Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)
sämtliche Haare zu Berge stehen. Meine Haut knistert förmlich.
Matt.
Matt
Ich bleibe unsichtbar, halte mich auf Abstand zu Frannies Gruppe und sehe mich um. Wohin ich auch schaue, überall sind eng umschlungene Pärchen zugange. Alles ziemlich harmlos, ehrlich – im Augenblick ist keine Seele in Gefahr. Doch als ich über die Menge blicke, taucht aus dem Nichts Lilis Gesicht vor meinem geistigen Auge auf. Das ist mir in den letzten zwei Tagen oft passiert, und jedes Mal, wenn ich an sie denke, durchfährt mich ein elektrischer Stoß wie neulich, als sie in ihrer Wohnung durch mich hindurchgegangen ist. Ich bin ihr erst zweimal begegnet, und sie weiß nicht einmal, dass es mich gibt. Aber sie hat so etwas an sich, was es mir schwermacht, sie zu vergessen.
Ich lass mich in einem alten Ahorn am Rand des Gartens nieder und beobachte meine Umgebung. Immer wenn ein Paar sich berührt oder küsst, muss ich daran denken, wie es wäre, Lili so zu berühren oder zu küssen. Ich schließe die Augen und male mir aus, wie sich ihre Haut anfühlen mag, wie Lili wohl riecht, schmeckt. Ich zittere und schlage mit dem Hinterkopf heftig gegen den Stamm.
Konzentrier dich!
Ich öffne die Augen. Frannie unterhält sich mit der Leadsängerin der Band, und Luc steht am Bierfass. Er reicht einer Blonden, die ihm immer mehr auf die Pelle rückt, einen Becher. Sie lächelt ihn mit schimmernden roten Lippen an und holt ein rosarotes Zettelchen aus der Handtasche. Er schiebt es in seine Tasche, bevor er sich einen leeren Becher schnappt und weiterzapft.
Man stelle sich vor, meine Schwester verknallt sich in einen Dämon, der von sämtlichen Mädels angebetet wird. Dass er ihr das Herz bricht, ist nur eine Frage der Zeit. Mir soll’s recht sein. Je schneller sie ihn durchschaut, desto eher schickt sie ihn in die Wüste. Vielleicht kann ich dafür sorgen, dass sie das Zettelchen findet …
Ich lasse den Blick wieder über die Kids schweifen, die reden und lachen und im Schatten der Bäume knutschen.
Und schon ist Lili wieder da, in meinem Kopf. Ich will sie verdrängen, doch sie bleibt. Also lasse ich meiner Phantasie freien Lauf. Lili drängt sich an mich, bis ich sie auf eine Weise begehre, wie ich sie eigentlich nicht begehren sollte. Aber in der Phantasie kann ich sie haben. Ich umarme Lili, und als sie mir das Gesicht entgegenreckt, küsse ich sie. Meine Hände wandern über ihren warmen Körper, meine Sinne kribbeln, als ihre Hände mich erkunden. Das Verlangen nach ihr wird immer stärker und schlägt in eine schwindelerregende Woge der Verzweiflung um.
Das Schwirren meines sechsten Sinns fühlt sich an wie ein Elektroschock. Augenblicklich merke ich, dass das Prickeln in meiner Phantasie nicht nur von Lilis Händen stammt. Die Dämon-Warnung ertönt schon eine ganze Weile.
Ich habe mich ablenken lassen.
Ich versuche gar nicht erst herauszufinden, woher die Warnung kommt. Und ich erspare mir auch die Selbstvorwürfe wegen des Schnitzers. Im Nu bin ich auf der anderen Seite des Gartens und stelle Frannie unter meinen Schutz.
Sie weicht keuchend ein paar Schritte von ihren Freunden zurück. «Ich muss los», sagt sie und dreht sich um, um Luc zu suchen. Er bahnt sich mit zwei Bechern in der Hand den Weg durch die Menge.
«Die Truppe deines Freundes ist hier», flüstere ich Frannie ins Ohr.
«Wo?» Ihr Blick schießt hektisch umher.
«Ich weiß nicht genau, aber es sind definitiv mehrere. Nichts wie weg hier!» Ich will ihr einen kleinen Schubs versetzen, aber sie ist schon losgestürmt.
Sie läuft Luc entgegen. «Matt sagt, wir müssen gehen», murmelt sie und blickt sich immer noch suchend um.
Luc lässt die Becher fallen und nimmt ihre Hand. Wir laufen zum Wagen zurück. Wir treten auf die Straße, da entdecke ich drei Paar rote Augen, die aus dem dunklen Wald spähen. Der riesige rothaarige Dämon aus Ricco’s tritt aus dem Schatten und beobachtet uns. Obwohl er keine Anstalten macht, uns aufzuhalten, durchfährt mich sein Blick wie ein Blitz.
Frannie geht in Abwehrhaltung, bereit zuzuschlagen, aber Luc zieht sie im Laufschritt zum Auto.
Der Dämon lächelt drohend. Obwohl ich unsichtbar bin, weiß er, dass ich hier bin – genau wie ich gewusst hätte, dass er hier ist, wenn ich mich konzentriert hätte. Zwei andere Dämonen – kleiner, aber ebenso muskulös – treten aus dem Schatten. Ich bewege mich rückwärts zu Lucs Wagen.
Was zum Teufel geht hier vor? Sind sie hinter Frannie her?
Frannie und Luc
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