Angélique - In den Gassen von Paris
wie alles, was Angélique tat, vollkommen zu der veränderten Gästeschar, die sich von der Wirtin und den neuartigen Speisen und Getränken angezogen fühlte und unter der es nur hieß: Gehen wir in die Taverne zur Roten Maske …
Angélique hatte genaue Vorstellungen von dem neuen Schild. Sie wollte kein schmiedeeisernes Symbol mehr, das knarrend über die Straße hinausragte und Wind und Regen ausgesetzt war, sondern ein Bild, ein richtiges, von einem Künstler gemaltes Bild, das an einer diskreteren Stelle über der Tür und unter dem Vordach hängen würde, aber die Blicke durch seine Darstellung und die lebhaften Farben anzog. Darauf würde eine rote Maske vor einem Hintergrund zu sehen sein, der an eine Pariser Straße erinnerte, in der die Lichter der Bratküchen in der blauen Abenddämmerung leuchteten und die für jedermann als die Rue de la Vallée-de-Misère zu erkennen war.
Um einen Maler aufzutreiben, der für sie ein solches Werk anfertigen konnte, sah sich Angélique auf dem Pont-Neuf um.
Sie wusste, dass sie nicht einfach eine Bestellung bei einem der überaus talentierten Maler aufgeben konnte, um die sich alle rissen, die ihre Porträts in ihren neu errichteten Stadthäusern und Schlössern aufhängen wollten. Die meisten dieser Künstler, ebenso wie diejenigen, die in den unteren Galerien des Louvre logierten, standen entweder unter dem Schutz eines Mäzens oder des Königs oder eines anderen Mitglieds seiner Familie. Diesen Beschützern schuldeten sie ihre Zeit und ihre Kunstfertigkeit. Es kam höchstens vor, dass sie sich bei anderen Liebhabern ihrer Kunst verdingten, wenn diese Summen zahlen konnten, die sowohl für den Künstler als auch für den Mäzen interessant waren.
Die ganze Truppe genialer Künstler, die Nicolas Fouquet, der berühmte Generalprokurator des Parlaments und Superintendant der Finanzen, der heute im Gefängnis saß, in seinen Dienst geholt hatte, um seine Anwesen, Parks, Festungen und sogar Küchen auszuschmücken, diente jetzt dem König und Monsieur Colbert, dem Minister im Staatsrat. Eigentlich war er derjenige, der Nicolas Fouquet besiegt hatte.
Fouquet! Dieser Name, der sie einst wie ein Messer, wie ein Todesbote durchfahren hatte, rief heute keine Gefühle mehr in ihr hervor. Es hieß, er sei im Gefängnis, aber all das war gleichzeitig mit der Schlacht auf dem Jahrmarkt von Saint-Germain und der Verfolgung der Gaunerzunft, zu der sie gehört hatte, geschehen. Angélique schüttelte den Kopf. Das bunte Treiben auf dem Pont-Neuf bewies zur Genüge, dass das alles lange zurücklag
Sie wusste genau, was sie inmitten dieses ganzen Wirrwarrs suchte. Sie hielt Ausschau nach der Ausstellung der
Maler der kleinen Kunstakademie von Saint-Luc, die auf dem Pont-Neuf sehr beliebt war. Von dort stammte der Großteil der bunten Plakate der Quacksalber, die das Publikum auf ihre außerordentlichen Vorstellungen hinwiesen, oder die der kleinen Händler, die für ihre Waren warben.
Sicher, an den Verkaufsständen und auf den Gehwegen wurde eine Vielzahl schlechter Bilder angeboten. Die etablierten Akademien hatten nur Verachtung für die oft ausgezeichneten Künstler dieser bescheidenen und wohltätigen Bruderschaft übrig, die die Waisen, Familien und die Arbeit von Künstlern und Handwerkern finanziell unterstützte, da der Beruf des Malers sehr schlecht angesehen und wenig einträglich war, obwohl die Maler gesucht und für das Publikum, das die Straßen von Paris bevölkerte, offenbar notwendig waren. Da die Maler der Saint-Luc-Akademie sich nicht bekanntmachen konnten, indem sie an den gerade modischen Orten ausstellten – den Salons der mondänen Gesellschaft –, hatten sie das Recht erlangt, jedes Jahr am Morgen des Fronleichnamstags, der damals Corpus-Christi-Tag genannt wurde, ihre Werke unter den Zeltdächern, die aus diesem Anlass vor den Häusern am Place Dauphine aufgestellt waren, und an dem dort aufgebauten Altar zu zeigen.
Angélique schlenderte vergnügt auf dem Pont-Neuf umher, der noch dichter bevölkert war als sonst. Sie war überzeugt davon, hier zu finden, was sie wollte.
Mit einem Mal riss sie verblüfft und staunend die Augen auf.
Sie hatte ein Gemälde entdeckt, auf dem ein alter, weißbärtiger Soldat Wein aus seinem Helm trank. Neben sich hatte er seine Pike abgestellt, deren blanker Stahl blitzte.
»Aber das ist ja der alte Guillaume!«, rief sie aus.
Sie stürzte in den Laden, wo ihr der Besitzer erklärte, das Schild sei für
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