hatte gehofft“, sagte Cale, beinahe entschuldigend, „dass sie hier irgendwo am Boden lägen, nachdem Avakas von dem Pfeil getroffen wurde, aber ich kann sie nirgendwo sehen.“
„Oh“, erwiderte der Vanyanar und ein schwaches Lächeln legte sich auf sein Gesicht. „Dann habt ihr ihn noch gar nicht bemerkt?“
Cale sah ihn fragend an. „Wen?“
Jindo hob langsam seinen linken Arm und streckte ihn zur Seite. „Dort, im Schatten des Felsen, zwischen den kopfgroßen Geröllbrocken.“
Sie drehten ihre Köpfe in die Richtung, die der Vanyanar ihnen gezeigt hatte und Jesta sprang augenblicklich auf. „Taykoo! Da bist du ja!“
Das Wullom kauerte auf den Hinterpfoten sitzend am Boden und hatte ihnen den Rücken zugewandt, sodass Jesta nicht erkennen konnte, womit Taykoo gerade beschäftigt war, denn er schien irgendetwas in den Pfoten zu halten, etwas das zu schwer für ihn sein musste, denn er schimpfte und zeterte, wie Jesta es schon lange nicht mehr erlebt hatte. Doch dann sah er, was Taykoo so in Rage versetzt hatte und lächelte erleichtert.
„Das hast du gut gemacht“, sagte er lobend und beugte sich zu dem Wullom
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