Ange Pitou, Band 3
wenn, wie das wahrscheinlich ist, die Straßen ... Die Königin wolle in mir nur einen Mann des Krieges sehen, unterbrach Charny einfach. Ein Soldat ist gemacht, um getötet zu werden.
Und nachdem er so gesprochen, wartete er nicht auf dieAntwort, hörte nicht auf den Seufzer; er ging rasch hinab, schwang sich auf ein Pferd der Garden, und jagte mit zwei Reitern nach Meudon.
Kaum war er, durch ein letztes Zeichen den Abschied erwidernd, den ihm Andree aus dem Fenster zusandte, verschwunden, als ein entferntes Geräusch, das dem Brausen der Wogen an einem Sturmtage glich, die Königin horchen machte. Es schien von den entferntesten Bäumen der Pariser Straße aufzusteigen, die man von dem Zimmer aus bis zu den letzten Häusern von Versailles im Nebel sich entrollen sah.
Bald wurde der Himmel drohend für den Blick, wie er es für das Ohr war; ein weißer, scharfer Regen fing an, den Nebel zu durchstreifen.
Und dennoch, trotz dieser Drohungen, füllte sich Versailles mit Menschen.
Die Kundschafter folgten sich im Schlosse. Jeder Kundschafter verkündigte eine zahlreiche, von Paris kommende Kolonne, und jeder fühlte, sich der Freuden und leichten Siege an den vorhergehenden Tagen erinnernd, der eine wie einen Gewissensbiß, der andre wie einen Schrecken in seinem Innern.
Unruhig und sich einander anschauend, nahmen die Soldaten langsam ihre Waffen. Trunkenen ähnlich atmeten die Offiziere, demoralisiert durch die sichtbare Unruhe der Soldaten und das Gemurre der Menge, mühsam die ganz mit Unglück beladene Luft, von der sie umgeben waren.
Die Gardes-du-corps, ungefähr dreihundert Mann, stiegen kalt und mit jenem Zögern zu Pferde, das den Mann des Schwertes erfaßt, wenn er begreift, er werde es mit Feinden zu thun haben, deren Angriff unbekannt ist.
Was war gegen Weiber zu thun, die drohend und mit Waffen abgegangen sind, aber durch Hunger und Müdigkeit entwaffnet ankommen, so daß sie nicht mehr imstande sind, den Arm aufzuheben!
Aufs Geratewohl stellen sie sich aber auf, ziehen ihre Säbel und warten.
Endlich erscheinen die Weiber; sie kommen auf zweiStraßen; auf der Hälfte des Weges hatten sie sich getrennt; die einen waren durch Saint-Cloud, die anderen durch Sevres gezogen.
Ehe man sich getrennt, hatte man acht Brote ausgeteilt: das war alles, was man in Sevres gefunden.
Zweiunddreißig Pfund Brot für siebentausend Personen.
Als sie nach Versailles kamen, konnten sie sich kaum fortschleppen; mehr als drei Viertel hatten ihre Waffen auf den Straßen umhergestreut. Maillard hatte das letzte Viertel bewogen, die seinigen in den ersten Häusern der Stadt zu lassen.
Als sie in die Stadt eintraten, sagte er:
Auf, damit man nicht bezweifelt, daß wir Freunde des Königtums sind, laßt uns singen: Vive Henri IV.!
Und mit einer ersterbenden Stimme, die kaum die Kraft hatte, Brot zu verlangen, sangen sie das königliche Lied.
Die Verwunderung war auch groß im Palaste, als man, statt der Schreie und Drohungen, Lieder hörte, als man besonders die schwankenden Sängerinnen -- der Hunger gleicht der Trunkenheit -- ihre abgezehrten, bleichen, beschmutzten, von Regen und Schweiß triefenden Gesichter an die vergoldeten Gitter anlehnen sah, -- Tausende von erschrecklichen Gestalten übereinander gestellt, dem erstaunten Auge die Anzahl der Gesichter durch die Zahl der Hände verdoppelnd, die sich krampfhaft an den Gitterstangen anhalten und bewegen.
Dann brach von Zeit zu Zeit aus dem Schoße dieser Gruppen trauriges Geheul hervor; aus der Mitte dieser mit dem Tode ringenden Gesichter sprangen Blitze.
Von Zeit zu Zeit lassen auch alle diese Hände das Gitter los, an dem sie sich fest halten, und strecken sich durch die Zwischenräume nach dem Schlosse aus.
In Erwartung Ludwigs XVI. läßt die Königin, voll Fieber und Entschlossenheit, die Verteidigung anordnen; allmählich haben sich die Höflinge, die Offiziere, die hohen Staatsbeamten um sie gruppiert.
Unter ihnen erblickte sie Herrn von Saint-Priest, Minister von Paris.
Sehen Sie, was die Leute wollen, mein Herr, sagte sie zu ihm.
Herr von Saint-Priest geht hinab, durchschreitet den Hof, tritt ans Gitter und fragt die Weiber:
Was wollt Ihr?
Brot! Brot! Brot! antworteten gleichzeitig tausend Stimmen.
Brot! entgegnete Herr von Saint-Priest heftig, als Ihr nur einen Herrn hattet, fehlte es Euch nicht an Brot. Jetzt, da Ihr zwölfhundert habt, seht, wie weit Ihr gekommen seid.
Und er zieht sich unter dem Geschrei der Ausgehungerten zurück und
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