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Angélique - Hochzeit wider Willen

Titel: Angélique - Hochzeit wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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die den Auftrag hatten, sie zu »beseitigen«. Doch da er von edler Gesinnung war und seiner Tat eine gewisse Eleganz verleihen wollte, gewährte er ihr die Gnade, sich unter drei Todesarten diejenige auszuwählen, die sie vorziehe: durch das Eisen, das heißt den Dolch, durch Gift oder noch brutaler und geräuschvoller, aber endgültig, durch die Pistole. Er hatte seine zarte Rücksichtnahme sogar so weit getrieben, dass er den Mördern einen Priester mitschickte, um dem Opfer die Beichte abzunehmen und ihm in den letzten Augenblicken seines Lebens Trost zu spenden.
     
    »Und wofür hat sie sich entschieden?«
    »Anscheinend für den Dolch, denn man fand sie von zahlreichen Messerstichen durchbohrt in einiger Entfernung am Wege.«

    »Dann hat sie also fliehen wollen...«
    »Wer wird in ihrem Namen Klage erheben?«
    »Und bei welchem Gericht, dem in Toulouse oder dem in Paris?«
     
    Daraufhin kam es zu einer hitzigen Debatte darüber, ob es vorteilhafter sei, sich an die Justiz des Königs zu wenden. Andere meinten, Madame de Lanzac solle eher auf das geschriebene, römische Recht bauen, das durch den launischen Grenzverlauf noch in einigen Enklaven in der Provinz Auvergne galt.
     
    »Aber nicht ich bin ermordet worden«, protestierte die junge Frau. »Möge Gott mir ein so entsetzliches Erlebnis ersparen!«
    »Dennoch ist es gut, dass Ihr, nachdem Ihr von dem Schicksal Eurer Nachbarin erfahren habt, Euer trauriges Schloss in der Auvergne verlassen habt, um bei uns in Toulouse Zuflucht zu suchen.«
     
    Giralda de Lanzac war ebenfalls dieser Meinung. Sie gestand, dass sie tatsächlich kein Auge mehr hatte zutun können, wenn sie in der Einsamkeit ihrer Festung die Eulen rufen hörte. Einst, im finsteren Mittelalter, hatten diese dicken Mauern dazu gedient, die Schlossherren vor Angriffen durch Straßenräuber zu schützen. Heute dagegen beförderten sie die finsteren Pläne eifersüchtiger und habgieriger Ehemänner, die genau wussten, dass im Umkreis von Meilen niemand die Schreie ihrer unglücklichen Ehefrauen hören konnte.
    Nun hagelte es zahlreiche boshafte und ein wenig zynische Bemerkungen darüber, dass es anscheinend der Daseinszweck der Provinz Auvergne sei, den Hintergrund für Dramen und Verbrechen abzugeben, von denen eines entsetzlicher als das andere war. Zudem blieben sie oft lange Zeit unerkannt und daher ungeahndet, was noch dadurch begünstigt wurde, dass
die Fantasie der Bevölkerung zu Übertreibungen neigte und man sich über die Tatsachen nie gewiss sein konnte. Durch den Schatten der schwarzen, erloschenen Vulkane, in dem die Menschen lebten, neigten sie dazu, auch die unbedeutendsten Gerüchte auf makabere Weise auszulegen.
    »Jedenfalls hat die Auvergne einen schlechten Ruf«, warf jemand ein. »Erinnert Euch doch, wie vor dreißig Jahren ein einziges Mal die Generalstände einberufen wurden. Zehn hochgestellte Adlige mussten den Kopf auf den Henkersblock legen, zur Strafe für die Misshandlungen und Morde, deren sie sich auf ihren Gütern schuldig gemacht hatten!«
    »Wo befindet sich denn Euer Gatte?«, wollte man von Giralda de Lanzac wissen.
    »Bei der Armee in Flandern, genau wie Monsieur de Couange.«
    »Dann hoffen wir nur, dass die beiden einander nicht begegnen und sich finstere Ratschläge geben!«
     
    Bei dem angenehmen Lärmen, unter dem die Teller aufgetragen und die Weine eingeschenkt wurden, und den exquisiten Düften der Gerichte, denen ein ausgezeichneter Koch seine ganze Aufmerksamkeit gewidmet hatte, nahm die traurige Begebenheit die Leichtigkeit einer bedeutungslosen Anekdote an; makaber, aber unterhaltsam.
    Da konnte Angélique ihr angeblich gutes, ja sogar sehr gutes Gedächtnis anstrengen, wie sie wollte, sie konnte sich nicht darauf besinnen, dass unter den »Schemata« der Nonnen jemals ein Muster für eine so weltgewandte, komplizierte Konversation voller derart exzentrischer und grausamer Themen gewesen wäre. Am besten, sie dachte nicht allzu viel nach und ließ sich treiben.
    Und da der Graf empfohlen hatte, den berauschendsten Wein zuletzt zu genießen, trank sie begierig von dem frischen,
perlenden Getränk, dessen Bläschen in dem höchsten der Gläser tanzten, dem von der Form einer kaum geöffneten Krokusblüte. Einer von Alfonsos Helfern beugte sich über ihre Schulter und teilte ihr halblaut mit, gleich würden auf der Terrasse die Desserts gereicht.
    Instinktiv warf Angélique einen Blick zu der Silhouette, die sich im Gegenlicht abzeichnete, und

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