Angel 01 - Die Engel
weich wie der Teint einer dieser Frauen, die im Fernsehen Antifaltencreme verkauften. Vielleicht war es ja gar kein Mann, sondern eine Frau in Männerkleidung? Oder ein Transsexueller? Aber irgendwie spürte Foxy, dass unter der weich wirkenden Oberfläche eine Härte lag, eine furchtbare physische Kraft, die ihn nicht glauben ließ, dass dies eine Frau sein könnte. Er konnte es nicht erklären, denn er hatte in seinem Job schon ein paar verdammt toughe Frauen getroffen, aber der hier wirkte einfach wie ein Mann.
Der Mann drehte sich um und sah Foxy für ein oder zwei Minuten an, mit trägem, desinteressiertem Blick, bevor er sich wieder abwandte und auf dieses Fenster konzentrierte. Plötzlich spürte Foxy, wie Angst in ihm aufstieg, als diese grauen Augen sich auf in richteten. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht, und den Cop in Foxy drängte es danach, den Typen anzusprechen und herauszufinden, was er so früh am Morgen hier wollte. Aber irgendein seltsames Gefühl hielt ihn zurück. Dieses Gefühl war wahrscheinlich Angst, auch wenn der Polizist sich das niemals eingestehen würde. Foxy war im Grunde froh, dass der Mann nicht versucht hatte, mit ihm zu reden. Foxy, der mit undefinierbaren Geschlechtern sowieso schon seine Schwierigkeiten hatte, hätte gezögert, bevor er diesen Mann wegen irgendetwas, egal was, zur Rede gestellt hätte. Doch die äußere Erscheinung des Mannes faszinierte ihn und fesselte sowohl seine Aufmerksamkeit als auch seine verdrängte Furcht. Er hatte hier die Art von Schönheit vor sich, die englische Dichter immer beschrieben hatten: die Art von gutem Aussehen, bei der sich die Männlichkeit in ihrem Schneckenhaus verkroch.
Der Mann machte ein paar Schritte nach vorne, so dass Foxy die Bewegungen der Gestalt im weißen Anzug studieren konnte. Wie er es bereits vermutet hatte, waren sie fließend und athletisch – der Körper eines Tänzers. Selbst durch den Stoff konnte er die kompakten Muskeln erkennen: glatt, sehnig, keine wulstigen Felsbrocken. Die Finger, die an der Mauer ruhten, direkt neben einem Graffiti, das verkündete RED SCORPIONS VOR!, waren lang, schlank und fast durchscheinend.
Wenn er sich bewegte, hatte er die Grazie eines Geparden. In dieser Bewegung lag eine Kraft, als würde in diesem Brustkorb ein starker Motor schnurren. Ein Motor der Anmut. Foxy lief es kalt den Rücken runter, denn er spürte etwas Wildes unter dieser ansprechenden Fassade, sobald er diesen Typen nur ansah.
Foxy starrte weiter zu ihm rüber und fragte sich, warum zur Hölle diese Tunte um halb drei Uhr morgens auf der Straße herumlungerte. Vielleicht beobachtete er ja seine eigene Wohnung. Vielleicht war gerade jemand da oben und beglückte seine Frau. Oder, was wahrscheinlicher war, seinen Freund. Vielleicht würde hier gleich ein Mord geschehen. Foxy versuchte, sich Sorgen zu machen, brachte aber nicht die nötige Energie auf, um sich damit zu belasten. Seine Energie war völlig auf das Ziel gerichtet, die Polizei zu verlassen und ein Restaurant zu eröffnen. Das war sein großer Traum. Er und Clem und ihr eigenes kleines Bistro. Foxy sah sich schon als Küchenchef. Er hatte letztes Jahr einen Kochkurs für Cordon bleu und andere Spezialitäten gemacht und seitdem immer fleißig geübt. Die Leute meinten, er sei echt gut; und man könne keinen Unterschied schmecken zwischen einem seiner Gerichte und einem aus dem Rannouf, dem französischen Restaurant an der Ecke Williams und Venus. Foxy wollte kein richtiges Restaurant haben, mit all dem Snobzeug, das zu so einem Laden gehörte. Er wollte ein schlichtes, einfaches Bistro haben. Einen Laden, wo er ein paar Can-Can-Poster aufhängen konnte, auf denen in aufgeblasenen Buchstaben » Moulin Rouge« stand, wie auf diesem Bild von dem französischen Maler mit den Wadenwärmern.
Der Mann an der Ecke ging zur Haustür und betrat das Gebäude.
Das Geschrei in den Wohnungen ging ungehindert weiter. Irgendwo auf dem Dach meldeten sich die Straßenkatzen und fügten dem Missklang ihre eigene Note hinzu. Es war ein absolutes Irrenhaus, aber völlig normal. Bald würde eine Polizeistreife vorbeifahren, die Uniformierten würden an der Mietskaserne hochschauen, den Kopf schütteln und weiterfahren, bevor sie angefunkt und in einen häuslichen Streit verwickelt würden. Dann waren sie schon sechs Blocks weiter, wenn der Funkspruch kam, und es bestand die Chance, dass das Theater vorbei war, wenn sie in der entsprechenden Wohnung ankamen. Jemand
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