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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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entfernt, deren Reden Ihr Euch fälschlicherweise anhört. Wahrhaftig, ich glaube, Ihr braucht nicht nur einen Beschützer, sondern einen Mann, der Euch ein wenig zähmt und Euch auf Euren Platz als Frau verweist. Bei Eurem Onkel und seinem Kretin von einem Neffen, die Euch beide anbeten, meint Ihr, Euch alles erlauben zu können. Ihr seid viel zu verwöhnt, man sollte Euch ein wenig härter anpacken …«
    »Ach ja?«, gab Angélique zurück.
     
    Gähnend streckte sie sich aus.
    Dieses Gespräch hatte ihr Begehren gründlich erstickt. Sie lag bequem im Heu, wobei sie verstohlen ihren langen
Rock ein wenig hochzog, damit ihre zarten, mit Seidenstrümpfen bekleideten Knöchel sichtbar wurden.
    »Euer eigener Schaden«, meinte sie.
    Fünf Minuten später schlief sie. Mit klopfendem Herzen sah Audiger auf ihren entspannten Körper hinunter und sagte sich all seine Wunderwerke, die er auswendig kannte, auf wie eine Litanei: eine Engelsstirn, ein schelmischer Mund, eine schöne Oberweite. Angélique war nur mittelgroß, aber so wohlproportioniert, dass sie hochgewachsen wirkte. Zum ersten Mal sah er ihre Knöchel, die ahnen ließen, dass sie in wohlgeformte Beine übergingen.
     
    Audiger, dem der Schweiß auf der Stirn stand, beschloss, sich zu entfernen, um vor der Versuchung zu fliehen, der er sonst gewiss erlegen wäre.
    Angélique träumte, sie führe mit einem Heukahn übers Meer. Eine Hand streichelte sie, und jemand sagte zu ihr: »Weine nicht mehr.«
    Sie erwachte und stellte fest, dass sie allein war. Aber die Sonne, die am Horizont unterging, umfing sie noch mit ihrer Wärme.
    Audiger, dieser Schwachkopf, ist schuld daran, dass ich mich jetzt mit der Sonne im Heu wälzen kann, sagte sie sich seufzend.
    Eine große Mattigkeit überkam sie, und sie strich sich über die mit goldenem Flaum bedeckten Arme.
    Deine Schultern sind wie zwei Elfenbeinkuppeln, und deine Brüste sind wie geschaffen für die Hand eines Mannes …
    Was wohl aus diesem merkwürdigen schwarzen Vogel geworden war, dem Mann aus dem Heukahn? Er hatte so träumerische und plötzlich spöttische Worte gesprochen und sie lange geküsst. Vielleicht lebte er ja gar nicht mehr…
    Sie stand auf, schüttelte die Halme von ihrem Kleid und ging zurück in die Mühlenherberge zu Audiger. Mürrisch bat sie ihn, sie nach Paris zurückzubringen.

DRITTER TEIL
Die Taverne zur Roten Maske

Kapitel 18
    A udiger hatte Angélique verärgert, ja, um die Wahrheit zu sagen, sogar verletzt. Sie machte sich heftige Vorwürfe und hielt sich vor, dass sie sich durch eine gewisse Bequemlichkeit und ihre Freude am Leben und an der Unterhaltung in diese unangenehme Lage gebracht hatte. War diesem arroganten Audiger denn nicht klar, dass sich gerade alles veränderte und verwandelte und dass sie nicht nur dabei war, diese Neuheit, die Schokolade, einzuführen, sondern dass auch ihre Gastwirtschaft einen enormen Aufschwung genommen hatte? Jetzt kam es darauf an, einen neuen Namen für das Lokal zu finden.
    Im Lauf von Tagen und Wochen waren mehr und mehr Gäste in den Kecken Hahn gekommen, um sie, Angélique, zu sehen. Als sie eines Tages den Marquis de Lauzun und einige Höflinge erblickt hatte, bekam sie es mit der Angst zu tun. Um nicht erkannt zu werden, hatte sie an diesem Abend die rote Maske aufgesetzt, die sie eines Nachts am Seine-Ufer bei dem toten Italiener gefunden hatte.
     
    Man hatte ihre Laune mit Beifall quittiert, und einer der Edelmänner hatte sogar die smaragdgrünen Augen in ihrem purpurroten Rahmen in Versen besungen. Wenn sie von da an fürchtete, einem bekannten Gesicht zu begegnen, maskierte sie sich, und die Gäste gewöhnten sich an, von der »Taverne zur Roten Maske« zu sprechen.

    In ihrem Zorn auf Audiger und sich selbst beschloss Angélique, dass es Zeit für die große Veränderung war, von der sie schon lange träumte.
    Für den Anfang musste das Schild des Kecken Hahn ersetzt werden. Es war alt und verrostet, und das Keckste daran war noch der Umriss des Hahns.
     
    Das Schild hatte seinen Dienst getan, und selbst Meister Bourjus erhob keinerlei sentimentale Einwände, als sie ihm mitteilte, was sie vorhatte.
    Er war klug und mit Geschmack gesegnet, daher begriff er, dass sein alter, schmiedeeiserner Hahn, der knarrte und völlig verzogen war, sodass es unmöglich war, ihn nach einer stürmischen Nacht wieder zurechtzubiegen, nicht mehr zu dem Aufschwung passte, den seine Bratstube genommen hatte. Dieses wagemutige Unternehmen passte, so

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