Angelique und der Koenig
ja, was kann man auch Besseres von einem Ehemann erwarten«, versetzte Péguillin mit dem Ausdruck des Ekels. »Das passt genau zur Art dessen, den Ihr Euch erwählt habt. Aber warum besteht Ihr dann darauf, mit ihm umzugehen?«
Angélique erstickte fast an ihren Tränen.
»Kommt, kommt!« fuhr Péguillin sanfter fort, »Ihr dürft Euch nicht so grämen. Wegen eines Mannes! Und noch dazu wegen eines Ehemanns! Entweder seid Ihr altmodisch, mein Liebchen, oder krank oder… Im übrigen gefallt Ihr mir schon seit einer guten Weile nicht. Ich wollte immer einmal mit Euch darüber reden... Aber vorher solltet Ihr Euch schneuzen.«
Mit einem blütenweißen Schnupftuch, das er aus einer seiner Taschen zog, wischte er ihr liebevoll über Wangen und Augen. Dicht neben sich sah sie seinen strahlenden, spöttischen Blick, dessen maliziöses Funkeln der ganze Hof einschließlich des Monarchen zu fürchten gelernt hatte. Sein lockerer Lebenswandel zeichnete sich bereits durch ein Fältchen in seinen sarkastischen Mundwinkeln ab. Doch sein ganzes Wesen strahlte noch immer Vitalität und heitere Zufriedenheit aus. Er war aus dem Süden, ein Gascogner, heiß wie die Sonne und lebhaft wie die Forelle, die man in den Gießbächen der Pyrenäen angelt. Sie seufzte leise und blickte ihn freundschaftlich an. Er lächelte.
»Geht es besser?«
»Ich glaube, ja.«
»Wir werden das schon in Ordnung bringen«, murmelte er. Sie saßen abgesondert vom Hin und Her der Galerie, durch die unausgesetzt Hofleute und Diener gingen. Man musste drei Stufen hinaufsteigen, um in diese Nische zu gelangen, die fast völlig von dem Ruhebett ausgefüllt wurde, dessen Lehnen zudem gegen neugierige Blicke Schutz boten.
»Ihr sagt, dass dieser stille Winkel, in dem wir uns befinden, das Kabinett der Venus heißt?« erkundigte sich Angélique mit noch unsicherer Stimme.
»Man erzählt sich, dass allzu ungeduldige Liebespaare zuweilen hierher kommen, um der liebenswerten Göttin zu opfern. Angélique, habt Ihr Euch ihr gegenüber nicht einen Vorwurf zu machen?«
»Der Göttin der Liebe gegenüber?... Péguillin, eher müsste ich ihr vorwerfen, dass sie sich in bezug auf mich als vergesslich erweist.« Péguillin riss die Augen auf.
»Ihr wollt doch nicht etwa sagen, Euer Gatte sei für Eure Reize so unempfindlich, dass nicht wenigstens er sich in Euren Gemächern einstellt?«
Angélique entfuhr ein leiser, schmerzlicher Seufzer.
»Doch, so ist es«, flüsterte sie.
»Und was meint Euer Liebhaber dazu?«
»Ich habe keinen.«
»Was?« Lauzun fuhr hoch. »Also, sagen wir... mehr oder minder flüchtige Bekanntschaften? Oder wagt Ihr etwa zu behaupten, Ihr hättet keine?«
»Ich wage es, denn es ist die Wahrheit.«
»Unfassbar!« murmelte Péguillin und schnitt eine Grimasse, als breche er unter einer tragischen Nachricht zusammen. »Angélique, Ihr verdient Prügel.«
»Wieso?« begehrte sie auf. »Ist es denn meine Schuld?«
»Ganz und gar ist es Eure Schuld. Wenn man Eure Haut, Eure Augen, Eure Figur hat, ist man selbst verantwortlich für einen solchen Skandal. Ihr seid ein Ungeheuer, ein unausstehliches und unheimliches Geschöpf!«
Er beugte sich zu ihr und klopfte mit einem Finger an ihre Schläfe. »Was ist da drinnen in Eurem bösen, kleinen Kopf? Berechnungen, Pläne, gefährliche Gespinste komplizierter Geschäfte, die sogar Monsieur Colbert verblüffen? Die würdigen Biedermänner ziehen ihr Käppchen vor Euch, und die betörten Jungen wissen nicht, wie sie ihre letzten Sols vor Euren raffgierigen Händen schützen sollen. Und dabei ein Engelsgesicht, Augen, in deren Licht man ertrinkt, Lippen, bei deren Anblick man das unwiderstehliche Bedürfnis empfindet, sie wundzuküssen! Eure Grausamkeit grenzt an Raffinement. Ihr versteht es, Euch zurechtzumachen, dass Ihr wie das Abbild einer Göttin wirkt... und für wen, frage ich Euch?«
Lauzuns Heftigkeit verwirrte Angélique.
»Was wollt Ihr?« sagte sie unsicher. »Ich habe so viel zu tun…«
»Was, zum Teufel, kann eine Frau anderes zu tun haben, als zu lieben? Genau besehen seid Ihr eine Egoistin, die sich in einen selbsterrichteten Turm eingeschlossen hat, um sich vor dem Leben zu schützen.«
Angélique war verblüfft. Sie hätte dem oberflächlichen Höfling ein solches Maß an Scharfblick nicht zugetraut.
»Es ist so, und es ist auch wieder nicht so, Lauzun. Wer kann mich begreifen? Ihr seid nicht in der Hölle gewesen…«
Von Müdigkeit übermannt, ließ sie den Kopf zurücksinken und schloss die
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