Angélique - In den Gassen von Paris
sich durch seinen Besuch hochgeehrt fühlte, das Menü für ihr Mittagsmahl zusammenzustellen.
Im Gastraum, wo noch andere Paare saßen, herrschte ein freundliches Halbdunkel. Je weiter sich die Weißweinkrüge leerten, umso freizügiger wurde der Umgang. Das gurrende Lachen der Damen ließ vermuten, dass die Herren gewagte Liebkosungen ausprobierten. Angélique trank, um ihre Nervosität zu vertreiben, und ihre Wangen wurden glühend heiß.
Audiger erzählte von seinen Reisen und seinem Beruf. Er arbeitete sein Leben ab wie eine Liste und ersparte ihr kein Datum und keinen Achsenbruch.
»Wie Ihr seht, meine Teure, ruht meine Existenz auf einem soliden Fundament, sodass ich in Zukunft keine Überraschungen befürchten muss. Meine Eltern…«
»Oh, gehen wir doch nach draußen«, bat Angélique und legte ihren Löffel weg.
»Aber dort ist es drückend heiß!«
»Draußen geht wenigstens ein Wind… und außerdem braucht man dort nicht diese vielen Leute zu sehen, die sich küssen«, fügte sie halblaut hinzu.
Angesichts des grellen Sonnenscheins protestierte Audiger. Ihr würde übel werden, und den Teint würde sie sich auch
noch verderben. Er setzte ihr seinen breitkrempigen Hut mit den weißen und gelben Federn auf.
»Gott, wie hübsch Ihr seid, meine Kleine!«, rief er aus, genau wie am ersten Tag.
Doch als sie ein paar Schritte weiter auf einem kleinen Pfad am Seine-Ufer entlanggingen, fuhr er mit seinem Bericht über seine Laufbahn fort. Wenn der Schokoladenausschank erst auf den Weg gebracht sei, so erklärte er, würde er ein bedeutendes Buch über den Beruf des herrschaftlichen Kochs schreiben, das alles enthalten werde, was Pagen und Köche wissen müssten, um ihre Kunst zu vervollkommnen.
»Der Haushofmeister, der dieses Buch liest, wird lernen, wie man einen Tisch deckt und das Geschirr anordnet. Desgleichen wird der Mundschenk mehreren Illustrationen entnehmen können, wie er die Tischwäsche zu falten hat, und außerdem die Kunst, alle Arten von Süßigkeiten, trockene wie feuchte, herzustellen, und alle möglichen Pastillen und andere Köstlichkeiten, die für jedermann von Nutzen sind. Der Haushofmeister wird sehen, dass er bei Tisch eine weiße Serviette zu nehmen, längs zu falten und über seine Schulter zu legen hat. Ich werde ihn deutlich darauf hinweisen, dass die Serviette das Sinnbild seiner Macht und ihr besonderes, offensichtliches Zeichen ist. So bin ich nun einmal. Ich kann mit dem Schwert an der Seite servieren, mit dem Mantel auf den Schultern oder dem Hut auf dem Kopf, aber die Serviette muss immer genauso liegen, wie ich es erklärt habe.«
Angélique lachte spöttisch auf.
»Und wenn Ihr Euch der Liebe widmet, wohin legt Ihr sie dann, Eure Serviette?«
Doch als sie die empörte, verblüffte Miene des jungen Mannes sah, entschuldigte sie sich sogleich.
»Verzeiht mir. Weißwein macht mich immer ein wenig albern. Aber andererseits – habt Ihr mich eigentlich auf Knien angefleht, mit Euch zur Mühle von Javel zu kommen, um über die Platzierung Eurer Servietten zu dozieren?«
»Macht Euch nicht über mich lustig, Angélique. Ich erzähle Euch von meinen Plänen, meiner Zukunft. Und das hat mit der Absicht zu tun, in der ich Euch gebeten habe, heute allein mit mir auszugehen. Wisst Ihr noch, was ich an dem Tag unserer ersten Begegnung zu Euch gesagt habe? ›Heiratet mich.‹ Damals war das halb scherzhaft gemeint. Aber seither habe ich lange nachgedacht und begriffen, dass Ihr wahrhaftig die Frau seid, die …«
»Oh!«, rief sie, »da sehe ich ein paar Heuschober. Rasch, dort haben wir es angenehmer als in der prallen Sonne.«
Sie hielt seinen großen Hut fest, rannte los und warf sich atemlos in das warme Heu. Der junge Mann machte gute Miene zum bösen Spiel, holte sie lachend ein und setzte sich neben sie.
»Kleine Närrin! Wirklich, Ihr bringt mich immer durcheinander. Gerade glaube ich, mit einer gewieften Geschäftsfrau zu reden, da benehmt Ihr Euch wie ein Schmetterling, der von Blüte zu Blüte flattert.«
»Ach, einmal ist keinmal. Seid nett, Audiger, und nehmt Eure Perücke ab. Mir wird schon warm, wenn ich dieses dicke Fell auf Eurem Kopf nur sehe, und ich möchte gern Euer echtes Haar streicheln.«
Kurz zuckte er zurück, doch nach einer Weile nahm er seine Perücke ab und fuhr sich erleichtert mit den Fingern durch sein braunes Haar.
»Jetzt bin ich an der Reihe«, meinte Angélique und streckte die Hand aus.
Doch er hielt sie
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