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Angélique - Hochzeit wider Willen

Titel: Angélique - Hochzeit wider Willen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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den Tisch die Pagen und Mundschenke kamen und gingen, sprach man zunächst von dem wichtigen, aber zugleich unmöglichen Unterfangen, einen passenden Wein für das Verkosten von Trüffeln auszuwählen. Das seltene Gericht mit dem subtilen Geschmack und seinem ebenso flüchtigen wie durchdringenden und unvergesslichen Duft und seiner Finesse passte nicht recht zu einem zu groben, zu provozierenden Getränk... Aber halt! Verlangte der dichte und wohlduftende Brodem der gedämpften Périgord-Trüffeln, die er seinen Gästen servieren lassen würde, nicht eher nach einer Verschmelzung mit den kräftigen Aromen eines edlen Gewächses? War das nicht besser, als Gefahr zu laufen, durch eine zu zaghafte Auswahl den Charakter dieses Gerichts zu verwässern?
    Schon wieder Trüffeln!, sagte sich Angélique, die nach einem ersten Glas Wein bereits etwas benommen war.

    »Ah! Hatte ich es Euch nicht gesagt?«, flüsterte Bernard d’Andijos. »Erinnert Ihr Euch? Bei Eurer Hochzeit – unserer Hochzeit – in Eurem ländlichen Poitou habt Ihr dieses raffinierte Gericht verschmäht. Aber dieses Mal werdet Ihr davon essen!«
     
    Einige Gäste taten ihre Meinung kund, um sich dann den Entscheidungen des Hausherrn zu beugen.
    Als er erklärte, welchen Wein er bevorzuge, erhob sich ein zufriedenes Stimmengemurmel wie ein Windhauch über einem heiteren Meer. Zustimmung und Kommentare voller Zuneigung, Ehrerbietung und Begeisterung folgten, da es sich um einen Wein aus dem Roussillon handelte, einem befreundeten Nachbarland, der es an Qualität mit den unumgänglichen, unvergleichlichen, aber anmaßenden Weinen aus der Gascogne und dem Burgund aufnehmen konnte. Er stammte aus einem kleinen, schmalen Weinbaugebiet hoch über dem schimmernden, blauen Meer, nicht weit von Port-Vendres gelegen, dem alten »Hafen der Venus«, in den sich die Galeeren vor dem ungestümen kalten Fallwind, der »tramontane« geflüchtet hatten.
    Er nannte seinen Namen: Banyuls!
    Es handelte sich um einen starken, samtigen Süßwein – »Ein überragender Wein!«, flüsterte man. Und zu diesem »Schmorgericht« musste er beinahe lauwarm und aus dem ersten, einfachsten Glas getrunken werden, denn dieser Wein hatte es nicht nötig, auch nur den winzigsten Teil seines göttlichen Aromas einzusperren, in dem Kennernasen Brombeere und Cassis-Blätter erahnen konnten.
     
    Einer der Gäste in Angéliques Nähe, Berenguer de Mallorca, zeigte sich angesichts dieser Wahl besonders begeistert.
    »Er stammt aus meiner Heimat Katalonien. Ich bin Katalane.«

    »Vergebt mir meine Unwissenheit, Monsieur«, erwiderte sie freundlich, »aber... was ist ein Katalane?«
    »Weder ein Franzose noch ein Spanier«, antwortete er.
     
    Die Tischnachbarn hießen ihn schweigen, denn die Verkostung des ersten Gangs erforderte eine gewisse Andacht. Die Trüffeln waren im Ganzen in dem Wein selbst gegart.
    Für die folgenden Gerichte, Fisch, Geflügel und Fleisch, wurden zwei Weißweine angekündigt, deren einer so blass war wie das Licht eines Sommertags, wenn die Sonne im Zenit steht und kurz hinter Wolken verschwindet; und der andere wies eine so dunkle Farbe auf, dass man ihn in seiner Heimatregion »gelben Wein« nannte; doch dies war das Gelb puren Goldes. Beide musste man aus zwei höheren Gläsern trinken, die lang und schlank waren und sich nach oben hin kaum verjüngten. Dem Roten dagegen, der zum Fleisch gereicht wurde, war das kürzeste, rundeste und geschlossenste unter diesen Wunderwerken aus Glas vorbehalten. Gefertigt wurden sie von genialen Künstlern, die mit dem Schwert an ihrer Seite arbeiteten; denn der Beruf des Glasbläsers war dem Adel vorbehalten. Schließlich empfahl der Graf de Peyrac ihnen noch, den perlenden Wein, den man ihnen bringen werde, erst ganz zuletzt zu trinken, denn dies sei ein Wein aus der Champagne, und man müsse ihm die Ehre angedeihen lassen, nach ihm keinen anderen mehr zu kosten. Er wurde aus Gläsern in Form einer Flöte getrunken.
    Völlig versunken betrachtete Angélique die vor ihr aufmarschierten Gläser, fasziniert von der Persönlichkeit, die jedes davon darstellte.
    Verschieden und ähnlich zugleich erhoben sich ihre Kelche auf hohen, zerbrechlich wirkenden Stielen und schienen sich in ihrer luftigen Transparenz aufzublähen, zu erblühen und Form anzunehmen, um die Farbe und die verborgene Kraft, den Geschmack
und den Duft jedes Weins, den der Mundschenk eingoss, besser einzufangen und zu umschließen. Im Verlauf des Mahls sollte ihr

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