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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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verlegen zurück.
    »Angélique! Was ist nur in Euch gefahren? Ihr seid ja wie von Sinnen! Und ich wollte mit Euch über ernste Angelegenheiten sprechen…«
     
    Dort, wo sich seine Finger um das Handgelenk der jungen Frau geschlossen hatten, spürte sie ein Brennen. Nun, da er sich aufgewühlt über sie beugte, erfasste sie erneut das Gefühl von früher. Audigers Lippen waren wirklich schön, seine Haut war straff und kühl, und seine Hände waren weiß. Es wäre angenehm, ihn zum Liebhaber zu nehmen. Bei ihm würde sie kraftvolle, gesunde Umarmungen finden, fast wie bei einem Ehemann, und sich von ihrem Leben erholen können, das ansonsten nur aus Kampf und Arbeit bestand. Danach würden sie friedlich nebeneinander liegen und über die Zukunft ihres Schokoladengeschäfts plaudern.
    »Hört doch«, flüsterte sie, »hört doch die Mühle von Javel. Ihr Lied will es anders. In ihrem Schatten spricht man nicht von ernsten Dingen, das ist verboten… Hört doch, schaut, der Himmel ist blau. Und Ihr, Ihr seid schön; und ich … ich …«
    Weiter wagte sie nicht zu gehen, aber sie sah ihn aus ihren leuchtenden grünen Augen kühn an. Ihre halb geöffneten, ein wenig feuchten Lippen, ihre glühenden Augen und das rasche Heben und Senken ihrer Brüste, das Audiger im Ausschnitt ihres breiten Spitzenkragens sah, drückten es deutlicher als Worte aus. Ich begehre Euch …
    Er rückte auf sie zu; doch dann stand er hastig auf und blieb einen Moment lang, den Rücken ihr zugewandt, stehen.
    »Nein«, erklärte er schließlich bestimmt, »mit Euch will ich das so nicht haben. Sicher, es ist schon vorgekommen, dass ich mit Soldatendirnen oder Dienstmädchen ins Heu
gegangen bin. Aber nicht mit Euch! Ihr seid die Frau, die ich erwählt habe. Mein sollt Ihr werden in unserer Hochzeitsnacht, die von einem Priester gesegnet ist. Ich habe mit meinem Gewissen gerungen und es so beschlossen, denn ich will die Frau achten, die ich mir zur Gattin und zur Mutter meiner Kinder erwähle. Und ich habe Euch gewählt, Angélique, fast im selben Moment, als ich Euch zum ersten Mal gesehen habe. Ich wollte eigentlich heute um Euch anhalten. Aber jetzt habt Ihr mich mit Euren Wunderlichkeiten verwirrt. Ich möchte gern glauben, dass dies in Wahrheit nicht Euer Wesen ist. Sollte der Ruf einer tugendsamen Witwe, den Ihr genießt, etwa übertrieben sein?«
     
    Lässig schüttelte Angélique den Kopf. Sie kaute auf einer Blume herum, betrachtete den jungen Mann aus halb geschlossenen Augen und versuchte, sich ein Leben als rechtmäßige Ehefrau des Haushofmeisters Audiger vorzustellen. Eine brave kleine Bürgersfrau würde sie sein, und die feinen Damen würden sie auf dem Cours-la-Reine herablassend grüßen, wenn sie dort in einer bescheidenen Mietkutsche mit olivgrünem Verdeck spazieren fuhr, an der eine von einer Schnur umrahmte Zahl prangte, mit einem braun gekleideten Kutscher und einem kleinen Lakaien.
    Wenn Audiger alterte, würde er einen Bauch und ein gerötetes Gesicht bekommen; und wenn er seinen Kindern oder seinen Freunden zum hundertsten Mal die Geschichte von den Erbsen Seiner Majestät erzählte, würde sie den Wunsch verspüren, ihn umzubringen …
     
    »Ich habe mit Meister Bourjus über Euch gesprochen«, ließ sich Audiger erneut vernehmen. »Er hat mir nicht verschwiegen, dass Euer Lebenswandel zwar beispielhaft ist und Ihr bei der Arbeit kräftig zupackt, es Euch aber an
Frömmigkeit gebricht. Ihr hört gerade einmal am Sonntag die Messe, und zur Abendmesse geht Ihr gar nicht. Dabei ist doch die Frömmigkeit eine vollkommen weibliche Tugend und die Gewähr für ein gutes Benehmen.«
    »Ja und? Ich finde, man kann nicht fromm und vernünftig zugleich sein, gläubig und logisch.«
    »Was sagt Ihr da, mein armes Kind? Seid Ihr etwa solchen Ketzereien anheimgefallen? Die katholische Religion …«
    »Ach, ich bitte Euch«, rief sie in plötzlichem Zorn aus, »erzählt mir nichts von Religion. Die Menschen haben alles verdorben, was sie angerührt haben. Gott hat ihnen das Heiligste geschenkt, den Glauben, und sie haben daraus eine Mischung aus Krieg, Heuchelei und Blut gemacht, angesichts derer ich mich am liebsten übergeben würde. Ich glaube, dass Gott zumindest in einer jungen Frau, die an einem Sommertag gern geküsst werden möchte, das Werk seiner Schöpfung erkennen würde, denn Er selbst hat sie ja so geschaffen.«
    »Ihr redet irre, Angélique! Es ist Zeit, dass man Euch aus der Gesellschaft dieser Freigeister

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