Ange Pitou, Band 3
noch war nichts gefangen; aber Pitou zählte gewöhnlich nur auf den Wechsel am Morgen. Da er indessen seinen Kopf ein wenig beschwert fühlte, so beschloß er, nachseiner Wohnung zurückzukehren und am andern Vormittag wieder zu kommen.
Doch diesen Tag, der für ihn so leer an Ereignissen und Intriguen vorübergegangen, hatten die Bewohner des Fleckens damit zugebracht, daß sie nachgedacht, und Kombinationen gemacht.
Um die Mitte dieses Tages, den Pitou im Walde verträumte, hätte man können die Holzhauer sich auf ihre Aexte stützen, die Drescher mit ihren Flegeln in der Luft bleiben, die Tischler den Hobel auf dem glatten Brette anhalten sehen.
An allen diesen verlorenen Augenblicken war Pitou schuld. Pitou hatte die Uneinigkeit in den Geistern, die schon durch die verworrenen Gerüchte aufgeregt waren, vollends angefacht.
Und er, der Urheber dieser Unruhen, erinnerte sich ihrer nicht einmal mehr.
Doch in der Stunde, wo er nach seiner Wohnung zurückkehrte, erblickte er, obgleich es zehn Uhr geschlagen hatte, und zu dieser Stunde in der Regel nicht ein Licht mehr angezündet, nicht ein Auge mehr offen war, in der Umgebung seines Hauses einen ungewöhnlichen Auftritt. Es waren sitzende, stehende und gehende Gruppen.
Die Haltung jeder dieser Gruppen hatte eine ungewöhnliche Bedeutung.
Ohne zu wissen warum, stellte sich Pitou vor, diese Leute sprechen von ihm.
Und als er in die Straße kam, waren alle wie von einem elektrischen Schlage getroffen und zeigten sich ihn einander.
Was haben sie denn? fragte sich Pitou; ich habe doch meinen Helm nicht aufgesetzt!
Und er ging bescheiden in seine Wohnung hinein, nachdem er da und dort gegrüßt hatte.
Er hatte indessen die schlecht zusammengefügte Thüre des Hauses noch nicht geschlossen, als er an das Holz klopfen zu hören glaubte.
Pitou zündete kein Licht an, ehe er sich niederlegte; das Licht war ein zu großer Luxus für einen Menschen, der, daer nur eine ärmliche Lagerstätte besaß, sich im Bette nicht irren, und da er keine Bücher hatte, nicht lesen konnte.
Er war indessen sicher, daß man an seine Thüre klopfte.
Er hob die Klinke auf. Zwei junge Leute von Haramont traten vertraulich bei ihm ein.
Ah! Du hast kein Licht, Pitou, sagte der eine von ihnen.
Nein, antwortete Pitou, wozu?
Um hier zu sehen.
Oh! ich sehe in der Nacht: ich bin Tagblinder.
Und um dies zu beweisen, fügte er bei:
Guten Abend, Claude, guten Abend Desire.
Nun! sagten diese, da sind wir, Pitou.
Das ist ein angenehmer Besuch; was wollt Ihr von mir, meine Freunde?
Komm doch an die Helle, sagte Claude.
An die Helle von was? es scheint kein Mond.
An die Helle des Himmels.
Du hast also mit mir zu sprechen?
Ja, wir haben mit dir zu sprechen, Ange, erwiderte Claude, indem er einen bezeichnenden Nachdruck auf diese Worte legte.
Vorwärts, erwiderte Pitou.
Alle drei verließen das Haus.
Sie gingen so bis zum ersten Kreuzwege des Waldes, wo sie stehen blieben, ohne daß Ange Pitou wußte, was man von ihm wollte.
Nun? fragte Pitou, als er sah, daß seine Gefährten Halt machten.
Siehst du, Ange, sagte Claude, da sind wir, ich und Desire Maniquet, wir beide, die wir die Leute in der Gegend leiten, willst du mit uns sein?
Wozu? fragte Pitou, indem er sich hoch aufrichtete, um was zu thun?
Um eine Verschwörung zu machen, flüsterte ihm Claude ins Ohr.
Ah! ah! wie in Paris, versetzte Pitou kichernd.
Es ist nämlich eine Thatsache, daß er vor dem Wort und vor dem Echo des Wortes selbst mitten im Walde bange hatte.
Sprich, erkläre dich, sagte er.
Vernimm, wie sich die Sache verhält; nähere dich, Desire, du, der du von Natur Wildschütze bist und alle Geräusche des Tages und der Nacht, der Flur und des Waldes kennst, schau', ob man uns nicht gefolgt ist; horche, ob man uns nicht bespäht.
Desire nickte mit dem Kopf, beschrieb um Pitou und Claude einen Kreis, so leise als es der eines Wolfes ist, der sich um eine Schafherde dreht.
Dann kam er zurück und sagte: Sprich, wir sind allein.
Meine Kinder, sprach Claude, alle Gemeinden Frankreichs wollen, wie uns Pitou gesagt hat, unter den Waffen und auf dem Fuß von Nationalgarden sein.
Das ist wahr, versetzte Pitou.
Nun, warum sollte Haramont nicht unter Waffen sein, wie die andern Gemeinden?
Ei! Du hast es gestern gesagt, Claude, als ich den Antrag stellte, uns zu bewaffnen, erwiderte Pitou. Haramont ist nicht unter den Waffen, weil es keine Flinten hat.
Oh! die Flinten, das beunruhigt uns nicht, da du weißt,
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