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Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)

Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Angel Eyes. Im Bann der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Desrochers
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auf das Kissen. «Das wäre hilfreich.»
    Ich rücke von ihm ab. «Dann solltest du vielleicht nicht so viel Zeit in meinem Bett verbringen.»
    Er kichert. Das Mondlicht fällt auf sein Gesicht. Er scheint zu glühen. Vielleicht glüht er tatsächlich. Wer weiß? «Aber es gefällt mir hier.»
    Bei der Vorstellung, er könne gehen, trifft mich eine so gigantische Woge der Verzweiflung, dass ich kaum Luft bekomme. «Gut. Dann bleib.»
    «Für immer.» Er legt den Finger auf meine Augenlider und schließt sie sanft. «Schlaf jetzt!» Doch selbst in der Geborgenheit seiner Arme dauert es lange, bis ich tatsächlich einschlafe.

    Das Klingeln des Telefons auf meinem Nachttisch weckt mich. Vom Display grinst mich Riley an.
    «Ich hol dich in einer Stunde ab», sagt sie, als ich das Handy ans Ohr halte.
    «Wozu?»
    «Du kommst mit mir in die Stadt. Ich habe Orientierungstag am College. Ich war mit Taylor verabredet, aber …»
    «Sie hat das Treffen abgeblasen?» Der Mut verlässt mich. Sie hat sich so aufs College gefreut. Wenn ihr nicht mal mehr daran etwas liegt …
    Sie zögert, und ich höre ein Seufzen. «Sie bläst alles ab. Also, kommst du jetzt mit?»
    «Oh, Ry, mir ist eigentlich nicht danach.»
    «Du musst mal aus dem Haus, und ich will da nicht allein hin.»
    «Was ist mit Trevor?»
    «Der unternimmt was mit seiner Familie», sagt sie nach einer Pause.
    «Mit der Familie?» Ich ziehe mich im Bett hoch und bohre einen Finger ins Laken. «Auch mit Taylor?»
    Wieder zögert sie. «Eigentlich mehr für Taylor. So eine Art Intervention. Sie haben sich an den Berater gewandt, bei dem sie waren, nachdem ihr Vater … Du weißt schon.»
    Die Familie hat viel durchgemacht: erst der Selbstmordversuch ihres Vaters und jetzt das. Doch allein der Gedanke, dass Taylor Hilfe findet, hebt meine Stimmung. Wenn sie zur Besinnung kommt, macht sie vielleicht einen großen Bogen um Marc, und ich kann ihr helfen.
    «Hast du sie gesehen?»
    «Nur ein, zwei Mal. Sie ist so gut wie nie zu Hause.»
    «Wie sieht sie aus?»
    Diesmal höre ich ein Schniefen, bevor sie zögerlich sagt: «Schlecht. Richtig schlecht.» Sie schnieft noch einmal und räuspert sich. «Dann hole ich dich in einer Stunde ab.»
Luc
    Der kahle Angestellte lehnt sich auf seinem Stuhl zurück, die Füße auf dem vollgepackten Schreibtisch hinter der Rezeption, einen Comic vor der Nase.
    In der anderen Hand hält er einen Big Mac, von dem ihm Soße auf sein fleckiges Hemd tropft. Ich stehe eine ganze Minute unbeachtet vor dem Tresen, bevor ich mich räuspere.
    Er löst den Blick von dem Comic. «Auschecken?»
    Ich knalle ihm ein Bündel Banknoten hin. «Zimmer sechs. Noch eine Woche.»
    Er steht auf, und als ich mich abwende, sehe ich aus dem Augenwinkel, dass er das Geld in die Hosentasche steckt.
    Sobald ich draußen bin, spaziere ich ziellos umher, eine anonyme Gestalt inmitten von Berufstätigen und Touristen. Ich bin seit drei Wochen hier, und es ist das erste Mal, dass ich Lust habe, weiter zu gehen als zum Lebensmittelladen auf der anderen Straßenseite. Die meiste Zeit habe ich zitternd auf der steinharten Matratze meines muffigen Hotelzimmers gelegen und an die Decke gestarrt. Ich habe mich gefühlt wie ein Junkie auf Entzug, der gegen das Bedürfnis kämpft, nach Haden zurückzukehren. Zu Frannie – meiner Droge.
    Aber ich kann nicht zurück. Es war eine Lüge – eine schöne Illusion. Sosehr ich es mir wünsche, ich kann doch nicht sein, was sie braucht.
    Wenigstens scheint mein Schutzschild noch intakt zu sein. Das letzte Mal, als ich Rhenanian gesehen habe, hat er in seinem Lincoln vor der Bibliothek gesessen. Das war vor drei Wochen, kurz bevor ich Mavis mein Kündigungsschreiben überreicht und mich durch die Hintertür hinausgeschlichen habe. An dem Tag nach …
    Bei der Erinnerung krampft sich mein Magen schmerzhaft zusammen.
    Doch Gabriel ist wieder da. Ich bin abgehauen, sobald ich mich davon überzeugt hatte. Frannie ist in Sicherheit, und solange sie sich an Gabriel hält und einen weiten Bogen um mich macht, wird das auch so bleiben. Wenn es eine Gewissheit gibt, dann die, dass er sie besser beschützt als Matt.
    Ich bewege mich in diesem feuchten Sommer wie in einem Nebel durch die Menschen, die Bostons Straßen bevölkern. Ich weiß nicht genau, wohin ich gehe, und eigentlich ist es mir auch egal. Ich konzentriere mich ganz auf meinen Plan. Ich kann mich Frannie nicht nähern, aber helfen kann ich ihr trotzdem. Wenn Gabriel auf Frannie

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