Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)
nicht? Lügner.»
«Ich hab nichts dergleichen gesagt.» Er reibt sich die Schulter und streicht mit den Händen über meine Hüften. Ein Zittern durchfährt mich. «Es wundert mich nur, dass du ihnen eine Gratisvorstellung geben willst.»
Matt
Ich schwöre bei Gott, ich hätte den Dämon beinahe mit einem Blitz niedergestreckt, als er sich Frannie packte. Der Judo-Unterricht war ihre Idee. Jetzt, da der Dämon «verwundbar» ist, fand sie, solle er lernen, sich zu verteidigen. Aber das «Judo» artet immer in etwas aus, was eher nach Ringkampf aussieht, allerdings begleitet von Küssen und wildem Gekicher.
Und nun benehmen sie sich vollkommen daneben. Ihr Verstand setzt aus, wenn sie mit ihm zusammen ist.
Immer noch unsichtbar und bemüht, den Blick von der öffentlichen Zurschaustellung abzuwenden, schleiche ich mich zu ihnen und stupse Frannie mit dem Knie an der Schulter. «Ins Haus mit euch, Schwester.»
Sie springt auf, beugt sich in Verteidigungshaltung über den Dämon und wirft wilde Blicke um sich.
Ich trete unwillkürlich einen Schritt zurück. «Reiß dich zusammen! Ich bin’s doch nur.»
Mit einem finsteren Blick richtet sie sich auf und hält Luc, der noch im Gras liegt, die Hand hin. Er nimmt sie, und Frannie zieht ihn hoch. Mit geröteten Wangen fährt sie zu mir herum. «Musst du mir überall folgen?»
«Ja!», erklärt der Dämon, bevor ich den Mund aufmachen kann.
Ich starre wütend in seine Richtung, auch wenn er mich nicht sehen kann.
«Fast überall», korrigiere ich ihn. «Abgesehen davon, kannst du’s nicht auf dem Rasen vor dem Haus treiben … aus mehr Gründen, als ich an zehn Fingern aufzählen kann.»
«Halt’s Maul!» Sie blickt mürrisch in die Richtung, aus der meine Stimme kommt. «Wir haben’s nicht ‹getrieben›. Ich habe ihm nur eine Lektion erteilt.»
Der lausige Dämon tritt hinter sie und legt ihr eine Hand auf die Schulter. «Gehen wir.» Er zieht sie mit einem Blick in meine Richtung auf den Bürgersteig.
Sie atmet seufzend aus. «Ja.»
Sie nehmen die Straße hinauf zum Park, und ich latsche hinter ihnen her. Die Dämmerung hat sich herabgesenkt und alles in Gold- und Rosatöne gefärbt. Ich betrachte die Schatten unter den Weiden, wo Frannie und ihr Dämon sich auf eine Bank setzen. Er legt ihr den Arm um die Schultern, und ich gehe hinter ihnen im Kreis – bewusst außer Hörweite –, während sie sich leise unterhalten.
Es gibt Gebote für Schutzengel. Das erste Gebot lautet, dass wir uns nicht in das Leben unserer Schützlinge einmischen dürfen. Sie müssen die Freiheit haben, eigene Entscheidungen zu treffen. Das zweite Gebot besagt, dass wir nicht in ihre Privatsphäre eindringen dürfen – oder in die von anderen.
Luc ist jetzt ein Mensch, sodass dieses Gebot sich – leider – auch auf ihn bezieht.
Aber ich kann nicht anders, mein Pflichtgefühl ist einfach stärker als ihr Bedürfnis nach Privatsphäre. Ich schlendere ein wenig näher und lehne mich an die mit Schnitzereien überzogene Rinde einer Weide in der Nähe ihrer Bank.
«Such dir einen aus und konzentrier dich!», sagt Luc leise.
Ich folge ihrem Blick, der auf eine Gruppe von Jungen im Skatepark gerichtet ist.
«Worauf soll ich mich konzentrieren? Wozu soll ich ihn denn bringen?»
Luc lächelt breit. «Tja, wenn ich sagen würde: ‹Bring ihn dazu, in Zungen zu reden›, würde Matt mich vermutlich mit einem Blitz niederstrecken. Wie wär’s also, wenn du ihn dazu brächtest, seinen Kumpeln etwas Nettes zu sagen?» Er zeigt auf einen Jungen. «Der in dem orangefarbenen T-Shirt scheint ein besonders gehässiger Zeitgenosse zu sein. Schau mal, ob du bei ihm was ausrichten kannst.»
Sie rückt ein Stück von Luc ab, stützt die Ellbogen auf die Knie und runzelt konzentriert die Stirn.
Ich beobachte den Jungen. Er dreht eine Runde durch die Halfpipe, schliddert über die Kante und legt vor einem kleineren Jungen, der Mühe hat, sich auf dem Skateboard zu halten, einen Kickturn hin. Für eine Sekunde sieht es so aus, als fahre er um den Kleinen herum. Aber im nächsten Moment schrammt er an ihm vorbei und stößt ihn mit der Schulter vom Skateboard. Der Junge landet auf dem Hintern, und der in dem orangefarbenen T-Shirt hält einem Dritten, der seinen Weg kreuzt, die Hand zum Fauststoß hin.
Frannie lehnt sich stöhnend zurück. «Verdammt, ich kann das einfach nicht.»
Luc will sie wieder in den Arm nehmen, doch Frannie schiebt ihn weg. «Ich glaube, ich stecke in einem
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