Ange Pitou, Band 3
Marine-Flinten, Herr Abbé. Die guten Marine-Flinten, die ich oft unter dem Titel von Strafaufgaben putzen mußte, als ich die Ehre hatte, unter Ihren Gesetzen zu studieren.
Dum me Galatea tenebat ,
fügte Pitou mit einem anmutigen Lächeln bei.
Wahrhaftig! versetzte der Abbé, der bei dem Lächeln Pitous seine spärlichen Haare zu Berge stehen fühlte, wahrhaftig, meine Marine-Flinten?
Das heißt die einzigen von Ihren Waffen, die keinen geschichtlichen Wert haben und für einen andern Dienst empfänglich sind.
Ha! machte der Abbé, indem er die Hand an den Griff seiner Schulgeißel legte, wie der Kapitän die Hand an das Stichblatt seines Degens gelegt hätte; ha! nun offenbart sich der Verräter!
Herr Abbé, erwiderte Pitou, vom Tone der Drohung zu dem der Bitte übergehend, bewilligen Sie uns diese dreißig Marine-Flinten.
Zurück! rief der Abbé.
Und er that einen Schritt gegen Pitou.
Es wird Ihnen der Ruhm zu teil werden, sprach Pitou, der seinerseits auch einen Schritt rückwärts that, der Ruhm, zu der Befreiung des Vaterlandes von seinen Unterdrückern beigetragen zu haben.
Ich soll Waffen liefern gegen mich und die Meinigen! rief der Abbé; ich soll Flinten geben, mit denen man auf mich schießen wird!
Und er zog seine Schulgeißel aus seinem Gürtel.
Nie! nie!
Und er schwang seine Schulgeißel über seinem Haupte.
Herr Abbé, man wird Ihren Namen in die Zeitung des Herrn Prudhomme setzen.
Meinen Namen in die Zeitung des Herrn Prudhomme! rief der Abbé.
Mit ehrenvoller Erwähnung des Bürgersinns.
Eher den Pranger und die Galeeren!
Wie, Sie weigern sich? sagte Pitou beharrlich, aber mit weichem Tone.
Ich weigere mich und jage dich fort.
Und der Abbé wies mit dem Finger Pitou die Thüre.
Das wird aber eine schlimme Wirkung hervorbringen, versetzte Pitou, man wird Sie des Mangels an Bürgersinn, des Verrats beschuldigen, Herr Abbé, ich flehe Sie an, setzen Sie sich diesem nicht aus.
Mache aus mir einen Märtyrer, Narr, das ist alles, was ich verlange! rief mit flammendem Auge der Abbé, der viel mehr dem Scharfrichter, als dem armen Sünder glich.
Diesen Eindruck machte er auf Pitou, denn Pitou nahm wieder seinen Rückzug.
Herr Abbé, sagte er, wahrend er einen Schritt rückwärts machte, ich bin ein friedlicher Abgeordneter, ein Botschafter, der kam ...
Du kamst, um meine Waffensammlung zu plündern, wie deine Genossen das Invalidenhaus geplündert haben.
Was ihnen dort eine Menge Lobeserhebungen eingetragen hat, sagte Pitou.
Und was dir eine Tracht Geißelhiebe eintragen wird, erwiderte der Abbé.
Ah! Herr Fortier, rief Pitou, der in dem Instrument einen alten Bekannten wiedererblickte. Sie werden derart das Völkerrecht nicht verletzen wollen.
Das wirst du sehen, Elender, warte!
Herr Abbé, ich bin beschützt durch meinen Charakter als Botschafter.
Warte!
Herr Abbé!!! Herr Abbé!!! Herr Abbé!!!
Pitou war bis zur Thüre gelangt, die nach der Straße führte, und hatte seinem Gegner immer das Gesicht geboten; aber bis an diesen Winkel getrieben, mußte er entweder den Kampf annehmen oder fliehen.
Doch um zu fliehen, mußte er die Thüre öffnen, und um die Thüre zu öffnen, mußte er sich umwenden.
Indem er sich umwandte, bot aber Pitou den Streichen des Abbes den unbewehrten Teil seines Leibes, den er selbst durch einen Küraß nicht hinreichend beschützt fand.
Ah! Du willst meine Flinten, sagte der Abbé ... Du kommst um meine Flinten zu holen! ... du kommst und sagst: Ihre Flinten oder den Tod!
Herr Abbé, im Gegenteil, ich sage Ihnen nicht ein Wort von diesem ...
Nun, du weißt, wo meine Flinten sind; erwürge mich, um dich ihrer zu bemächtigen. Gehe über meinen Leichnam und nimm sie!
Dazu bin ich unfähig, Herr Abbé.
Und die Hand auf der Klinke, das Auge auf dem emporgehobenen Arm des Abbes, berechnete er nicht mehr die Zahl der im Arsenal des Abbes aufbewahrten Flinten, sondern die Zahl der an den Riemen seiner Schulgeißel schwebenden Streiche.
Sie wollen mir also Ihre Flinten nicht geben, Herr Abbé?
Nein, ich will sie dir nicht geben.
Sie wollen nicht?
Nein! nein! nein!
Nun! so behalten Sie Ihre Flinten! rief Pitou.
Und er wandte sich um und stürzte zu der Thüre hinaus.
Doch seine Bewegung war nicht so rasch, daß die lauernde Geißel nicht pfeifend niederfuhr und Pitous Lenden so kräftig traf, daß, so groß auch der Mut des Siegers der Bastille war, dieser sich eines Schmerzensschreis nicht erwehren konnte
Auf diesen Schrei kamen mehrere
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