Angelique und der Koenig
zu ihnen stieß, schnitt ihre Unterhaltung ab.
»Nichts zu machen«, sagte er niedergeschlagen.
»Der König ist so aufgebracht gegen Euch, dass es mich wundert, Euch noch hier am Hof zu sehen. Er will nichts von Eurer Vermittlung wissen.«
Angélique bewegte spielerisch ihren Fächer, auf dessen Seide allegorische Darstellungen der fünf Erdteile gemalt waren.
»Habe ich es Euch nicht gesagt?« fragte sie lächelnd. Sie stellte ihren Bruder vor. Monsieur Colbert hegte den Mitgliedern des Jesuitenordens gegenüber ein instinktives Misstrauen, dessen er sich nicht erwehren konnte. Er spürte, dass sie ihm an Schlauheit ebenbürtig und durchaus fähig waren, ihm bei Gelegenheit Schach zu bieten. Doch seine Miene hellte sich auf, als er merkte, dass der Jesuit Wasser auf seine Mühle goss.
»Ich glaube den wesentlichen Anlass der Ungehaltenheit des Königs über dich zu kennen«, sagte Raymond. »Du weigerst dich, ihm den Grund deines Besuchs in Suresnes zu nennen.«
»Ich werde ihn niemand nennen.«
»Wir zweifeln nicht daran, ich kenne deinen Dickkopf. Und wie können wir hoffen, wenn du ihn selbst dem König verweigerst, dass du uns gegenüber nachgiebiger wärst? Wir müssen uns also irgend etwas ausdenken, das dein unqualifiziertes Verhalten einigermaßen erklärt... Da fällt mir ein: Wie wäre es, wenn wir als Grund vorbrächten, was ich dir eben auseinandersetzte? Du hast dich auf meine Bitte hin nach Suresnes begeben, um mit Pater Richard Kontakt aufzunehmen, dessen heikle Situation ihn daran hindert, mich selbst zwischen den argwöhnischen Muselmanen zu empfangen. Was haltet Ihr davon, Monsieur Colbert?«
»Die Erklärung könnte plausibel klingen, wenn sie geschickt vorgebracht wird.«
»Pater Joseph von unserem Orden ist Almosenpfleger des Königs. Ich werde ihn sofort aufsuchen. Was meinst du, Angélique?«
»Ich finde, dass ihr Jesuiten wirklich bemerkenswerte Leute seid, wie mein Freund, der Polizist Desgray, zu sagen pflegte.«
Raymond und Colbert verließen sie mit eiligen Schritten, und belustigt sah sie den beiden nach, während sie sich durch die Galerie entfernten, deren aus kostbaren Hölzern zusammengesetztes Parkett die ungleichen Gestalten – untersetzt der Staatsmann, schlank und hochgewachsen der Mönch – reflektierte.
Die vor kurzem noch so belebten Gänge waren plötzlich wie verödet. Angélique wurde sich ihres Hungers bewusst. Es war spät geworden, und der Hof hatte sich zum Diner des Königs begeben. Sie beschloss, ein gleiches zu tun, und erhob sich, als sie neben sich eine fast schüchterne Stimme hörte.
»Ich habe Euch gesucht«, sagte die Grande Mademoiselle. Angélique war zutiefst verwundert. Was für ein Ereignis mochte den selbstsicheren Ton der Enkelin Heinrichs IV. in solcher Weise verwandelt haben?
»Natürlich, ihre Heirat!« dachte sie und beeilte sich, ihre Reverenz zu machen. Mademoiselle forderte sie auf, sich neben sie zu setzen, und ergriff bewegt ihre Hände.
»Wisst Ihr schon die Neuigkeit, meine Liebe?«
»Wer wüsste sie nicht und freute sich nicht darüber? Eure Hoheit wollen mir erlauben, meine aufrichtigsten Glückwünsche auszusprechen!«
»Habe ich nicht eine glückliche Wahl getroffen? Sagt doch, gibt es noch einen zweiten Edelmann, bei dem sich so viele innere Werte mit so viel Geist verbinden? Findet Ihr ihn nicht bezaubernd? Bringt Ihr ihm nicht starke freundschaftliche Gefühle entgegen?«
»Gewiss«, sagte Angélique, die sich des Zwischenfalls in Fontainebleau entsann. Doch Mademoiselle hatte ein kurzes Gedächtnis, und ihre Äußerungen waren bar jeglichen Hintergedankens.
»Wenn Ihr wüsstet, in welcher Ungeduld und Bangigkeit ich lebe, seitdem der König seine Zustimmung gegeben hat!«
»Warum? Beruhigt Euch und gebt Euch unbesorgt der Freude hin. Der König kann sein Wort nicht zurücknehmen.«
»Wäre ich davon nur ebenso überzeugt wie Ihr!« seufzte Mademoiselle de Montpensier. Sie senkte den stolzen Kopf mit ungewohnter Anmut. Ihr Busen war noch genauso schön wie damals, als der Maler van Ossel das Porträt geschaffen hatte, das den um sie werbenden europäischen Fürsten geschickt worden war. Ihre Hände waren graziös, und ihre schönen blauen Augen schimmerten beseligt wie die eines jungen Mädchens, das zum ersten Mal liebt. Angélique lächelte ihr zu.
»Euer Hoheit ist so schön!«
»Wirklich? Es ist lieb von Euch, mir das zu sagen. Mein Glücksgefühl ist so groß, dass es sich auf meinem Gesicht widerspiegeln muss. Aber ich habe
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