Angel City Love (German Edition)

Rover, der ihr entgegenkam, gar nicht registrierte. Offensichtlich erging es den beiden Jungs nicht anders. Bis es zu spät war.
    Der Rover hupte laut, während er versuchte, den entgegenkommenden Fahrzeugen auszuweichen. Seine Scheinwerfer erfassten Maddy, kurz bevor sie die Ecke erreichte. Die Vorderreifen des Wagens holperten auf den Bürgersteig hoch – direkt dort, wo sie stocksteif und vor Panik wie gelähmt stand. Für den Bruchteil einer Sekunde sah sie ihr eigenes Spiegelbild in der Windschutzscheibe des Rovers, ihr Gesicht verzerrt zu einer Maske des Schreckens und Entsetzens. Dann wurde sie auch schon von der Wucht des Aufpralls zurückgeschleudert.
    Sie empfand kaum Schmerz, als ihre Knochen entzweibrachen und ihre inneren Organe getroffen wurden. Sie hörte noch nicht mal mehr, wie sie schrie, während der Range Rover ihren Körper gegen den Laternenpfahl drängte.
    Die Vorderseite des Fahrzeugs schwankte erst zur einen Seite, dann zur anderen, ehe es endlich zum Stillstand kam.
    Kurz danach war alles sonderbar friedlich und still. Maddys Gesicht ruhte auf der warmen Motorhaube des Rovers. Sie konnte spüren, wie ihr Körper sein Leben aufgab, und irgendwie hatte das etwas Erhabenes und Befreiendes an sich. Der Wind spielte mit ihren Haarspitzen und irgendwo aus weiter Ferne drang eine Stimme zu ihr. Es klang nach diesem Jungen, diesem Simon, doch sie schien sich von Sekunde zu Sekunde weiter zu entfernen. Die Welt wich vor ihr zurück. Maddy dachte an ihren Onkel Kevin, an Gwen und an Ethan. Während ihre Sicht sich immer mehr trübte, kam ihr Jackson in den Sinn. Die ersten Regentropfen eines herbstlichen Unwetters klatschten ihr auf die Wangen. Dann wurde alles schwarz um sie herum.

22

    Nachrichtenhubschrauber kreisten in der Luft und blickten mit ihren Teleskopaugen auf die Tausenden von Touristen und Fans hinab, die den Boulevard bevölkerten. Der Verkehr in der Innenstadt war zum Erliegen gekommen anlässlich des Events des Jahres in Angel City: der alljährlichen Approbationszeremonie und der Kundgabe der Schützlinge. Die Begeisterung war diesmal ins schier Unermessliche gesteigert, da es sich hierbei um das »Event des Jahrhunderts« handelte, wie viele es nannten: der Approbation von Jackson Godspeed.
    Die Vorbereitungen liefen schon seit den frühen Morgenstunden auf Hochtouren. Ganze Arbeitertrupps bauten reihenweise Tribünen auf, legten roten Teppich aus und stellten riesige Marmorstatuen von Göttlichen Ringen am Eingang zum Tempel der Engel auf. Teeniemädchen kampierten bereits seit Tagen an den Absperrungen und überall stand Sicherheitspersonal herum. Die Teams von A!, ANN und der Angels Weekly verlegten Kabel, stellten Kameras auf und überprüften ihre Satellitenübertragung. Sie alle würden live von der Veranstaltung berichten und es auf der ganzen Welt ausstrahlen.
    Als es allmählich dämmerte, ergriff eine allgemeine Aufregung Besitz von der ganzen Stadt – es war eine sonderbare Mischung aus feierlicher Vorfreude und Besorgnis. Die Medien würden nonstop berichten, abwechselnd von Jacksons Approbation und von den Engelmorden. Die Atmosphäre in den Cafés und Restaurants war aber trotz der schlimmen Nachrichten über das Verschwinden von Engeln gut. Die Approbation war immer einer der festlichen Höhepunkte des Jahres und der Skandal um die überraschenden Morde trug nur zur allgemeinen Aufregung bei. Viele Geschäfte im Zentrum von Angel City hatten früh geschlossen, sodass in den Ladentüren hastig hingekritzelte Schilder hingen, auf denen stand: »Wegen Approbationsfeierlichkeit geschlossen«. Als der Schatten, den der Angel-City-Schriftzug warf, schließlich länger wurde, war die Menge um den Tempel der Engel herum kaum mehr zu bändigen. Man trampelte mit den Füßen, stimmte Sprechgesänge an und hielt Schilder hoch mit Aufschriften wie: WÄHLE MICH! und RETTE MICH, JACKSON! Kurz darauf waren die Nachrichtenhelikopter eingetroffen, begierig darauf, alles aus jedem erdenklichen Winkel einzufangen, was mit der Story des Jahrzehnts, wenn nicht gar des Jahrhunderts zu tun hatte.
    Tara Reeves sah in ihrem tief ausgeschnittenen silbernen Kleid umwerfend aus, während sie von der exklusiven Bühne von A! gleich am Anfang des roten Teppichs aus das Publikum auf das Kommende einstimmte.
    »Die Fans belagern den Tempel der Engel, der rote Teppich ist ausgerollt, und die Kameras sind bereit für den Moment, auf den wir alle so sehnsüchtig gewartet haben. Ja, es ist so weit: