Angelique und der Koenig
französischen Missionen unseres Ordens im Ausland bin. Insbesondere der Klöster im Orient.«
»Aha! Pater Richard…«
»Richtig!«
»Bachtiari Bey... Seine Weigerung, in eine Kutsche zu steigen, die Dummheiten Monsieurs de Saint-Amon, die Verständnislosigkeit des Königs und die Tragödien in moralischer und materieller Hinsicht, die sich daraus ergeben müssen…«
»Deine Kombinationsgabe habe ich von jeher bewundert, Angélique.«
»Vielen Dank, mein lieber Raymond. Aber in diesem Fall müsste ich schon mehr als beschränkt sein, wenn ich nicht sofort begriffen hätte!«
Raymond lächelte. »Ich will mich kurz fassen«, sagte er dann. »Pater Richard, mit dem ich mich vorhin unterhielt, meint, du seist der einzige Mensch, der die Dinge wieder ins Lot bringen könne.«
»Es tut mir leid, Raymond, aber du kommst im ungeeignetsten Augenblick. Ich befinde mich am Rande der Ungnade.«
»Der König hat dich doch ehrenvoll empfangen. Man hat mir gesagt, du habest einen Schemel erlangt.«
»Das ist schon richtig. Aber du weißt ja, wie launisch die Stimmungen der Großen sind«, seufzte Angélique.
»Du sollst weniger die Stimmungen des Königs als die des Botschafters beeinflussen. Pater Richard weiß seit seiner Ankunft in Frankreich nicht mehr ein noch aus. Man hat die Dummheit begangen, dem Fürsten Saint-Amon entgegenzuschicken, der sich zwar Diplomat nennt, aber der reformierten Kirche angehört, deren Glaubenssätze mit den Lebensgewohnheiten der Orientalen unglücklicherweise nicht in Einklang zu bringen sind. Daraus ergab sich eine Anhäufung von Missverständnissen, die zu einer Situation geführt haben, in der weder der König noch der Fürst nachgeben kann, ohne an Prestige zu verlieren. Nun, dein gestriger Besuch hat eine wesentliche Entspannung herbeigeführt. Der Botschafter schien begierig, Versailles kennenzulernen, er hat voller Ehrfurcht über den König gesprochen und offenbar eingesehen, dass die französischen Sitten, wenn sie sich auch von denen seines Landes unterscheiden, nicht unbedingt auf seine Person gerichtete demütigende Absichten bergen müssen. Pater Richard führt diesen Fortschritt auf deinen Einfluss zurück und hat mich veranlasst, dich zu bitten, deine erfolgreiche Vermittlerrolle weiterzuspielen. Es hat den Anschein, als trätest du Seiner Exzellenz weder schüchtern noch mit der unziemlichen Neugier gegenüber, die die meisten Franzosen bei solcher Gelegenheit an den Tag legen.«
»Warum sollte ich mich auch so töricht benehmen?« fragte Angélique. Mit der Fingerspitze streichelte sie den glitzernden Türkis. »Dieser Perser ist ein bezaubernder Mann... abgesehen von seiner Manie, jedermann den Kopf abschlagen zu wollen. Aber hast du dir nicht überlegt, Raymond, dass in seiner Gesellschaft meine Seele gefährdeter sein könnte als mein Leben?«
Der Jesuit betrachtete seine Schwester belustigt.
»Es handelt sich nicht darum, deine Tugend aufs Spiel zu setzen, sondern deinen Einfluss geltend zu machen.«
»Welch feine Nuancierung! Die sechsundzwanzig Klöster in Persien sind also ein paar dem Abgesandten des Schahinschah gewidmete schmachtende Blicke wert?«
Das ebenmäßige Gesicht des Paters de Sancé verzog sich nicht und bewahrte das leicht ironische Lächeln in den Mundwinkeln.
»Ich sehe, dass du nichts zu befürchten hast«, sagte er, »denn du lässt dich nicht so leicht aus der Fassung bringen. Ich sehe überdies, dass du dir eine neue Waffe zugelegt hast, seitdem wir uns zuletzt sahen: den Zynismus.«
»Ich lebe am Hofe, Raymond!«
»Du sagst das in so vorwurfsvollem Ton. Wo möchtest du sonst leben, Angélique? Welche Welt ist dir nach deiner Ansicht gemäß? Die Provinz? Das Kloster?«
Er lächelte, aber sein harter, leuchtender Blick hatte etwas Messerscharfes, das die Seelen durchbohrte.
»Du hast recht, Raymond. Jeder soll das tun, was ihm gemäß ist, um mit Meister Savary zu reden. In dieser persischen Angelegenheit steht also viel auf dem Spiel?«
»Wenn Soliman Bey unverrichteterdinge zurückkehrt wird man uns zweifellos aus unseren Klöstern vertreiben, die im vergangenen Jahrhundert auf Betreiben Monsieur de Richelieus unter großen Schwierigkeiten gegründet wurden. Sogar im Kaukasus, in Tiflis, Batum und Baku besitzen wir Häuser.«
»Nehmt ihr viele Bekehrungen vor?«
»Es kommt uns nicht auf Bekehrungen an, sondern darauf, dazusein. Ganz abgesehen von den armenischen katholischen Minderheiten, die unsrer bedürfen.«
Monsieur Colbert, der unvermittelt
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