Angélique - Hochzeit wider Willen
geschmolzen war, fachten die Männer das Feuer noch weiter an, und das Blei begann zu rauchen.
Auf ein Zeichen des alten Fritz hin tauchte ein Knabe mit einem Blasebalg auf, dessen Ende mit einem Stück Rohr aus Schamottstein verstärkt war. Er setzte diese Spitze an den Rand des Schmelztiegels und begann, kühle Luft über die dunkelrote Oberfläche des flüssigen Bleis zu blasen.
Plötzlich hellte sich unter einem pfeifenden Geräusch die Stelle, an der die Luft auf das geschmolzene Metall traf, auf und breitete sich aus. Der helle Fleck leuchtete greller und schlug in strahlendes Weiß um, das sich über das gesamte Metall ausbreitete.
Eilig entfernten die jungen Helfer die grelle Glut unter dem Schmelztiegel. Auch die großen Blasebälge wurden angehalten.
Der Vorgang der Kupellierung vollzog sich dann von ganz allein: Das brodelnde Metall schillerte und glitzerte. Von Zeit zu Zeit schien sich ein trüber Schleier darüberzulegen, der dann zerriss und dunkle Flecke hinterließ, die auf der Oberfläche der von innen leuchtenden Flüssigkeit tanzten. Wenn eine dieser treibenden Inseln den Rand des Beckens berührte, wurde sie wie durch Zauberkraft von den Knochen, die es begrenzten, aufgesogen, und jedes Mal wirkte die Oberfläche klarer und leuchtender als zuvor.
Gleichzeitig schrumpfte der Metallspiegel zusehends zusammen, bis er nur noch die Ausmaße eines größeren Pfannkuchens hatte, verdunkelte sich und blitzte dann grell auf. In
diesem Moment sah Angélique ganz deutlich, dass das verbliebene Metall heftig erzitterte, um dann zu erstarren und sich zu verdunkeln.
»Dies ist das Phänomen des Aufblitzens, wie es bei der Beschreibung des Vorgangs der Kupellierung erläutert wird«, meinte Bernalli. »Aber ich bin sehr froh, einem metallurgischen Vorgang beigewohnt zu haben, den ich bisher nur aus Büchern kannte.«
Der Alchemist sagte kein Wort. Sein Blick wirkte abwesend und leer.
Währenddessen packte Fritz den Klumpen mit einer Zange, tauchte ihn in Wasser und zeigte ihn dann goldglänzend seinem Herrn.
»Pures Gold«, murmelte der alchemistische Mönch ehrfurchtsvoll.
»Vollständig rein ist es jedoch nicht«, warf Peyrac ein. »Ansonsten hätten wir das Phänomen des Aufblitzens nicht erlebt, das auf eine Beimischung von Silber hinweist.«
»Ich wäre neugierig darauf, ob dieses Gold Salpetersäure oder Salzsäure widersteht.«
»Selbstverständlich, denn es ist echtes Gold!«
Nachdem der Kirchenmann sich von seiner Aufregung erholt hatte, erbat er sich eine kleine Probe dieses Erzeugnisses, um es seinem Wohltäter, dem Erzbischof, vorzulegen.
»Bringt ihm ruhig diesen ganzen Brocken rohen Goldes aus dem Schoß unserer Berge«, sagte der Graf de Peyrac. »Erklärt ihm aber unmissverständlich, dass dieses Gold aus Gestein stammt, in dem es bereits enthalten war, und dass es an ihm ist, auf seinen Ländereien Lagerstätten davon zu entdecken, die ihn reich machen werden.«
Sorgfältig wickelte Conan Bécher den kostbaren Klumpen, der mindestens zwei Pfund wog, in ein Tuch und erwiderte nichts.
Auf ihrer Heimreise begab sich ein anscheinend unbedeutender Zwischenfall, der jedoch später eine gewisse Rolle im Leben Angéliques und ihres Gatten spielen sollte.
Am zweiten Reisetag begann auf halber Strecke nach Toulouse der Braune, den Angélique ritt, zu lahmen, nachdem er sich auf der Straße einen scharfen Stein eingetreten hatte. Ein Pferd zum Wechseln führten sie nicht mit, daher nahm Angélique Zuflucht in der Kutsche, in der bereits Bernalli, der ein schlechter Reiter war, saß. Als Angélique ihn nach dem kurzen Ritt so vollständig erschöpft sah, bewunderte sie ihn umso mehr dafür, dass er solche langen Reisen unternahm, um einen Stoßheber zu betrachten oder mit jemandem über die Schwerkraft zu diskutieren. Außerdem war der Italiener, der aus mehreren Ländern verbannt war, arm und reiste ohne Diener und auf gemieteten Pferden. Obwohl der Wagen heftig schwankte, war er begeistert über den, wie er sagte, »bemerkenswerten Komfort«; und als Angélique ihn lachend um ein kleines Plätzchen ersuchte, zog er verwirrt seine Beine an, die er auf der Sitzbank ausgestreckt hatte.
Der Graf und Bernard d’Andijos ritten einige Zeit neben der Kutsche her, doch dann wurde die Straße schmaler, und sie mussten in einiger Entfernung folgen, da der Wagen, dem zwei Diener vorausritten, viel Staub aufwirbelte.
Immer enger und kurvenreicher wurde der Weg. Als
Weitere Kostenlose Bücher