Angelique und der Koenig
bei dieser Art Politik taugen zwei Mätressen mehr als eine.«
»Ich bin nicht die Mätresse des Königs, Péguillin.«
Der Edelmann neigte den Kopf nach rechts und links wie ein Spottvogel, der etwas häufig Wiederholtes zu hören bekommt.
»Mag sein! Aber vielleicht ist es noch schlimmer«, summte er vor sich hin.
Sie hatten den Park hinter sich gelassen und befanden sich vor dem Gittertor des großen Hofes. Aus einer Kutsche, die eben hineinfuhr, rief eine Männerstimme sie an: »He! Hoho!«
»Ihr seid gefragt, wie ich sehe«, sagte Péguillin. »Ich will Euch nicht aufhalten. Kann ich auf Eure Hilfe rechnen?«
»Durchaus nicht. Meine Fürsprache würde Euch mehr schaden als nützen.«
»Versagt Euch mir nicht. Ihr unterschätzt Eure Macht. Ihr wollt es nicht zugeben, aber die Spürnase eines gewiegten Hofmannes wie ich täuscht sich nicht. Ich weiß es genau: Ihr vermögt alles beim König!«
»Unsinn, mein Guter. Ich bedaure, dass Ihr den strengen Verweis nicht mit angehört habt, den Seine Majestät mir vor kurzem erst hat erteilen lassen. Meine gestrige Abwesenheit…«
»Ach was! Ihr begreift das eben nicht. Ihr seid so etwas wie ein Dorn im Herzen des Königs, schmerzhaft und köstlich, eine Empfindung, die ihn um so mehr verstört, als sie etwas Neues für ihn ist. Ihr seid ihm so nah, dass er sich einbildet, Euch nicht zu begehren… Er glaubt, Euch in der Hand zu halten, aber Ihr entzieht Euch ihm... Und Eure Abwesenheit verursacht ihm zu seiner Verwunderung unsagbare Qualen.«
»Qualen, die den Namen Montespan tragen.«
»Madame de Montespan ist ein Leckerbissen, ein sicherer Proviant, ein solides, aus Fleisch und Geist bestehendes Souper, all das, wessen es bedarf, um die Sinne und die Eitelkeit eines Monarchen zufriedenzustellen. Er braucht sie. Er hat sie... Ihr aber, Ihr seid der Brunnen in der Wüste, der Traum dessen, der nie geträumt hat... das Mysterium ohne Geheimnisse… das Vermisste, das Überraschende, das Erwartete… Die unkomplizierteste Frau der Welt… die unbegreiflichste... die zugänglichste... die fernste... die unangreifbare... die unvergessliche « , schloss Péguillin, indem er mit bekümmerter Miene die Faust an sein Spitzenjabot presste.
»Ihr redet fast ebenso schön wie der persische Botschafter. Allmählich begreife ich, wie Ihr die bedauernswerte Mademoiselle in ein so wunderliches Abenteuer verstricken konntet.«
»Versprecht Ihr mir, mit dem König über mich zu reden?«
»Wenn sich die Gelegenheit ergibt, werde ich ein gutes Wort für Euch einlegen. Jetzt aber lasst mich gehen, Péguillin. Ich muss zur Königin.«
»Sie braucht Euch weniger als ich. Im übrigen ist hier jemand, der entschlossen zu sein scheint, Euch gleichfalls dem Dienst Ihrer Majestät zu entziehen.«
Aus der Kutsche, aus der man sie angerufen hatte, war hastig ein Mann gestiegen, der sich bemühte, sie einzuholen.
»Es ist Monsieur Colbert«, fuhr Péguillin fort. »Von mir will er bestimmt nichts. Ich verstehe mich nicht darauf, mit Geld zu jonglieren.«
»Ich bin froh, Euch gleich gefunden zu haben«, sagte der herantretende Minister. »Ich will zuerst mit Seiner Majestät reden, dann werden wir Euch zu uns rufen.«
»Und wenn Seine Majestät nichts mehr von mir hören möchte?«
»Eine momentane Verstimmung... und eine berechtigte, wie Ihr zugeben müsst. Aber der König wird sich meinen aufklärenden Worten beugen. Kommt, Madame.«
Monsieur Colberts Optimismus erwies sich indessen als voreilig. Die Dauer seiner Unterhaltung mit dem König überschritt das Maß der üblicherweise für eine bloße Aussprache benötigten Zeit. Er hatte Angélique gebeten, auf einer Bank im Saal der Friedensgöttin auf ihn zu warten, und während sie dort saß, bemerkte sie die hohe, strenge Gestalt ihres Bruders Raymond de Sancé, der sich durch die buntscheckige Menge der Hofleute drängte. Seit ihrer Verheiratung mit Philippe war sie ihm nicht mehr begegnet. Kam er, um ihr sein brüderliches Mitgefühl auszudrücken? Er tat es mit großer Herzlichkeit, doch sie spürte sofort, dass er sie nicht deswegen aufgesucht hatte.
»Liebe Schwester, du wunderst dich wohl, dass ich dir, um dich zu sprechen, sogar bis zum Hof nachlaufe, wohin mein Amt mich nur selten führt.«
»Ich dachte, du seist zum Hofgeistlichen der Königin ernannt worden.«
»Pater Joseph wurde an meiner Stelle ernannt. Meine Vorgesetzten zogen es vor, mich an die Spitze unseres Hauses in Melun zu setzen.«
»Das heißt …«
»Dass ich Superior der
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