Angélique - Hochzeit wider Willen
Million Livres, die das Languedoc jährlich an Steuern aufbringt, mit einem Viertel beteiligt bin? Dies zur Kenntnis der viertausendfünfhundert Edelmänner und elftausend Bürgerlichen, die unsere Provinz zählt.«
Doch der Parlamentspräsident hatte von dem Ganzen nur eine Sache gehört.
»Durch Handel erworben!«, rief er empört aus. »Dann stimmt es also, dass Ihr Handel treibt!«
»Ich treibe Handel, und ich stelle Waren her. Und ich bin stolz darauf, denn es ist nicht meine Art, beim König die Hand aufzuhalten.«
»Oh, Ihr spielt den Herablassenden, Monsieur de Peyrac! Doch vergesst nicht, dass es das Bürgertum und der neu geschaffene Amtsadel sind, welche die Zukunft und die Kraft des Königreichs ausmachen.«
»Ich bin entzückt«, erwiderte der Graf, der seinen spöttischen Ton wiedergefunden hatte, ironisch. »Dann möge aber der neue Adel auch seine Lektion lernen und so höflich sein, beiseitezugehen und diese Kutsche vorbeizulassen, in der Madame de Peyrac ungeduldig wartet.«
Doch der frisch gebackene Baron stampfte eigensinnig in den Staub und den Pferdemist.
»Ich habe nicht den geringsten Grund, Euch den Vortritt zu lassen. Noch einmal, mein Adel ist ebenso viel wert wie der Eure.«
»Aber ich bin vermögender als Ihr, Ihr fetter Geldsack«, brüllte Joffrey. »Und da für die Bürgerlichen nur das Geld zählt, geht beiseite, Monsieur Massenau, und lasst den Reichtum vorüber.«
Er trieb sein Pferd an und sprengte zwischen den Bediensteten des Staatsbeamten hindurch. Dieser hatte gerade noch Zeit, sich zur Seite zu werfen, um nicht von dem Wagen mit dem Wappen des Grafen überrollt zu werden. Der Kutscher hatte auf ein Zeichen seines Herrn gewartet und war nur allzu glücklich, über die dahergelaufenen Dienstboten eines Bürgerlichen zu obsiegen.
Im Vorbeifahren erblickte Angélique kurz das puterrot gewordene Gesicht des Sieur de Massenau, der seinen bekränzten Stock schwenkte.
»Ich werde einen Bericht schreiben!«, kreischte er. »Ich werde zwei Berichte schreiben! Monsieur d’Orléans, der Gouverneur des Languedoc, wird davon hören... und der Ministerrat des Königs ebenfalls!«
Zum Ausgleich für diesen unangenehmen Zwischenfall auf ihrer Heimreise aus der Montagne Noire schenkte Joffrey de Peyrac Angélique und auch sich selbst das, was sie beide sich ersehnten: eine Zeit der Zurückgezogenheit von der gewohnten Anspannung und Aufregung. Würde die Welt, die eifersüchtig auf seine Forschungen und seine Reichtümer schielte, sie in Ruhe lassen?
Es war wie ein Moment des Schweigens, der Stille zwischen zwei Schlachten. Zwischen sich und ihrer Umgebung hatten sie eine Distanz geschaffen, durch die sie endlich allein auf der Welt waren. Sie sprachen über alles, was sie während der kurzen Jahre ihrer Ehe gemeinsam erlebt hatten.
Nach dem langen Zweikampf, den sie einander geliefert hatten, standen sie jetzt verblüfft, überrascht und staunend davor, dass sie gegen alle Erwartung schließlich doch aufeinander zugegangen waren, sich getroffen und zueinandergefunden hatten. Die Etappen, die Einzelheiten und Nuancen dieser langsamen Annäherung kamen ihnen wieder ins Gedächtnis, und sie wurden es nicht müde, immer wieder ihre Qualen und ihre hellen Momente heraufzubeschwören, die Augenblicke, in denen der eine oder der andere zutiefst niedergeschlagen oder voller Hoffnung gewesen war.
An vielen Abenden, wenn sie in dem Lustschlösschen an der Garonne auf dem Ruhebett auf der Terrasse lagen, kam es vor, dass sie davon sprachen, wie der Troubadour unter Angéliques Balkon gesungen hatte.
Angélique konnte immer noch nicht fassen, wie sie sich derart hatte narren lassen. Die bescheidene Kleidung des fahrenden Sängers hatte sie getäuscht.
»Wie hätte ich denn einen solchen Betrug ahnen können? Mir waren seine groben, schmutzigen Schuhe aufgefallen, seine
Kleider aus billigem Serge. Ihr, Joffrey, seid dagegen so elegant …«
»Ich musste in der Tat besondere Sorgfalt auf meine Verkleidung verwenden, denn ich misstraute Eurem scharfen Blick, dem nichts entgeht, weil Ihr so begierig seid, alles aufzunehmen, alles zu verstehen... Es hat mir durchaus nicht missfallen, dass Ihr lieber dem Zauber einer Melodie und dem Charme eines Sängers aus einfachen Verhältnissen erliegen wolltet.«
»Was habt Ihr Euch nur von diesem überaus schlechten Scherz erwartet?«
»Genau das, was auch geschehen ist! Euch näherzukommen und Euch einen Kuss zu
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