Angélique - Die junge Marquise - Golon, A: Angélique - Die junge Marquise - Angélique 01. Marquise des Anges
Begleiter der Fässer aus Bordeaux mit der berittenen, von Monsieur d’Andijos angeführten Gruppe
aus dem Languedoc zusammengetroffen. Weitschweifig und unter schwungvollen Gesten übernahm dieser das Wort und berichtete, dass sie gleich an der Anlegestelle von Niort ein Lager gemietet hätten, welches von einem angemessen entlohnten und ebenfalls mit etwas Wein bedachten Wächter beaufsichtigt wurde, um dort einen Teil der Fässer unterzubringen. Aus diesem Lager würde der Baron de Sancé das ganze nächste Jahr hindurch seine Vorräte an fürstlichen Weinen auffüllen können, um in ihrer tröstenden Gesellschaft die nötige Kraft und den Mut zu schöpfen, die ihm helfen sollten, die Trauer über den Verlust seiner Tochter zu ertragen, die in ein fernes Land entführt worden sei.
So hatte es der Graf de Peyrac beschlossen, denn er war darauf bedacht, seinem zukünftigen Schwiegervater in dieser schweren Zeit beizustehen, und kannte kein besseres Heilmittel gegen den Kummer als ein paar anständige Zechgelage mit einem ausgezeichneten Wein. Und nachdem sie selbst nun die Braut gesehen und verstanden hatten, wie groß das Opfer war, das man von den Ihren verlangte, freuten sie sich ganz besonders, dass die sinnreichen Vorkehrungen von Monsieur de Peyrac es ihnen erlaubten, diese Familie in den tröstlichen Händen des Gottes Bacchus zurückzulassen!
Trunken von seinen Worten, noch bevor sie es von der Wirkung des Rebensafts waren, kosteten die Bewohner von Schloss Monteloup eher skeptisch die verschiedenen ihnen angekündigten Weine.
Doch schon bald wurden Denis und die drei Jüngsten zu ausgelassen. Der berauschende Duft stieg allen zu Kopf. Angélique sah, wie ihr Vater lachte und das aus der Mode gekommene Wams öffnete, ohne sich um seine verschlissene Wäsche zu kümmern. Und auch die Herren aus dem Süden hakten bereits ihre kurzen, ärmellosen Westen auf. Einer von ihnen nahm die Perücke ab, um sich die Stirn abzuwischen. Die
ganze Gesellschaft versammelte sich im großen Saal. Auf der Decke, die Angélique und Pulchérie notdürftig über den Tisch gebreitet hatten, blitzten mit einem Mal prächtige große Gläser, die von geschickten Händen flink aus großen, mit Stroh gefüllten Truhen hervorgezaubert worden waren. Der darin eingeschenkte und immer wieder nachgeschenkte Wein schillerte wie erlesenste Kostbarkeiten: Gold, Rubin und warmer Bernstein.
»Trinkt! Trinkt!«, drängten Stimmen.
Angélique ließ Kuchen und kleine Pasteten auftragen, die sie am Vortag zusammen mit ihrer Tante gebacken hatte. Sie sah, wie ihre Gäste sich freudig darauf stürzten. So sehr um das Wohl der kostbaren Weine besorgt, die sie der zukünftigen Braut mitbringen sollten, hatten sie, nachdem sie im Morgengrauen in Niort aufgebrochen waren, offensichtlich ganz vergessen, sich unterwegs zu stärken.
Und ununterbrochen wurden neue Truhen hereingetragen, die von den erstaunlichsten Dingen überquollen. Für die Kinder gab es Beutel mit gläsernen Murmeln, Federhüte, mit kleinen Glöckchen geschmücktes Zaumzeug für ihre Lieblingspferde und ein herrliches Schwert mit damaszierter Scheide und einem Wehrgehänge aus kostbarem Leder und blauen Satinbändern für Denis, der es hingerissen in die Hand nahm und so feierlich vor sich hielt, als wäre es eine Wachskerze.
Unter galanten Worten legte der herzliche Andijos mehrreihige Ketten um den fetten Nacken von Tante Jeanne und den knochigen Hals der guten Pulchérie. Diese bestanden, wie er verkündete, aus Pyrenäengestein, malvenfarben schillerndem Kristall und kostbaren Granaten. Als sich Tante Jeanne in dem Spiegel, den ihr ein Page vors Gesicht hielt, so edel geschmückt sah wie die Regentin höchstpersönlich, konnte sie ein Lächeln nicht unterdrücken.
Inmitten dieser Flut von Geschenken, die sich die Familie
de Sancé in ihren kühnsten Träumen niemals auszumalen gewagt hätte, verhinderte die Traurigkeit, die sich in Angéliques Herz zusammenballte wie ein Nebel, dass das junge Mädchen an der allgemeinen Begeisterung teilnahm. Doch sie hatte es mit einem starken Gegner zu tun. Jemand hob ein Glas an ihre Lippen, und das Vergessen übermannte sie. Um sie herum veränderte sich Monteloup.
In der Küche bewirtete Fantine Lozier mit einer dicken Suppe, Aufschnitt und Wildbret das »Gesinde«, wie sie leicht verächtlich sagte, aber schon bald brach sich angesichts der lautstarken Herzlichkeit der Fremden ihr eigenes mitteilsames Naturell Bahn.
Von einem der
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