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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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sie
ihr Halstuch, schlang es um ihren Kopf und knotete die Zipfel unter dem Kinn zusammen.
    Dann ging sie in den hinteren Teil des Raums. Vor dem Kaminfeuer zeichnete sich dunkel die imposante Gestalt des Hauptmanns ab. Er hielt seine langstielige Pfeife in der einen und ein Weinglas in der anderen Hand und schwadronierte laut. Seine Gesprächspartner lauschten ihm gähnend und wippten auf ihren Stühlen. Offenbar waren sie an seine Volksreden gewöhnt.
    »Sieh da, ein Weibsbild stattet uns einen Besuch ab«, meinte einer der Soldaten, offensichtlich froh über die Ablenkung.
    Als der Hauptmann Angélique wiedererkannte, fuhr er zusammen und lief hochrot an. Doch sie ließ ihm keine Zeit, sich wieder zu fassen.
    »Hört mich an, Hauptmann«, rief sie. »Und Ihr Soldaten, helft mir bitte! Zigeuner haben mein Kind entführt und sind dabei, es aus Paris fortzubringen. Im Moment lagern sie in der Nähe des Pont de Charenton. Ich flehe Euch an, gebt mir ein paar Männer mit, die sie zwingen, mir mein Kind zurückzugeben. Die Befehle der Wache müssen sie schließlich befolgen …«
    Verblüfftes Schweigen trat ein, dann begann plötzlich einer der Männer zu lachen.
    »Also, so etwas habe ich ja noch nie gehört! Ha, ha, ha! Ein Mädchen, das die Wache in Bewegung setzen will, um… Ha, das ist zu komisch! Für wen hältst du dich eigentlich, Marquise?«
    »Sie hat geträumt und glaubt, sie wäre die Königin von Frankreich.«
    Alle Männer bogen sich vor Lachen. Wohin Angélique sich auch wandte, sie sah nur offene Münder und Schultern, die vor unbändigem Gelächter bebten. Nur der Hauptmann
lachte nicht. Sein dunkelrotes Gesicht nahm einen Furcht einflößenden Ausdruck an.
    Er wird mich ins Gefängnis werfen. Ich bin verloren, dachte Angélique.
    Sie warf panische Blicke in die Runde.
    »Er ist ein Knabe von acht Monaten«, rief sie, »und schön wie ein Engel. Er ist genau wie Eure eigenen Kinder, die in diesem Moment bei ihren Müttern in ihrer Wiege schlafen… Und die Ägypter werden ihn weit, weit fortbringen … Er wird seine Mutter nie wiedersehen, niemals sein Vaterland und seinen König kennenlernen … Er …«
     
    Sie erstickte fast an ihrem Schluchzen. Die ausgelassenen Soldaten und Wachleute wurden ernst. Ein paar Lacher erklangen noch, doch dann wechselten sie verlegene Blicke.
     
    »Herrje«, meinte ein alter, narbenübersäter Mann, »wenn diese Streunerin so an ihrem Kleinen hängt … Es gibt schon genug Frauen, die ihre Kinder an den Straßenecken aussetzen …«
    »Ruhe!«, brüllte der Hauptmann.
    Er baute sich vor der jungen Frau auf.
    »So, so«, meinte er bedrohlich ruhig, »wir sind also nicht nur eine Dirne ohne Hemd, die zur Auspeitschung verurteilt ist, sondern wir spielen auch noch die feine Dame und finden es ganz natürlich, einen Trupp Soldaten aufzuscheuchen! Und was bietest du zum Tausch an, Marquise?«
    Sie starrte ihn aufgebracht an.
    »Mich.«
    Verblüfft zog der Koloss die Augen zusammen.
    »Hier entlang«, befahl er schroff.
    Er stieß sie in einen Nebenraum, der als Schreibstube diente.

    »Was genau sollte das heißen?«, knurrte er.
    Angélique schluckte, aber sie wich nicht zurück.
    »Ich meine, dass ich tun werde, was Ihr verlangt.«
     
    Plötzlich wurde sie von einer widersinnigen Furcht ergriffen. Und wenn er sie jetzt nicht mehr wollte, weil er sie zu ärmlich fand? Cantors und Florimonds Leben hingen von der Begierde dieses groben Klotzes ab.
    Währenddessen sagte er sich, dass er eine solche Frau noch nie gesehen hatte. Sie besaß den Körper einer Göttin! Ja, Donnerwetter, das erriet man sogar trotz ihrer Lumpen. Das wäre einmal eine schöne Abwechslung von den fetten, welken Körpern der Mädchen, mit denen er üblicherweise zu tun hatte. Und das Gesicht erst, dieses Gesicht! Er schaute nie einer Hure ins Gesicht; kein Interesse. Da hatte er nun so alt werden müssen, um zu entdecken, was das Gesicht einer Frau bedeutet! Wirklich, er kam sich wie ein Idiot vor.
    Der Menschenfresser wirkte nachdenklich, und Angélique begann schon zu zittern. Schließlich streckte er die Hände aus, fasste sie unter den Achseln und zog sie grob an sich.
    »Was ich will …«, stieß er heftig hervor, »was ich will …«
    Er zögerte, und sie ahnte nicht einmal, dass er plötzlich schüchtern war.
    »Ich will eine ganze Nacht«, schloss er. »Hast du verstanden? Nicht so eine kleine Geschichte zwischen Tür und Angel, wie ich sie dir vorhin angetragen habe … Eine ganze

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