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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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überwölbten Passage, die durch die Festung des Châtelet führte und die Rue Saint-Denis mit dem Pont au Change verband.
    Menschen kamen und gingen. Angélique begriff, dass sie frei war. Hals über Kopf rannte sie los.
     
    »Psst! Marquise der Engel! Achtung, geh nicht weiter.«
    Angélique näherte sich der Tour de Nesle, als die Stimme der Polackin sie innehalten ließ.
    Sie drehte sich um und entdeckte die junge Frau, die sich im Schatten eines Portals verbarg und sie heranwinkte. Sie trat zu ihr.
    »Ach, mein armes Kind«, seufzte die Polackin, »da hat man uns schön hereingelegt. Was für eine Geschichte. Zum Glück ist Beau-Garçon eben gekommen. Er hat sich von einem der ›Brüder‹ eine Tonsur scheren lassen und der Polizei erzählt, er sei Priester. Während man ihn vom Châtelet in das Gefängnis des erzbischöflichen Palasts überführen wollte, ist er dann getürmt.«
    »Warum soll ich denn nicht in die Tour de Nesle gehen?«
    »Verflixt! Weil Rodogone und seine ganze Bande sich dort eingenistet haben.«
     
    Angélique erbleichte.
    »Du hättest sehen sollen, wie sie uns hinausgeworfen haben«, berichtete die Polackin. »Wir hatten nicht einmal Zeit, unsere Kleider mitzunehmen! Aber ich habe trotzdem deine Schatulle und deinen Affen gerettet. Sie sind in der Ruhe du Val-d’Amour, in einem Haus, in dem Beau-Garçon Freunde hat und seine Mädchen unterbringt.«
    »Und meine Kinder?«, verlangte Angélique zu wissen.
    »Niemand hat eine Ahnung, was aus Calembredaine geworden ist«, plapperte die Polackin weiter. »Gefangen, gehenkt …? Ich habe auch gehört, er sei in die Seine gesprungen. Vielleicht konnte er ja aufs Land fliehen …«
    »Calembredaine ist mir herzlich egal«, stieß Angélique durch zusammengebissene Zähne hervor.
    Sie hatte die Frau bei den Schultern gepackt und grub ihr die Fingernägel in die Haut.
    »Wo sind meine Kinder?«
    Aus ihren schwarzen Augen sah die Polackin sie ein wenig unsicher an und schlug dann die Lider nieder.
    »Ich habe das nicht gewollt, ganz bestimmt nicht … Aber die anderen waren stärker …«
    »Wo sind sie?«, fragte Angélique noch einmal mit tonloser Stimme.
    »Jean-Pourri hat sie mitgenommen… zusammen mit allen Kindern, die er finden konnte.«
    »Er hat sie mitgenommen… nach Faubourg Saint-Denis?«
    »Ja. Das heißt, Florimond hat er mitgenommen. Cantor nicht. Er meinte, er sei zu wohlgenährt, um ihn an die Bettler zu vermieten.«

    »Und was hat er mit ihm angestellt?«
    »Er… er hat ihn verkauft… Ja, um dreißig Sous … an Zigeuner, die ein Kind brauchten, um es zum Akrobaten auszubilden.«
    »Wo sind diese Zigeuner jetzt?«
    »Woher soll ich das wissen«, rief die Polackin und machte sich ärgerlich los. »Fahr deine Krallen ein, mein Kätzchen, sonst tust du mir noch weh … Was soll ich dir sagen? Es waren eben Zigeuner. Sie sind fortgezogen. Die nächtliche Prügelei hat sie vergrätzt, und sie haben Paris verlassen.«
    »In welche Richtung sind sie gezogen?«
    »Sie sind vor knapp zwei Stunden gesehen worden, als sie zur Porte Sainte-Antoine unterwegs waren. Ich habe mich dann lieber hier herumgedrückt, weil ich mir schon dachte, dass du zurückkommen würdest. Du bist schließlich eine Mutter! Und die Mütter tun alles für ihre Kinder …«
     
    Schmerz und Verzweiflung überwältigten Angélique. Sie hatte das Gefühl, den Verstand zu verlieren.
    Florimond in den Händen des abscheulichen Jean-Pourri! Bestimmt weinte er und rief nach seiner Mutter! Und Cantor, für immer ins Unbekannte entführt!
    »Wir müssen nach Cantor suchen«, erklärte sie. »Vielleicht haben sich die Zigeuner noch nicht allzu weit von Paris entfernt.«
    »Du verlierst den Verstand, meine arme Marquise!«
    Aber Angélique hatte sich bereits wieder in Bewegung gesetzt. Die Polackin lief ihr nach.
    »Na schön«, sagte sie resigniert, »machen wir uns auf den Weg. Ich habe ein bisschen Geld. Vielleicht können wir ihnen den Kleinen ja wieder abkaufen …«

     
    Während des Tages hatte es geregnet. Die Luft war feucht und von herbstlichen Düften erfüllt. Die Pflastersteine schimmerten.
    Die beiden Frauen folgten dem rechten Seine-Ufer und verließen Paris über das Quai de l’Arsenal. Der Himmel hing tief über der Landschaft und sah aus, als wäre er am Horizont von einem roten Riss gespalten. In der Abenddämmerung kam ein kalter Wind auf. Bewohner aus den Vorstädten erklärten, sie hätten die Zigeuner in der Nähe des Pont de Charenton gesehen.

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